nahmen ihren Meisterleuten was sie konnten, und brachtens ihm.
Und so wie die Gelüste des Muthwillens und der Einbildung, so brauchte er auch die Noth der Armen zum gleichen Ziel -- er verführte sie mit Speise und Trank, und Geld, das er ihnen auf Dings (Zeit) gab, und zwang sie dann plözlich zu zahlen, was sie nicht hatten, dann stahlen die Armen, und brachtens ihm.
Unter diesen Umständen konnte es nicht an- derst seyn -- Die Liebe und der Glaube und der Friede, der die Menschen segnet und glüklich macht, mußte aus allen Wohnstu- ben weichen, und zwischen Eltern und Kin- dern, zwischen Brüdern und Schwestern, zwischen Mann und Frau war allenthalben der Saame der Zweytracht gesäet -- Und der Saame der Zweytracht, ist der Saame des Lasters und des Unglüks!
Das Laster wuchs izt allenthalben, wie die Frucht, die im Mist steht. Das Hun- derteste kam zwar nicht aus; aber man darf doch die Zahl der Menschen nicht nennen, die in dieser Zeit in Bußenrödeln u. Kriminalak- ten des Schlosses aufgeschrieben sind. -- Jhre Thaten sind die Früchte des Saamens, den dieser unglükliche Mann mit seiner Hand
aus-
nahmen ihren Meiſterleuten was ſie konnten, und brachtens ihm.
Und ſo wie die Geluͤſte des Muthwillens und der Einbildung, ſo brauchte er auch die Noth der Armen zum gleichen Ziel — er verfuͤhrte ſie mit Speiſe und Trank, und Geld, das er ihnen auf Dings (Zeit) gab, und zwang ſie dann ploͤzlich zu zahlen, was ſie nicht hatten, dann ſtahlen die Armen, und brachtens ihm.
Unter dieſen Umſtaͤnden koñte es nicht an- derſt ſeyn — Die Liebe und der Glaube und der Friede, der die Menſchen ſegnet und gluͤklich macht, mußte aus allen Wohnſtu- ben weichen, und zwiſchen Eltern und Kin- dern, zwiſchen Bruͤdern und Schweſtern, zwiſchen Mann und Frau war allenthalben der Saame der Zweytracht geſaͤet — Und der Saame der Zweytracht, iſt der Saame des Laſters und des Ungluͤks!
Das Laſter wuchs izt allenthalben, wie die Frucht, die im Miſt ſteht. Das Hun- derteſte kam zwar nicht aus; aber man darf doch die Zahl der Menſchen nicht neñen, die in dieſer Zeit in Bußenroͤdeln u. Kriminalak- ten des Schloſſes aufgeſchrieben ſind. — Jhre Thaten ſind die Fruͤchte des Saamens, den dieſer ungluͤkliche Mann mit ſeiner Hand
aus-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0294"n="276"/>
nahmen ihren Meiſterleuten was ſie konnten,<lb/>
und brachtens ihm.</p><lb/><p>Und ſo wie die Geluͤſte des Muthwillens<lb/>
und der Einbildung, ſo brauchte er auch<lb/>
die Noth der Armen zum gleichen Ziel —<lb/>
er verfuͤhrte ſie mit Speiſe und Trank, und<lb/>
Geld, das er ihnen auf Dings (Zeit) gab,<lb/>
und zwang ſie dann ploͤzlich zu zahlen, was<lb/>ſie nicht hatten, dann ſtahlen die Armen,<lb/>
und brachtens ihm.</p><lb/><p>Unter dieſen Umſtaͤnden koñte es nicht an-<lb/>
derſt ſeyn — Die Liebe und der Glaube<lb/>
und der Friede, der die Menſchen ſegnet und<lb/>
gluͤklich macht, mußte aus allen Wohnſtu-<lb/>
ben weichen, und zwiſchen Eltern und Kin-<lb/>
dern, zwiſchen Bruͤdern und Schweſtern,<lb/>
zwiſchen Mann und Frau war allenthalben<lb/>
der Saame der Zweytracht geſaͤet — Und<lb/>
der Saame der Zweytracht, iſt der Saame<lb/>
des Laſters und des Ungluͤks!</p><lb/><p>Das Laſter wuchs izt allenthalben, wie<lb/>
die Frucht, die im Miſt ſteht. Das Hun-<lb/>
derteſte kam zwar nicht aus; aber man darf<lb/>
doch die Zahl der Menſchen nicht neñen, die<lb/>
in dieſer Zeit in Bußenroͤdeln u. Kriminalak-<lb/>
ten des Schloſſes aufgeſchrieben ſind. —<lb/>
Jhre Thaten ſind die Fruͤchte des Saamens,<lb/>
den dieſer ungluͤkliche Mann mit ſeiner Hand<lb/><fwplace="bottom"type="catch">aus-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[276/0294]
nahmen ihren Meiſterleuten was ſie konnten,
und brachtens ihm.
Und ſo wie die Geluͤſte des Muthwillens
und der Einbildung, ſo brauchte er auch
die Noth der Armen zum gleichen Ziel —
er verfuͤhrte ſie mit Speiſe und Trank, und
Geld, das er ihnen auf Dings (Zeit) gab,
und zwang ſie dann ploͤzlich zu zahlen, was
ſie nicht hatten, dann ſtahlen die Armen,
und brachtens ihm.
Unter dieſen Umſtaͤnden koñte es nicht an-
derſt ſeyn — Die Liebe und der Glaube
und der Friede, der die Menſchen ſegnet und
gluͤklich macht, mußte aus allen Wohnſtu-
ben weichen, und zwiſchen Eltern und Kin-
dern, zwiſchen Bruͤdern und Schweſtern,
zwiſchen Mann und Frau war allenthalben
der Saame der Zweytracht geſaͤet — Und
der Saame der Zweytracht, iſt der Saame
des Laſters und des Ungluͤks!
Das Laſter wuchs izt allenthalben, wie
die Frucht, die im Miſt ſteht. Das Hun-
derteſte kam zwar nicht aus; aber man darf
doch die Zahl der Menſchen nicht neñen, die
in dieſer Zeit in Bußenroͤdeln u. Kriminalak-
ten des Schloſſes aufgeſchrieben ſind. —
Jhre Thaten ſind die Fruͤchte des Saamens,
den dieſer ungluͤkliche Mann mit ſeiner Hand
aus-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/294>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.