fröhlich und freundlich, aber sie hörten um deßwillen keinen Augenblik auf zu arbeiten. -- "Machet, daß ihr mit euerm Feyera- bend bald fertig werdet, so könnt ihr euch dann mit diesen Lieben lustig machen, bis es 6. Uhr schlagt," sagte ihnen Gertrud -- Und die Kinder: "Das denk' ich, wir wol- len eilen; die Sonne scheint wie im Sommer, Mutter!" -- "Aber, daß euer Garn nicht gröber werde," antwortete die Mutter. -- "Du must gewiß eher einen Kreuzer mehr als minder von meinem lösen," sagte Lise. -- "Und auch von unserm," rieffen aus allen Eken die andern. -- "Jch will gern sehen, ihr Prahlhanse," erwiederte die Mut- ter. --
Die Kinder des Rudis stunden da, sperr- ten Maul und Augen auf ob der schönen Arbeit und dem fröhlichen Wesen in dieser Stube. -- "Könnt ihr auch spinnen?" fragte izt Gertrud. -- "Ach nein!" erwie- derten die Kinder. -- Gertrud erwiederte: "So müßt ihrs lernen, ihr Lieben! meine Kinder ließen sichs nicht abkauffen, und sind am Samstag so lustig, wenn jedes so seine etlichen Bazen kriegt: Das Jahr ist lang, ihr Lieben! wenn mans so alle Wochen zu- sammenspinnt, so giebts am End des Jahrs viel Geld, und man weiß nicht, wie man
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froͤhlich und freundlich, aber ſie hoͤrten um deßwillen keinen Augenblik auf zu arbeiten. — „Machet, daß ihr mit euerm Feyera- bend bald fertig werdet, ſo koͤnnt ihr euch dann mit dieſen Lieben luſtig machen, bis es 6. Uhr ſchlagt,“ ſagte ihnen Gertrud — Und die Kinder: „Das denk' ich, wir wol- len eilen; die Sonne ſcheint wie im Som̃er, Mutter!“ — „Aber, daß euer Garn nicht groͤber werde,“ antwortete die Mutter. — „Du muſt gewiß eher einen Kreuzer mehr als minder von meinem loͤſen,“ ſagte Liſe. — „Und auch von unſerm,“ rieffen aus allen Eken die andern. — „Jch will gern ſehen, ihr Prahlhanſe,“ erwiederte die Mut- ter. —
Die Kinder des Rudis ſtunden da, ſperr- ten Maul und Augen auf ob der ſchoͤnen Arbeit und dem froͤhlichen Weſen in dieſer Stube. — „Koͤnnt ihr auch ſpinnen?“ fragte izt Gertrud. — „Ach nein!“ erwie- derten die Kinder. — Gertrud erwiederte: „So muͤßt ihrs lernen, ihr Lieben! meine Kinder ließen ſichs nicht abkauffen, und ſind am Samſtag ſo luſtig, wenn jedes ſo ſeine etlichen Bazen kriegt: Das Jahr iſt lang, ihr Lieben! wenn mans ſo alle Wochen zu- ſammenſpinnt, ſo giebts am End des Jahrs viel Geld, und man weiß nicht, wie man
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froͤhlich und freundlich, aber ſie hoͤrten um
deßwillen keinen Augenblik auf zu arbeiten.
— „Machet, daß ihr mit euerm Feyera-
bend bald fertig werdet, ſo koͤnnt ihr euch
dann mit dieſen Lieben luſtig machen, bis
es 6. Uhr ſchlagt,“ ſagte ihnen Gertrud —
Und die Kinder: „Das denk' ich, wir wol-
len eilen; die Sonne ſcheint wie im Som̃er,
Mutter!“ — „Aber, daß euer Garn nicht
groͤber werde,“ antwortete die Mutter. —
„Du muſt gewiß eher einen Kreuzer mehr
als minder von meinem loͤſen,“ ſagte Liſe.
— „Und auch von unſerm,“ rieffen aus
allen Eken die andern. — „Jch will gern
ſehen, ihr Prahlhanſe,“ erwiederte die Mut-
ter. —
Die Kinder des Rudis ſtunden da, ſperr-
ten Maul und Augen auf ob der ſchoͤnen
Arbeit und dem froͤhlichen Weſen in dieſer
Stube. — „Koͤnnt ihr auch ſpinnen?“
fragte izt Gertrud. — „Ach nein!“ erwie-
derten die Kinder. — Gertrud erwiederte:
„So muͤßt ihrs lernen, ihr Lieben! meine
Kinder ließen ſichs nicht abkauffen, und ſind
am Samſtag ſo luſtig, wenn jedes ſo ſeine
etlichen Bazen kriegt: Das Jahr iſt lang,
ihr Lieben! wenn mans ſo alle Wochen zu-
ſammenſpinnt, ſo giebts am End des Jahrs
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/49>, abgerufen am 23.11.2024.
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