Nach langem Streit, welche von diesen zwo Meynungen die bessere sey, fanden sie endlich, daß sie beyde neben einander Plaz haben, und entschlossen sich, beyde mit ein- ander dem Junker vorbringen zu lassen. Hie- zu aber hatten sie den Untervogt Meyer noth- wendig; denn keiner von ihnen konnte so schik- lich, und von Amts wegen mit dem Junker reden wie dieser.
Sie giengen also zu ihm hin, und mach- ten ihm den Vortrag -- Er wollte wider- sprechen, und sagte: Es sind ja alles lauter Lügen, was ihr vorbringet, und ihr müßt doch nicht glauben, ich wisse nicht, daß ihr die Scheuren noch voll Heu habet, und daß der Markt für das Waidvieh auch erst über 8. Tag ist, und daß der Winkel, den ihr vertheilen wollt, ein Sumpfloch ist, den Niemand umsonst zum Eigenthum nehmen würde.
Die Bauren antworteten ihm: Vogt! du stehest zu spät auf, um uns zu berichten, und wir wissen sicher so gut als du, wie viel Vieh und wie viel Heu wir haben, und was der Winkel werth ist; aber wir wissen auch, was wir wollen, und was du dem Junker sagen must, und sind gar nicht da, darüber viel zu schwazen.
Der
F
Nach langem Streit, welche von dieſen zwo Meynungen die beſſere ſey, fanden ſie endlich, daß ſie beyde neben einander Plaz haben, und entſchloſſen ſich, beyde mit ein- ander dem Junker vorbringen zu laſſen. Hie- zu aber hatten ſie den Untervogt Meyer noth- wendig; denn keiner von ihnen konnte ſo ſchik- lich, und von Amts wegen mit dem Junker reden wie dieſer.
Sie giengen alſo zu ihm hin, und mach- ten ihm den Vortrag — Er wollte wider- ſprechen, und ſagte: Es ſind ja alles lauter Luͤgen, was ihr vorbringet, und ihr muͤßt doch nicht glauben, ich wiſſe nicht, daß ihr die Scheuren noch voll Heu habet, und daß der Markt fuͤr das Waidvieh auch erſt uͤber 8. Tag iſt, und daß der Winkel, den ihr vertheilen wollt, ein Sumpfloch iſt, den Niemand umſonſt zum Eigenthum nehmen wuͤrde.
Die Bauren antworteten ihm: Vogt! du ſteheſt zu ſpaͤt auf, um uns zu berichten, und wir wiſſen ſicher ſo gut als du, wie viel Vieh und wie viel Heu wir haben, und was der Winkel werth iſt; aber wir wiſſen auch, was wir wollen, und was du dem Junker ſagen muſt, und ſind gar nicht da, daruͤber viel zu ſchwazen.
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Nach langem Streit, welche von dieſen
zwo Meynungen die beſſere ſey, fanden ſie
endlich, daß ſie beyde neben einander Plaz
haben, und entſchloſſen ſich, beyde mit ein-
ander dem Junker vorbringen zu laſſen. Hie-
zu aber hatten ſie den Untervogt Meyer noth-
wendig; denn keiner von ihnen konnte ſo ſchik-
lich, und von Amts wegen mit dem Junker
reden wie dieſer.
Sie giengen alſo zu ihm hin, und mach-
ten ihm den Vortrag — Er wollte wider-
ſprechen, und ſagte: Es ſind ja alles lauter
Luͤgen, was ihr vorbringet, und ihr muͤßt
doch nicht glauben, ich wiſſe nicht, daß ihr
die Scheuren noch voll Heu habet, und daß
der Markt fuͤr das Waidvieh auch erſt uͤber
8. Tag iſt, und daß der Winkel, den ihr
vertheilen wollt, ein Sumpfloch iſt, den
Niemand umſonſt zum Eigenthum nehmen
wuͤrde.
Die Bauren antworteten ihm: Vogt! du
ſteheſt zu ſpaͤt auf, um uns zu berichten,
und wir wiſſen ſicher ſo gut als du, wie
viel Vieh und wie viel Heu wir haben, und
was der Winkel werth iſt; aber wir wiſſen
auch, was wir wollen, und was du dem
Junker ſagen muſt, und ſind gar nicht da,
daruͤber viel zu ſchwazen.
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/99>, abgerufen am 23.11.2024.
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