Auch von den Knechten, die von ihm wegkommen, haben mehrere wegen Dieb- stählen landsflüchtig werden müßen -- es konnte aber nicht anders seyn, sie sind in seinem Hause wie dazu gezogen worden. So lange er die Mühle hat, haben seine Karrer immer bey aller seiner Kundsame, dem Hausvater hinter dem Rüken, von der Frau, Kindern, Dienstboten gestohlne Frucht abgenommen, sie hatten hinter allen Hägen (Heken) und in allen Winkeln ihre Oerter, wo man ihnen die gestohlnen Säke ablegte.
Der Christoph, der so lange bey ihm war, und izt aber auch landsflüchtig ist, wäre vor 20. Jahren schon um deßwillen beynahe todtgeschlagen worden. Der Rüti- bauer merkte noch im lezten Jahr, ehe er vergantet worden, daß es mit seiner Frucht (Korn) nicht richtig gehe, und da er seine Frau, die dem Trunk sehr ergeben war, im Verdacht hatte, gab er sint langem auf sie Acht, und sah' sie einmal an einem Morgen fast vor Tag, mit einem Sak Frucht, so schwer sie tragen möchte, zum Haus hinaus gehen -- er schlich ihr durch einen Abweg hinter dem Zaune nach, und sah' sie den Sak in dem Gestäude an der Steig bey dem Mühleweg verbergen, ließ aber die Frau, ohne sich zu zeigen, wieder heim, und war-
te-
Auch von den Knechten, die von ihm wegkommen, haben mehrere wegen Dieb- ſtaͤhlen landsfluͤchtig werden muͤßen — es konnte aber nicht anders ſeyn, ſie ſind in ſeinem Hauſe wie dazu gezogen worden. So lange er die Muͤhle hat, haben ſeine Karrer immer bey aller ſeiner Kundſame, dem Hausvater hinter dem Ruͤken, von der Frau, Kindern, Dienſtboten geſtohlne Frucht abgenommen, ſie hatten hinter allen Haͤgen (Heken) und in allen Winkeln ihre Oerter, wo man ihnen die geſtohlnen Saͤke ablegte.
Der Chriſtoph, der ſo lange bey ihm war, und izt aber auch landsfluͤchtig iſt, waͤre vor 20. Jahren ſchon um deßwillen beynahe todtgeſchlagen worden. Der Ruͤti- bauer merkte noch im lezten Jahr, ehe er vergantet worden, daß es mit ſeiner Frucht (Korn) nicht richtig gehe, und da er ſeine Frau, die dem Trunk ſehr ergeben war, im Verdacht hatte, gab er ſint langem auf ſie Acht, und ſah' ſie einmal an einem Morgen faſt vor Tag, mit einem Sak Frucht, ſo ſchwer ſie tragen moͤchte, zum Haus hinaus gehen — er ſchlich ihr durch einen Abweg hinter dem Zaune nach, und ſah' ſie den Sak in dem Geſtaͤude an der Steig bey dem Muͤhleweg verbergen, ließ aber die Frau, ohne ſich zu zeigen, wieder heim, und war-
te-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0296"n="278"/><p>Auch von den Knechten, die von ihm<lb/>
wegkommen, haben mehrere wegen Dieb-<lb/>ſtaͤhlen landsfluͤchtig werden muͤßen — es<lb/>
konnte aber nicht anders ſeyn, ſie ſind in<lb/>ſeinem Hauſe wie dazu gezogen worden.<lb/>
So lange er die Muͤhle hat, haben ſeine<lb/>
Karrer immer bey aller ſeiner Kundſame,<lb/>
dem Hausvater hinter dem Ruͤken, von der<lb/>
Frau, Kindern, Dienſtboten geſtohlne Frucht<lb/>
abgenommen, ſie hatten hinter allen Haͤgen<lb/>
(Heken) und in allen Winkeln ihre Oerter,<lb/>
wo man ihnen die geſtohlnen Saͤke ablegte.</p><lb/><p>Der Chriſtoph, der ſo lange bey ihm<lb/>
war, und izt aber auch landsfluͤchtig iſt,<lb/>
waͤre vor 20. Jahren ſchon um deßwillen<lb/>
beynahe todtgeſchlagen worden. Der Ruͤti-<lb/>
bauer merkte noch im lezten Jahr, ehe er<lb/>
vergantet worden, daß es mit ſeiner Frucht<lb/>
(Korn) nicht richtig gehe, und da er ſeine<lb/>
Frau, die dem Trunk ſehr ergeben war, im<lb/>
Verdacht hatte, gab er ſint langem auf ſie<lb/>
Acht, und ſah' ſie einmal an einem Morgen<lb/>
faſt vor Tag, mit einem Sak Frucht, ſo<lb/>ſchwer ſie tragen moͤchte, zum Haus hinaus<lb/>
gehen — er ſchlich ihr durch einen Abweg<lb/>
hinter dem Zaune nach, und ſah' ſie den<lb/>
Sak in dem Geſtaͤude an der Steig bey dem<lb/>
Muͤhleweg verbergen, ließ aber die Frau,<lb/>
ohne ſich zu zeigen, wieder heim, und war-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">te-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[278/0296]
Auch von den Knechten, die von ihm
wegkommen, haben mehrere wegen Dieb-
ſtaͤhlen landsfluͤchtig werden muͤßen — es
konnte aber nicht anders ſeyn, ſie ſind in
ſeinem Hauſe wie dazu gezogen worden.
So lange er die Muͤhle hat, haben ſeine
Karrer immer bey aller ſeiner Kundſame,
dem Hausvater hinter dem Ruͤken, von der
Frau, Kindern, Dienſtboten geſtohlne Frucht
abgenommen, ſie hatten hinter allen Haͤgen
(Heken) und in allen Winkeln ihre Oerter,
wo man ihnen die geſtohlnen Saͤke ablegte.
Der Chriſtoph, der ſo lange bey ihm
war, und izt aber auch landsfluͤchtig iſt,
waͤre vor 20. Jahren ſchon um deßwillen
beynahe todtgeſchlagen worden. Der Ruͤti-
bauer merkte noch im lezten Jahr, ehe er
vergantet worden, daß es mit ſeiner Frucht
(Korn) nicht richtig gehe, und da er ſeine
Frau, die dem Trunk ſehr ergeben war, im
Verdacht hatte, gab er ſint langem auf ſie
Acht, und ſah' ſie einmal an einem Morgen
faſt vor Tag, mit einem Sak Frucht, ſo
ſchwer ſie tragen moͤchte, zum Haus hinaus
gehen — er ſchlich ihr durch einen Abweg
hinter dem Zaune nach, und ſah' ſie den
Sak in dem Geſtaͤude an der Steig bey dem
Muͤhleweg verbergen, ließ aber die Frau,
ohne ſich zu zeigen, wieder heim, und war-
te-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/296>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.