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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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Hütte -- kam mit ihrem Züber und Besen
und Bürsten zurük, fieng dann an die Stu-
be zu reinigen, und zeigte auch dem Rudi,
wie er dasselbe machen und angreiffen müsse,
und was die Kinder ihm dabey helffen kön-
nen. -- Dieser gab sich alle Mühe, und
nach ein paar Stunden konnte er es so wohl,
daß ihn Gertrud izt allein machen ließ, und
wieder heim gieng. "Wenn dir die Kinder
dann braf geholffen, so schik' sie auf den
Abend zu mir" sagte sie im weggehen. --

Der Rudi wußte nicht, was er sagen und
machen wollte, als sie izt fort war, so wars
ihm ums Herz; -- Eine Weile hatte er
die Hände still, bürstete und fegete nicht,
sonder staunte und dachte bey sich selber:
"Es wäre mir einmal in Gottes Namen,
wie wenn ich im Himmel wär, wenn ich so
eine Frau hätte" -- Und als er auf den
Abend ihr seine Kinder schikte, gab er sint
Jahren das erste Mal wieder Acht, ob ihre
Hände und Gesicht sauber, und ihre Haare
u. Kleider in der Ordnung wären, so daß sich
die Kinder selber darob wunderten: Und die
Nachbaren, die sie so ordentlich aus dem
Hause gehen sahen, sagten: "Er will gewiß
bald wieder weiben.

Die Kleinen fanden des Maurers Kinder
alle an ihrer Arbeit; diese empfiengen sie

fröh-

Huͤtte — kam mit ihrem Zuͤber und Beſen
und Buͤrſten zuruͤk, fieng dann an die Stu-
be zu reinigen, und zeigte auch dem Rudi,
wie er daſſelbe machen und angreiffen muͤſſe,
und was die Kinder ihm dabey helffen koͤn-
nen. — Dieſer gab ſich alle Muͤhe, und
nach ein paar Stunden konnte er es ſo wohl,
daß ihn Gertrud izt allein machen ließ, und
wieder heim gieng. „Wenn dir die Kinder
dann braf geholffen, ſo ſchik' ſie auf den
Abend zu mir“ ſagte ſie im weggehen. —

Der Rudi wußte nicht, was er ſagen und
machen wollte, als ſie izt fort war, ſo wars
ihm ums Herz; — Eine Weile hatte er
die Haͤnde ſtill, buͤrſtete und fegete nicht,
ſonder ſtaunte und dachte bey ſich ſelber:
„Es waͤre mir einmal in Gottes Namen,
wie wenn ich im Himmel waͤr, wenn ich ſo
eine Frau haͤtte“ — Und als er auf den
Abend ihr ſeine Kinder ſchikte, gab er ſint
Jahren das erſte Mal wieder Acht, ob ihre
Haͤnde und Geſicht ſauber, und ihre Haare
u. Kleider in der Ordnung waͤren, ſo daß ſich
die Kinder ſelber darob wunderten: Und die
Nachbaren, die ſie ſo ordentlich aus dem
Hauſe gehen ſahen, ſagten: „Er will gewiß
bald wieder weiben.

Die Kleinen fanden des Maurers Kinder
alle an ihrer Arbeit; dieſe empfiengen ſie

froͤh-
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[30/0048] Huͤtte — kam mit ihrem Zuͤber und Beſen und Buͤrſten zuruͤk, fieng dann an die Stu- be zu reinigen, und zeigte auch dem Rudi, wie er daſſelbe machen und angreiffen muͤſſe, und was die Kinder ihm dabey helffen koͤn- nen. — Dieſer gab ſich alle Muͤhe, und nach ein paar Stunden konnte er es ſo wohl, daß ihn Gertrud izt allein machen ließ, und wieder heim gieng. „Wenn dir die Kinder dann braf geholffen, ſo ſchik' ſie auf den Abend zu mir“ ſagte ſie im weggehen. — Der Rudi wußte nicht, was er ſagen und machen wollte, als ſie izt fort war, ſo wars ihm ums Herz; — Eine Weile hatte er die Haͤnde ſtill, buͤrſtete und fegete nicht, ſonder ſtaunte und dachte bey ſich ſelber: „Es waͤre mir einmal in Gottes Namen, wie wenn ich im Himmel waͤr, wenn ich ſo eine Frau haͤtte“ — Und als er auf den Abend ihr ſeine Kinder ſchikte, gab er ſint Jahren das erſte Mal wieder Acht, ob ihre Haͤnde und Geſicht ſauber, und ihre Haare u. Kleider in der Ordnung waͤren, ſo daß ſich die Kinder ſelber darob wunderten: Und die Nachbaren, die ſie ſo ordentlich aus dem Hauſe gehen ſahen, ſagten: „Er will gewiß bald wieder weiben. Die Kleinen fanden des Maurers Kinder alle an ihrer Arbeit; dieſe empfiengen ſie froͤh-

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/48>, abgerufen am 28.03.2024.