So ein Kezer könnte ein ganzes Dorf unglüklich machen, sagte Nachbar Kienholz zu seinem Nachbar Kalberleder.
Es ist vielleicht kein Mensch im Dorf, mit dem er in den 20. Jahren, seit dem er Vogt ist, nichts krummes gehabt hat, und um seinetwillen wird doch hoffentlich nicht die ganze Kilchhöri mit ihm unter den Gal- gen müssen -- antwortete dieser.
Du Narr, das ist eben der Vortheil, sagte der Kienholz, daß er darunter gestan- den.
Ja, bey Gott, das ist wahr; man ist izt nicht mehr schuldig, sich mit ihm einzulassen, erwiederte der Moosbaur.
Und es war, wie wenn dieses Wort den Bauren das Herz weit machte; auf einmal gieng ihnen das Maul auf, und alle, alle waren der Meynung und behaupteten laut, sie seyen nicht mehr schuldig sich mit ihm ein- zulassen: er möge über sie sagen, was er wolle, weil er dem Henker unter den Händen ge- wesen.
Der Hügi aber, der nie kein Narr war, sagte nach einer Weile; Jhr habet wohl recht, daß ihr das Lied also singt, und ich wills gern mit euch singen; aber es wär doch immer besser, wir könnten machen, daß er das Maul überall halten würde.
Das
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So ein Kezer koͤnnte ein ganzes Dorf ungluͤklich machen, ſagte Nachbar Kienholz zu ſeinem Nachbar Kalberleder.
Es iſt vielleicht kein Menſch im Dorf, mit dem er in den 20. Jahren, ſeit dem er Vogt iſt, nichts krummes gehabt hat, und um ſeinetwillen wird doch hoffentlich nicht die ganze Kilchhoͤri mit ihm unter den Gal- gen muͤſſen — antwortete dieſer.
Du Narr, das iſt eben der Vortheil, ſagte der Kienholz, daß er darunter geſtan- den.
Ja, bey Gott, das iſt wahr; man iſt izt nicht mehr ſchuldig, ſich mit ihm einzulaſſen, erwiederte der Moosbaur.
Und es war, wie wenn dieſes Wort den Bauren das Herz weit machte; auf einmal gieng ihnen das Maul auf, und alle, alle waren der Meynung und behaupteten laut, ſie ſeyen nicht mehr ſchuldig ſich mit ihm ein- zulaſſen: er moͤge uͤber ſie ſagen, was er wolle, weil er dem Henker unter den Haͤnden ge- weſen.
Der Huͤgi aber, der nie kein Narr war, ſagte nach einer Weile; Jhr habet wohl recht, daß ihr das Lied alſo ſingt, und ich wills gern mit euch ſingen; aber es waͤr doch im̃er beſſer, wir koͤnnten machen, daß er das Maul uͤberall halten wuͤrde.
Das
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So ein Kezer koͤnnte ein ganzes Dorf
ungluͤklich machen, ſagte Nachbar Kienholz
zu ſeinem Nachbar Kalberleder.
Es iſt vielleicht kein Menſch im Dorf,
mit dem er in den 20. Jahren, ſeit dem er
Vogt iſt, nichts krummes gehabt hat, und
um ſeinetwillen wird doch hoffentlich nicht
die ganze Kilchhoͤri mit ihm unter den Gal-
gen muͤſſen — antwortete dieſer.
Du Narr, das iſt eben der Vortheil,
ſagte der Kienholz, daß er darunter geſtan-
den.
Ja, bey Gott, das iſt wahr; man iſt izt
nicht mehr ſchuldig, ſich mit ihm einzulaſſen,
erwiederte der Moosbaur.
Und es war, wie wenn dieſes Wort den
Bauren das Herz weit machte; auf einmal
gieng ihnen das Maul auf, und alle, alle
waren der Meynung und behaupteten laut,
ſie ſeyen nicht mehr ſchuldig ſich mit ihm ein-
zulaſſen: er moͤge uͤber ſie ſagen, was er wolle,
weil er dem Henker unter den Haͤnden ge-
weſen.
Der Huͤgi aber, der nie kein Narr war,
ſagte nach einer Weile; Jhr habet wohl recht,
daß ihr das Lied alſo ſingt, und ich wills
gern mit euch ſingen; aber es waͤr doch im̃er
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/59>, abgerufen am 23.11.2024.
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