Oberkeit, nämlich wenn er am gewaltthätig- sten brandschazen wollte.
Der Mittelpunkt seines Greuel-Lebens war, daß er es gar nichts achtete, ob die Menschen um ihn her des Lebens Nothdurft haben oder nicht.
Hundertmal, wenn man ihm von der Noth der Armen, und von dem Elend der Wittwen redte, gab er zur Antwort: Es waren immer arme Leute, und werden immer arme Leute seyn, und der lieb Gott weiß wohl, warum er den einen viel, und den andern nichts giebt.
Denn bey allem seinem Teuffelleben nahm er den Namen Gottes dennoch oft in Mund, und liebte sogar dann und wann eins von der Religion zu sprachen, und über allerhand Grübeleyen von dem Himmel und von der Höll zu erzählen, und erzählen zu hören, was man z. E. im andern Leben thun, und nicht mehr thun werde -- womit man sich Freud machen, und womit man sich die Zeit ver- vertreiben werde -- woran man sich auch wieder erkennen, und ob man vielleicht des Großvaters Vater, und Leute, die man geerbt, aber nie gesehen, doch auch erken- nen werde, und dann von der Höll, ob sie doch auf der Welt sey? und bey dem Berg, der Feuer ausspeyet, und Schwefelbäch so
groß
Oberkeit, naͤmlich wenn er am gewaltthaͤtig- ſten brandſchazen wollte.
Der Mittelpunkt ſeines Greuel-Lebens war, daß er es gar nichts achtete, ob die Menſchen um ihn her des Lebens Nothdurft haben oder nicht.
Hundertmal, wenn man ihm von der Noth der Armen, und von dem Elend der Wittwen redte, gab er zur Antwort: Es waren immer arme Leute, und werden im̃er arme Leute ſeyn, und der lieb Gott weiß wohl, warum er den einen viel, und den andern nichts giebt.
Denn bey allem ſeinem Teuffelleben nahm er den Namen Gottes dennoch oft in Mund, und liebte ſogar dann und wann eins von der Religion zu ſprachen, und uͤber allerhand Gruͤbeleyen von dem Himmel und von der Hoͤll zu erzaͤhlen, und erzaͤhlen zu hoͤren, was man z. E. im andern Leben thun, und nicht mehr thun werde — womit man ſich Freud machen, und womit man ſich die Zeit ver- vertreiben werde — woran man ſich auch wieder erkennen, und ob man vielleicht des Großvaters Vater, und Leute, die man geerbt, aber nie geſehen, doch auch erken- nen werde, und dann von der Hoͤll, ob ſie doch auf der Welt ſey? und bey dem Berg, der Feuer ausſpeyet, und Schwefelbaͤch ſo
groß
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0318"n="300"/>
Oberkeit, naͤmlich wenn er am gewaltthaͤtig-<lb/>ſten brandſchazen wollte.</p><lb/><p>Der Mittelpunkt ſeines Greuel-Lebens<lb/>
war, daß er es gar nichts achtete, ob die<lb/>
Menſchen um ihn her des Lebens Nothdurft<lb/>
haben oder nicht.</p><lb/><p>Hundertmal, wenn man ihm von der<lb/>
Noth der Armen, und von dem Elend der<lb/>
Wittwen redte, gab er zur Antwort: Es<lb/>
waren immer arme Leute, und werden im̃er<lb/>
arme Leute ſeyn, und der lieb Gott weiß<lb/>
wohl, warum er den einen viel, und den<lb/>
andern nichts giebt.</p><lb/><p>Denn bey allem ſeinem Teuffelleben nahm<lb/>
er den Namen Gottes dennoch oft in Mund,<lb/>
und liebte ſogar dann und wann eins von<lb/>
der Religion zu ſprachen, und uͤber allerhand<lb/>
Gruͤbeleyen von dem Himmel und von der<lb/>
Hoͤll zu erzaͤhlen, und erzaͤhlen zu hoͤren, was<lb/>
man z. E. im andern Leben thun, und nicht<lb/>
mehr thun werde — womit man ſich Freud<lb/>
machen, und womit man ſich die Zeit ver-<lb/>
vertreiben werde — woran man ſich auch<lb/>
wieder erkennen, und ob man vielleicht des<lb/>
Großvaters Vater, und Leute, die man<lb/>
geerbt, aber nie geſehen, doch auch erken-<lb/>
nen werde, und dann von der Hoͤll, ob ſie<lb/>
doch auf der Welt ſey? und bey dem Berg,<lb/>
der Feuer ausſpeyet, und Schwefelbaͤch ſo<lb/><fwplace="bottom"type="catch">groß</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[300/0318]
Oberkeit, naͤmlich wenn er am gewaltthaͤtig-
ſten brandſchazen wollte.
Der Mittelpunkt ſeines Greuel-Lebens
war, daß er es gar nichts achtete, ob die
Menſchen um ihn her des Lebens Nothdurft
haben oder nicht.
Hundertmal, wenn man ihm von der
Noth der Armen, und von dem Elend der
Wittwen redte, gab er zur Antwort: Es
waren immer arme Leute, und werden im̃er
arme Leute ſeyn, und der lieb Gott weiß
wohl, warum er den einen viel, und den
andern nichts giebt.
Denn bey allem ſeinem Teuffelleben nahm
er den Namen Gottes dennoch oft in Mund,
und liebte ſogar dann und wann eins von
der Religion zu ſprachen, und uͤber allerhand
Gruͤbeleyen von dem Himmel und von der
Hoͤll zu erzaͤhlen, und erzaͤhlen zu hoͤren, was
man z. E. im andern Leben thun, und nicht
mehr thun werde — womit man ſich Freud
machen, und womit man ſich die Zeit ver-
vertreiben werde — woran man ſich auch
wieder erkennen, und ob man vielleicht des
Großvaters Vater, und Leute, die man
geerbt, aber nie geſehen, doch auch erken-
nen werde, und dann von der Hoͤll, ob ſie
doch auf der Welt ſey? und bey dem Berg,
der Feuer ausſpeyet, und Schwefelbaͤch ſo
groß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/318>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.