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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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Jch will's nicht beschreiben, nicht ausdrü-
ken, nicht vormahlen; -- Jch will's nur
erzählen, wie es ein Kind erzählen könnte,
was ihm in dieser Stunde vorgeschwebt --
Er sah die Thränen der Gekränkten,
Den Jammer der Hungernden,
Den Schreken der Geängstigten
Vor seinen Augen. --
Er hörte
Das Fluchen der Wüthenden,
Und das Stöhnen der Verzweifelnden
Mit seinen Ohren --
Er sah' seinen todten Vater wieder,
Und hörte wieder sein schrekliches Wort:
Bub, Bub! -- sind die Tage izt da? --
Da man auch zu dir sagt:
Du alter versoffener Lump! --
Auch sein Kind sah er wieder,
Wie es ihm sterbend die Hand both,
Und zu ihm sagte: Vater! Vater!
Thu' doch niemand mehr weh. --
Er sah' die Jammer-Eiche wieder,
Die ihm zuerst
Die Ruh' seines Teufel-Lebens
Raubte. -- Er hörte wieder
Des Stichelbergers Schrekens-Ruf --
Jn's Thal Josaphat --
Zu einer andern Rechnung. --
Er hörte wieder

Die

Jch will's nicht beſchreiben, nicht ausdruͤ-
ken, nicht vormahlen; — Jch will's nur
erzaͤhlen, wie es ein Kind erzaͤhlen koͤnnte,
was ihm in dieſer Stunde vorgeſchwebt —
Er ſah die Thraͤnen der Gekraͤnkten,
Den Jammer der Hungernden,
Den Schreken der Geaͤngſtigten
Vor ſeinen Augen. —
Er hoͤrte
Das Fluchen der Wuͤthenden,
Und das Stoͤhnen der Verzweifelnden
Mit ſeinen Ohren —
Er ſah' ſeinen todten Vater wieder,
Und hoͤrte wieder ſein ſchrekliches Wort:
Bub, Bub! — ſind die Tage izt da? —
Da man auch zu dir ſagt:
Du alter verſoffener Lump! —
Auch ſein Kind ſah er wieder,
Wie es ihm ſterbend die Hand both,
Und zu ihm ſagte: Vater! Vater!
Thu' doch niemand mehr weh. —
Er ſah' die Jammer-Eiche wieder,
Die ihm zuerſt
Die Ruh' ſeines Teufel-Lebens
Raubte. — Er hoͤrte wieder
Des Stichelbergers Schrekens-Ruf —
Jn's Thal Joſaphat —
Zu einer andern Rechnung. —
Er hoͤrte wieder

Die
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[347/0365] Jch will's nicht beſchreiben, nicht ausdruͤ- ken, nicht vormahlen; — Jch will's nur erzaͤhlen, wie es ein Kind erzaͤhlen koͤnnte, was ihm in dieſer Stunde vorgeſchwebt — Er ſah die Thraͤnen der Gekraͤnkten, Den Jammer der Hungernden, Den Schreken der Geaͤngſtigten Vor ſeinen Augen. — Er hoͤrte Das Fluchen der Wuͤthenden, Und das Stoͤhnen der Verzweifelnden Mit ſeinen Ohren — Er ſah' ſeinen todten Vater wieder, Und hoͤrte wieder ſein ſchrekliches Wort: Bub, Bub! — ſind die Tage izt da? — Da man auch zu dir ſagt: Du alter verſoffener Lump! — Auch ſein Kind ſah er wieder, Wie es ihm ſterbend die Hand both, Und zu ihm ſagte: Vater! Vater! Thu' doch niemand mehr weh. — Er ſah' die Jammer-Eiche wieder, Die ihm zuerſt Die Ruh' ſeines Teufel-Lebens Raubte. — Er hoͤrte wieder Des Stichelbergers Schrekens-Ruf — Jn's Thal Joſaphat — Zu einer andern Rechnung. — Er hoͤrte wieder Die

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/365>, abgerufen am 03.05.2024.