Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

ehrbaren Abendtrünken, aus der Kuche in die
Stuben, wo sie eben fünf Eyer zum Nacht-
essen im Nydel schwang; -- und sagte zu ihr,
Gottlob; Gottlob! ich hoffe jezt der liebe
Gott wolle die Schand von mir wegnehmen:
Denk auch was mir der lieb Gott in Sinn ge-
geben, weil ich ihn so angeruft hab; das alte
Spinnerbabi heißt wie ich und wenn ich ihm
das Geld in Sak und einen halben Gulden
zum Lohn gebe, so gehets gewiß gern für
mich unter die Linden, und sagt es sey die
sieben Gulden schuldig -- und der Vogt
bringt mirs nicht aus; er hat mir mein Leb-
tag nichts ausgebracht und hat gewiß auch
nicht so ein gar böses Herz wie jezt alle Leuthe
thun -- ich will so bald es unter Licht ist,
zu ihm und mit ihm reden.

§. 5.
Weiber Jammer und ein Mutter Irrthum.

Und morndes am Morgen, da das Mareyli
zu den Eltern, deren Kinder gestern bey
ihm gewesen, hinkam, jammerten ihm etli-
che Müttern gar vielmehr über diesen Frey-
tag als ihre Kinder.

Es hatte die Hauen auf der Achsel und
that wie wenn es nur sonst ins Feld wollte;

ehrbaren Abendtruͤnken, aus der Kuche in die
Stuben, wo ſie eben fuͤnf Eyer zum Nacht-
eſſen im Nydel ſchwang; — und ſagte zu ihr,
Gottlob; Gottlob! ich hoffe jezt der liebe
Gott wolle die Schand von mir wegnehmen:
Denk auch was mir der lieb Gott in Sinn ge-
geben, weil ich ihn ſo angeruft hab; das alte
Spinnerbabi heißt wie ich und wenn ich ihm
das Geld in Sak und einen halben Gulden
zum Lohn gebe, ſo gehets gewiß gern fuͤr
mich unter die Linden, und ſagt es ſey die
ſieben Gulden ſchuldig — und der Vogt
bringt mirs nicht aus; er hat mir mein Leb-
tag nichts ausgebracht und hat gewiß auch
nicht ſo ein gar boͤſes Herz wie jezt alle Leuthe
thun — ich will ſo bald es unter Licht iſt,
zu ihm und mit ihm reden.

§. 5.
Weiber Jam̃er und ein Mutter Irrthum.

Und morndes am Morgen, da das Mareyli
zu den Eltern, deren Kinder geſtern bey
ihm geweſen, hinkam, jammerten ihm etli-
che Muͤttern gar vielmehr uͤber dieſen Frey-
tag als ihre Kinder.

Es hatte die Hauen auf der Achſel und
that wie wenn es nur ſonſt ins Feld wollte;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0044" n="22"/>
ehrbaren Abendtru&#x0364;nken, aus der Kuche in die<lb/>
Stuben, wo &#x017F;ie eben fu&#x0364;nf Eyer zum Nacht-<lb/>
e&#x017F;&#x017F;en im Nydel &#x017F;chwang; &#x2014; und &#x017F;agte zu ihr,<lb/>
Gottlob; Gottlob! ich hoffe jezt der liebe<lb/>
Gott wolle die Schand von mir wegnehmen:<lb/>
Denk auch was mir der lieb Gott in Sinn ge-<lb/>
geben, weil ich ihn &#x017F;o angeruft hab; das alte<lb/>
Spinnerbabi heißt wie ich und wenn ich ihm<lb/>
das Geld in Sak und einen halben Gulden<lb/>
zum Lohn gebe, &#x017F;o gehets gewiß gern fu&#x0364;r<lb/>
mich unter die Linden, und &#x017F;agt es &#x017F;ey die<lb/>
&#x017F;ieben Gulden &#x017F;chuldig &#x2014; und der Vogt<lb/>
bringt mirs nicht aus; er hat mir mein Leb-<lb/>
tag nichts ausgebracht und hat gewiß auch<lb/>
nicht &#x017F;o ein gar bo&#x0364;&#x017F;es Herz wie jezt alle Leuthe<lb/>
thun &#x2014; ich will &#x017F;o bald es unter Licht i&#x017F;t,<lb/>
zu ihm und mit ihm reden.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 5.<lb/>
Weiber Jam&#x0303;er und ein Mutter Irrthum.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">U</hi>nd morndes am Morgen, da das Mareyli<lb/>
zu den Eltern, deren Kinder ge&#x017F;tern bey<lb/>
ihm gewe&#x017F;en, hinkam, jammerten ihm etli-<lb/>
che Mu&#x0364;ttern gar vielmehr u&#x0364;ber die&#x017F;en Frey-<lb/>
tag als ihre Kinder.</p><lb/>
        <p>Es hatte die Hauen auf der Ach&#x017F;el und<lb/>
that wie wenn es nur &#x017F;on&#x017F;t ins Feld wollte;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0044] ehrbaren Abendtruͤnken, aus der Kuche in die Stuben, wo ſie eben fuͤnf Eyer zum Nacht- eſſen im Nydel ſchwang; — und ſagte zu ihr, Gottlob; Gottlob! ich hoffe jezt der liebe Gott wolle die Schand von mir wegnehmen: Denk auch was mir der lieb Gott in Sinn ge- geben, weil ich ihn ſo angeruft hab; das alte Spinnerbabi heißt wie ich und wenn ich ihm das Geld in Sak und einen halben Gulden zum Lohn gebe, ſo gehets gewiß gern fuͤr mich unter die Linden, und ſagt es ſey die ſieben Gulden ſchuldig — und der Vogt bringt mirs nicht aus; er hat mir mein Leb- tag nichts ausgebracht und hat gewiß auch nicht ſo ein gar boͤſes Herz wie jezt alle Leuthe thun — ich will ſo bald es unter Licht iſt, zu ihm und mit ihm reden. §. 5. Weiber Jam̃er und ein Mutter Irrthum. Und morndes am Morgen, da das Mareyli zu den Eltern, deren Kinder geſtern bey ihm geweſen, hinkam, jammerten ihm etli- che Muͤttern gar vielmehr uͤber dieſen Frey- tag als ihre Kinder. Es hatte die Hauen auf der Achſel und that wie wenn es nur ſonſt ins Feld wollte;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/44
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/44>, abgerufen am 29.03.2024.