Rudi. Nein, daran kam mir kein Sinn; die muß wills Gott auf Kind und Kindskin- der hinunter mein bleiben; aber das Futter, das will ich ihm in Gottes Namen halten, wie ichs dem Pfarrer versprochen.
Gertrud. Jch will dich gar nicht daran hindern; aber doch dunkt mich, du hättest zuerst warten können, obs der Vogt so gar nöthig haben möchte, eh du ihm das ver- sprochen.
Rudi. Der Pfarrer hat das auch gesagt; Aber wenn du die Großmutter auf ihrem Todbett wie ich für ihn bethen gehört hättest, daß es ihm noch wohl gehe, du hättest ge- wiß auch nicht anderst können, als ihm, wie ich, so viel möglich dazu helfen.
Gertrud. Hat sie noch auf ihrem Tod- bett für ihn gebetet?
Rudi. Ja, Gertrud; und das mit tau- send Thränen.
Gertrud. Ach! denn ists recht, daß du es thust.
Während dem der Rudi so mit ihr redete, machte Gertrud die Kinder aufstehen, wasch- te ihnen Gesicht und Hände, kämmte sie mit einer Sorgfalt und Schonung, die sie nicht kannten, und ließ sie auch ihre Kleider steiffer und ordentlicher anlegen, als sie sonst gewohnt waren, darauf gieng sie in ihre
Hüt-
Rudi. Nein, daran kam mir kein Sinn; die muß wills Gott auf Kind und Kindskin- der hinunter mein bleiben; aber das Futter, das will ich ihm in Gottes Namen halten, wie ichs dem Pfarrer verſprochen.
Gertrud. Jch will dich gar nicht daran hindern; aber doch dunkt mich, du haͤtteſt zuerſt warten koͤnnen, obs der Vogt ſo gar noͤthig haben moͤchte, eh du ihm das ver- ſprochen.
Rudi. Der Pfarrer hat das auch geſagt; Aber wenn du die Großmutter auf ihrem Todbett wie ich fuͤr ihn bethen gehoͤrt haͤtteſt, daß es ihm noch wohl gehe, du haͤtteſt ge- wiß auch nicht anderſt koͤnnen, als ihm, wie ich, ſo viel moͤglich dazu helfen.
Gertrud. Hat ſie noch auf ihrem Tod- bett fuͤr ihn gebetet?
Rudi. Ja, Gertrud; und das mit tau- ſend Thraͤnen.
Gertrud. Ach! denn iſts recht, daß du es thuſt.
Waͤhrend dem der Rudi ſo mit ihr redete, machte Gertrud die Kinder aufſtehen, waſch- te ihnen Geſicht und Haͤnde, kaͤmmte ſie mit einer Sorgfalt und Schonung, die ſie nicht kannten, und ließ ſie auch ihre Kleider ſteiffer und ordentlicher anlegen, als ſie ſonſt gewohnt waren, darauf gieng ſie in ihre
Huͤt-
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Rudi. Nein, daran kam mir kein Sinn;
die muß wills Gott auf Kind und Kindskin-
der hinunter mein bleiben; aber das Futter,
das will ich ihm in Gottes Namen halten,
wie ichs dem Pfarrer verſprochen.
Gertrud. Jch will dich gar nicht daran
hindern; aber doch dunkt mich, du haͤtteſt
zuerſt warten koͤnnen, obs der Vogt ſo gar
noͤthig haben moͤchte, eh du ihm das ver-
ſprochen.
Rudi. Der Pfarrer hat das auch geſagt;
Aber wenn du die Großmutter auf ihrem
Todbett wie ich fuͤr ihn bethen gehoͤrt haͤtteſt,
daß es ihm noch wohl gehe, du haͤtteſt ge-
wiß auch nicht anderſt koͤnnen, als ihm, wie
ich, ſo viel moͤglich dazu helfen.
Gertrud. Hat ſie noch auf ihrem Tod-
bett fuͤr ihn gebetet?
Rudi. Ja, Gertrud; und das mit tau-
ſend Thraͤnen.
Gertrud. Ach! denn iſts recht, daß du
es thuſt.
Waͤhrend dem der Rudi ſo mit ihr redete,
machte Gertrud die Kinder aufſtehen, waſch-
te ihnen Geſicht und Haͤnde, kaͤmmte ſie
mit einer Sorgfalt und Schonung, die ſie
nicht kannten, und ließ ſie auch ihre Kleider
ſteiffer und ordentlicher anlegen, als ſie ſonſt
gewohnt waren, darauf gieng ſie in ihre
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/47>, abgerufen am 23.11.2024.
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