als von meiner Herde; aber izt kann ich nicht anderst -- es ist mir, die hundert und abermal hundert tausend von der Oberkeit bestrafte Verbrecher stehen vor meinen Au- gen, und ich sehe die Geschlechter der Men- schen allenthalben so unbillig und hart gegen diese Unglükliche handeln. --
Jch möchte meine Stimm erheben, und ruffen dem Volk der Erde: Erbarme dich dieser Elenden! -- Jch möchte meine Stimm erheben, und ruffen dem Volk in niedern Hütten, und ihm sagen: Du Volk in niedern Hütten, du kannst an diesen Un- glüklichen thun, was keine Oberkeit an ihnen thun kann -- du kannst sie wieder zu Men- schen machen, du kannst sie wieder mit sich selber, und mit ihren Mitmenschen versöhnen -- du kannst ihrem weitern Elend und ihren weitern Verbrechen vorbiegen, und sie an deiner Hand dahin leiten, daß sie zu einer friedlichen Ruhstätt gelangen.
Jch möchte dem Volk der Erde, in dessen Brust ein Menschenherz schlägt, zuruffen u. sagen: Es ist kein Gottesdienst u. kein Men- schendienst größer und edler, als die Güte, die man gegen Menschen ausübt, welche durch ihre [Feh]ler verwirret, -- durch ihre Schande erniedriget, -- durch ihre Straffe verwildert, -- wie die gefährlichsten Kran-
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als von meiner Herde; aber izt kann ich nicht anderſt — es iſt mir, die hundert und abermal hundert tauſend von der Oberkeit beſtrafte Verbrecher ſtehen vor meinen Au- gen, und ich ſehe die Geſchlechter der Men- ſchen allenthalben ſo unbillig und hart gegen dieſe Ungluͤkliche handeln. —
Jch moͤchte meine Stimm erheben, und ruffen dem Volk der Erde: Erbarme dich dieſer Elenden! — Jch moͤchte meine Stimm erheben, und ruffen dem Volk in niedern Huͤtten, und ihm ſagen: Du Volk in niedern Huͤtten, du kannſt an dieſen Un- gluͤklichen thun, was keine Oberkeit an ihnen thun kann — du kannſt ſie wieder zu Men- ſchen machen, du kannſt ſie wieder mit ſich ſelber, und mit ihren Mitmenſchen verſoͤhnen — du kannſt ihrem weitern Elend und ihren weitern Verbrechen vorbiegen, und ſie an deiner Hand dahin leiten, daß ſie zu einer friedlichen Ruhſtaͤtt gelangen.
Jch moͤchte dem Volk der Erde, in deſſen Bruſt ein Menſchenherz ſchlaͤgt, zuruffen u. ſagen: Es iſt kein Gottesdienſt u. kein Men- ſchendienſt groͤßer und edler, als die Guͤte, die man gegen Menſchen ausuͤbt, welche durch ihre [Feh]ler verwirret, — durch ihre Schande erniedriget, — durch ihre Straffe verwildert, — wie die gefaͤhrlichſten Kran-
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als von meiner Herde; aber izt kann ich
nicht anderſt — es iſt mir, die hundert und
abermal hundert tauſend von der Oberkeit
beſtrafte Verbrecher ſtehen vor meinen Au-
gen, und ich ſehe die Geſchlechter der Men-
ſchen allenthalben ſo unbillig und hart gegen
dieſe Ungluͤkliche handeln. —
Jch moͤchte meine Stimm erheben,
und ruffen dem Volk der Erde: Erbarme
dich dieſer Elenden! — Jch moͤchte meine
Stimm erheben, und ruffen dem Volk in
niedern Huͤtten, und ihm ſagen: Du Volk
in niedern Huͤtten, du kannſt an dieſen Un-
gluͤklichen thun, was keine Oberkeit an ihnen
thun kann — du kannſt ſie wieder zu Men-
ſchen machen, du kannſt ſie wieder mit ſich
ſelber, und mit ihren Mitmenſchen verſoͤhnen
— du kannſt ihrem weitern Elend und ihren
weitern Verbrechen vorbiegen, und ſie an
deiner Hand dahin leiten, daß ſie zu einer
friedlichen Ruhſtaͤtt gelangen.
Jch moͤchte dem Volk der Erde, in deſſen
Bruſt ein Menſchenherz ſchlaͤgt, zuruffen u.
ſagen: Es iſt kein Gottesdienſt u. kein Men-
ſchendienſt groͤßer und edler, als die Guͤte,
die man gegen Menſchen ausuͤbt, welche
durch ihre Fehler verwirret, — durch ihre
Schande erniedriget, — durch ihre Straffe
verwildert, — wie die gefaͤhrlichſten Kran-
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/371>, abgerufen am 25.11.2024.
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