Sie stekten alle die Köpfe unter die Fenster, als der Zug die Gaß hinauf kam, das Mareylj allein nicht; es wog der Rebhäuslerin ihren Bündel Garn wie sonst fort, und ihre Baum- wollen dagegen, und zählte ihr den Lohn noch, eh es auch ans Fenster wakelte. Es hatte kaum die Nase darvor, so tönte die Trommel, die Pfeiffe pfeifte, die Fahne wehte, und der Zug hielt ihm vor den Augen still. Es sagte, was ist jezt das für ein Narrenstuk?
Das ist jezt dir zu Lob und zu Ehren, sag- ten die Weiber; und die Junkerin stand hinter ihm zu, eh es sich umkehrte, und sagte, wo ist jezt das Mareylj? Da kamen die Köpfe zum Fenster hinein, und es, und alle Weiber tha- ten Maul und Augen auf.
Die Junkerin aber sagte, so bald sie ihns sah, du bists! gab ihm die Hand, dankte ihm dann im Namen des Junkers, und des Pfar- rers, und des ganzen Zugs, daß es sich der ar- men Kinder so angenohmen. Das Mareylj wußte nicht, was es sagen wollte, drükte der Junkerin die Hand, die sie ihm immer hielt, und sagte, das hab ich nicht verdient und ihr, seyt etwann doch nicht um deswillen da?
Wohl Mareylj! sagte die Junkerin, ich bin um deswillen da, und du must wissen, du kannst mir und dem Junker nichts angenehmers thun, als wenn du uns so hilfst zu machen, daß es
Q 4
Sie ſtekten alle die Koͤpfe unter die Fenſter, als der Zug die Gaß hinauf kam, das Mareylj allein nicht; es wog der Rebhaͤuslerin ihren Buͤndel Garn wie ſonſt fort, und ihre Baum- wollen dagegen, und zaͤhlte ihr den Lohn noch, eh es auch ans Fenſter wakelte. Es hatte kaum die Naſe darvor, ſo toͤnte die Trommel, die Pfeiffe pfeifte, die Fahne wehte, und der Zug hielt ihm vor den Augen ſtill. Es ſagte, was iſt jezt das fuͤr ein Narrenſtuk?
Das iſt jezt dir zu Lob und zu Ehren, ſag- ten die Weiber; und die Junkerin ſtand hinter ihm zu, eh es ſich umkehrte, und ſagte, wo iſt jezt das Mareylj? Da kamen die Koͤpfe zum Fenſter hinein, und es, und alle Weiber tha- ten Maul und Augen auf.
Die Junkerin aber ſagte, ſo bald ſie ihns ſah, du biſts! gab ihm die Hand, dankte ihm dann im Namen des Junkers, und des Pfar- rers, und des ganzen Zugs, daß es ſich der ar- men Kinder ſo angenohmen. Das Mareylj wußte nicht, was es ſagen wollte, druͤkte der Junkerin die Hand, die ſie ihm immer hielt, und ſagte, das hab ich nicht verdient und ihr, ſeyt etwann doch nicht um deswillen da?
Wohl Mareylj! ſagte die Junkerin, ich bin um deswillen da, und du muſt wiſſen, du kannſt mir und dem Junker nichts angenehmers thun, als wenn du uns ſo hilfſt zu machen, daß es
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Sie ſtekten alle die Koͤpfe unter die Fenſter,
als der Zug die Gaß hinauf kam, das Mareylj
allein nicht; es wog der Rebhaͤuslerin ihren
Buͤndel Garn wie ſonſt fort, und ihre Baum-
wollen dagegen, und zaͤhlte ihr den Lohn noch,
eh es auch ans Fenſter wakelte. Es hatte
kaum die Naſe darvor, ſo toͤnte die Trommel,
die Pfeiffe pfeifte, die Fahne wehte, und der
Zug hielt ihm vor den Augen ſtill. Es ſagte,
was iſt jezt das fuͤr ein Narrenſtuk?
Das iſt jezt dir zu Lob und zu Ehren, ſag-
ten die Weiber; und die Junkerin ſtand hinter
ihm zu, eh es ſich umkehrte, und ſagte, wo iſt
jezt das Mareylj? Da kamen die Koͤpfe zum
Fenſter hinein, und es, und alle Weiber tha-
ten Maul und Augen auf.
Die Junkerin aber ſagte, ſo bald ſie ihns
ſah, du biſts! gab ihm die Hand, dankte ihm
dann im Namen des Junkers, und des Pfar-
rers, und des ganzen Zugs, daß es ſich der ar-
men Kinder ſo angenohmen. Das Mareylj
wußte nicht, was es ſagen wollte, druͤkte der
Junkerin die Hand, die ſie ihm immer hielt,
und ſagte, das hab ich nicht verdient und ihr,
ſeyt etwann doch nicht um deswillen da?
Wohl Mareylj! ſagte die Junkerin, ich bin
um deswillen da, und du muſt wiſſen, du kannſt
mir und dem Junker nichts angenehmers thun,
als wenn du uns ſo hilfſt zu machen, daß es
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/269>, abgerufen am 27.11.2024.
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