unterbringen, und ich bin mit dem Danken für alle andere fertig gewesen, ehe er nur noch das Maul abgewischt hatte.
Vögtin. Da siehest jezt wie du redst, wer wollt auch können glauben, es hätte eine Vier- telstund gedauret.
Meyerin. Nu -- es kann etwas minder gewesen seyn.
Vögtin. Und so kan der Mundvoll auch kleiner gewesen seyn.
Meyerin. Nein, nein, für den Mundvoll darf ich versprechen.
Vögtin. -- Aber -- gesezt, -- du kannst doch sicher seyn, er ißt keinen Mundvoll mehr vor deinen Augen, wenns nicht gern sie- hest.
Meyerin. Das wär mir leid, es könnte ihm nicht wohl thun, wenn er gar viel verstohlen essen müßte.
Vögtin. Du ziehest alles nur in Spaß.
Meyerin. Nein, im bittern Ernst ich möch- te nichts weniger, als ihm dieses zumuthen.
Vögtin. Er thuts noch so gern. -- Und mit dem Mezgen rührt er dir gewiß auch kei- nen Stich mehr an, wenn du nicht willst.
Meyerin. Du machst doch auch gar die liebe Stund aus ihm, und er ist so feißt.
Vögtin. Das Feißtseyn wird ihn doch nicht hindern zu thun, was du gern hast.
unterbringen, und ich bin mit dem Danken fuͤr alle andere fertig geweſen, ehe er nur noch das Maul abgewiſcht hatte.
Voͤgtin. Da ſieheſt jezt wie du redſt, wer wollt auch koͤnnen glauben, es haͤtte eine Vier- telſtund gedauret.
Meyerin. Nu — es kann etwas minder geweſen ſeyn.
Voͤgtin. Und ſo kan der Mundvoll auch kleiner geweſen ſeyn.
Meyerin. Nein, nein, fuͤr den Mundvoll darf ich verſprechen.
Voͤgtin. — Aber — geſezt, — du kannſt doch ſicher ſeyn, er ißt keinen Mundvoll mehr vor deinen Augen, wenns nicht gern ſie- heſt.
Meyerin. Das waͤr mir leid, es koͤnnte ihm nicht wohl thun, wenn er gar viel verſtohlen eſſen muͤßte.
Voͤgtin. Du zieheſt alles nur in Spaß.
Meyerin. Nein, im bittern Ernſt ich moͤch- te nichts weniger, als ihm dieſes zumuthen.
Voͤgtin. Er thuts noch ſo gern. — Und mit dem Mezgen ruͤhrt er dir gewiß auch kei- nen Stich mehr an, wenn du nicht willſt.
Meyerin. Du machſt doch auch gar die liebe Stund aus ihm, und er iſt ſo feißt.
Voͤgtin. Das Feißtſeyn wird ihn doch nicht hindern zu thun, was du gern haſt.
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unterbringen, und ich bin mit dem Danken
fuͤr alle andere fertig geweſen, ehe er nur noch
das Maul abgewiſcht hatte.
Voͤgtin. Da ſieheſt jezt wie du redſt, wer
wollt auch koͤnnen glauben, es haͤtte eine Vier-
telſtund gedauret.
Meyerin. Nu — es kann etwas minder
geweſen ſeyn.
Voͤgtin. Und ſo kan der Mundvoll auch
kleiner geweſen ſeyn.
Meyerin. Nein, nein, fuͤr den Mundvoll
darf ich verſprechen.
Voͤgtin. — Aber — geſezt, — du
kannſt doch ſicher ſeyn, er ißt keinen Mundvoll
mehr vor deinen Augen, wenns nicht gern ſie-
heſt.
Meyerin. Das waͤr mir leid, es koͤnnte ihm
nicht wohl thun, wenn er gar viel verſtohlen
eſſen muͤßte.
Voͤgtin. Du zieheſt alles nur in Spaß.
Meyerin. Nein, im bittern Ernſt ich moͤch-
te nichts weniger, als ihm dieſes zumuthen.
Voͤgtin. Er thuts noch ſo gern. — Und
mit dem Mezgen ruͤhrt er dir gewiß auch kei-
nen Stich mehr an, wenn du nicht willſt.
Meyerin. Du machſt doch auch gar die
liebe Stund aus ihm, und er iſt ſo feißt.
Voͤgtin. Das Feißtſeyn wird ihn doch
nicht hindern zu thun, was du gern haſt.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/218>, abgerufen am 16.07.2024.
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