Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Es erklärten ihnen viele mit Ernst, daß es seyn
könne, und seyn müsse; und die Kinder hien-
gen ihnen allenthalben an, und baten, --
und baten, -- sie sollen ihnen doch auch dieses
thun. Sie hätten die Kinder lang beten, und
lang anhangen lassen, aber sie sahen, daß es
ihren Männern Ernst sey, und daß es seyn
müsse. Ihrer etliche gaben nach; da etliche
nachgaben, folgten bald mehrere, nach der
Regel, wann eine Gans gagget, so gagget auch
die andere. --

§. 28.
Das zweyte Hinderniß der gleichen Sach;
der Neid der Reichen. --

Die Freude der Kinder dauerte nicht lang.
Ihr Jauchzen und Wesen, that den Bau-
rentöchtern in Ohren weh. Ihren Müttern
wurmte es nicht minder, daß das Lumpen-
volk so juheye, und habe was es nur wolle.
Sie murrten unter einander, und hängten die
Köpfe.

Das hätten sie wohl mögen, aber des Hügis
Weib that mehr. So bald sie vernommen, was
das Juheyen in allen Gassen bedeute, so gieng
sie in einem Sprung zu ein paar Nachbars-
weibern von ihrer Gattung, und sagte, es

J 4

Es erklaͤrten ihnen viele mit Ernſt, daß es ſeyn
koͤnne, und ſeyn muͤſſe; und die Kinder hien-
gen ihnen allenthalben an, und baten, —
und baten, — ſie ſollen ihnen doch auch dieſes
thun. Sie haͤtten die Kinder lang beten, und
lang anhangen laſſen, aber ſie ſahen, daß es
ihren Maͤnnern Ernſt ſey, und daß es ſeyn
muͤſſe. Ihrer etliche gaben nach; da etliche
nachgaben, folgten bald mehrere, nach der
Regel, wann eine Gans gagget, ſo gagget auch
die andere. —

§. 28.
Das zweyte Hinderniß der gleichen Sach;
der Neid der Reichen. —

Die Freude der Kinder dauerte nicht lang.
Ihr Jauchzen und Weſen, that den Bau-
rentoͤchtern in Ohren weh. Ihren Muͤttern
wurmte es nicht minder, daß das Lumpen-
volk ſo juheye, und habe was es nur wolle.
Sie murrten unter einander, und haͤngten die
Koͤpfe.

Das haͤtten ſie wohl moͤgen, aber des Huͤgis
Weib that mehr. So bald ſie vernommen, was
das Juheyen in allen Gaſſen bedeute, ſo gieng
ſie in einem Sprung zu ein paar Nachbars-
weibern von ihrer Gattung, und ſagte, es

J 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0157" n="135"/>
Es erkla&#x0364;rten ihnen viele mit Ern&#x017F;t, daß es &#x017F;eyn<lb/>
ko&#x0364;nne, und &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e; und die Kinder hien-<lb/>
gen ihnen allenthalben an, und baten, &#x2014;<lb/>
und baten, &#x2014; &#x017F;ie &#x017F;ollen ihnen doch auch die&#x017F;es<lb/>
thun. Sie ha&#x0364;tten die Kinder lang beten, und<lb/>
lang anhangen la&#x017F;&#x017F;en, aber &#x017F;ie &#x017F;ahen, daß es<lb/>
ihren Ma&#x0364;nnern Ern&#x017F;t &#x017F;ey, und daß es &#x017F;eyn<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Ihrer etliche gaben nach; da etliche<lb/>
nachgaben, folgten bald mehrere, nach der<lb/>
Regel, wann eine Gans gagget, &#x017F;o gagget auch<lb/>
die andere. &#x2014;</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 28.<lb/>
Das zweyte Hinderniß der gleichen Sach;<lb/>
der Neid der Reichen. &#x2014;</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Freude der Kinder dauerte nicht lang.<lb/>
Ihr Jauchzen und We&#x017F;en, that den Bau-<lb/>
rento&#x0364;chtern in Ohren weh. Ihren Mu&#x0364;ttern<lb/>
wurmte es nicht minder, daß das Lumpen-<lb/>
volk &#x017F;o juheye, und habe was es nur wolle.<lb/>
Sie murrten unter einander, und ha&#x0364;ngten die<lb/>
Ko&#x0364;pfe.</p><lb/>
        <p>Das ha&#x0364;tten &#x017F;ie wohl mo&#x0364;gen, aber des Hu&#x0364;gis<lb/>
Weib that mehr. So bald &#x017F;ie vernommen, was<lb/>
das Juheyen in allen Ga&#x017F;&#x017F;en bedeute, &#x017F;o gieng<lb/>
&#x017F;ie in einem Sprung zu ein paar Nachbars-<lb/>
weibern von ihrer Gattung, und &#x017F;agte, es<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 4</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0157] Es erklaͤrten ihnen viele mit Ernſt, daß es ſeyn koͤnne, und ſeyn muͤſſe; und die Kinder hien- gen ihnen allenthalben an, und baten, — und baten, — ſie ſollen ihnen doch auch dieſes thun. Sie haͤtten die Kinder lang beten, und lang anhangen laſſen, aber ſie ſahen, daß es ihren Maͤnnern Ernſt ſey, und daß es ſeyn muͤſſe. Ihrer etliche gaben nach; da etliche nachgaben, folgten bald mehrere, nach der Regel, wann eine Gans gagget, ſo gagget auch die andere. — §. 28. Das zweyte Hinderniß der gleichen Sach; der Neid der Reichen. — Die Freude der Kinder dauerte nicht lang. Ihr Jauchzen und Weſen, that den Bau- rentoͤchtern in Ohren weh. Ihren Muͤttern wurmte es nicht minder, daß das Lumpen- volk ſo juheye, und habe was es nur wolle. Sie murrten unter einander, und haͤngten die Koͤpfe. Das haͤtten ſie wohl moͤgen, aber des Huͤgis Weib that mehr. So bald ſie vernommen, was das Juheyen in allen Gaſſen bedeute, ſo gieng ſie in einem Sprung zu ein paar Nachbars- weibern von ihrer Gattung, und ſagte, es J 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/157
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/157>, abgerufen am 12.10.2024.