Dem Stiefkinde: Es sey himmelschreyend, was für einen Unterschied seine Eltern zwi- schen ihm und den andern machen.
Dem Knecht, der einen guten Meister hatte: Es sey gut, aber doch auch nicht im- mer, bey einem Esel dienen.
Dem, der einen strengen hatte: Wenn du dich beym Teufel verdinget hättest, du hät- test es nicht schlimmer, als bey deinem Meister.
Und so auch der Magd, wenn sie ihre Meisterleute rühmte, oder wenn sie selbige schalt. -- Und so auch dem Weib, wenn es seinen Mann lobte, und wenn es ihn schalt.
Aber allemal kam das Lied, wenn sie dann vertraulich worden, am End dahinaus: Du bist ein Narr -- oder eine Närrin, daß du dir nicht selber hilfst -- an deinem Plaz würde ich lachen, und dieß und das thun -- das allemal deutsch sagen wollte, "stihl -- was man dir nicht giebt, und bring's mir."
Ach! die Lehre ward so wohl verstanden, daß unser Volk ein Schelmenvolk, und un- sere Haushaltungen elend geworden.
Die Kinder aus der Schul nahmen ihren Eltern was sie konnten, und brachtens ihm -- Die Eheleuthe stahlen sich selbst das Jhre, und brachtens ihm -- Die Dienste
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S 2
Dem Stiefkinde: Es ſey himmelſchreyend, was fuͤr einen Unterſchied ſeine Eltern zwi- ſchen ihm und den andern machen.
Dem Knecht, der einen guten Meiſter hatte: Es ſey gut, aber doch auch nicht im- mer, bey einem Eſel dienen.
Dem, der einen ſtrengen hatte: Wenn du dich beym Teufel verdinget haͤtteſt, du haͤt- teſt es nicht ſchlimmer, als bey deinem Meiſter.
Und ſo auch der Magd, wenn ſie ihre Meiſterleute ruͤhmte, oder wenn ſie ſelbige ſchalt. — Und ſo auch dem Weib, wenn es ſeinen Mann lobte, und wenn es ihn ſchalt.
Aber allemal kam das Lied, wenn ſie dann vertraulich worden, am End dahinaus: Du biſt ein Narr — oder eine Naͤrrin, daß du dir nicht ſelber hilfſt — an deinem Plaz wuͤrde ich lachen, und dieß und das thun — das allemal deutſch ſagen wollte, „ſtihl — was man dir nicht giebt, und bring's mir.“
Ach! die Lehre ward ſo wohl verſtanden, daß unſer Volk ein Schelmenvolk, und un- ſere Haushaltungen elend geworden.
Die Kinder aus der Schul nahmen ihren Eltern was ſie konnten, und brachtens ihm — Die Eheleuthe ſtahlen ſich ſelbſt das Jhre, und brachtens ihm — Die Dienſte
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Dem Stiefkinde: Es ſey himmelſchreyend,
was fuͤr einen Unterſchied ſeine Eltern zwi-
ſchen ihm und den andern machen.
Dem Knecht, der einen guten Meiſter
hatte: Es ſey gut, aber doch auch nicht im-
mer, bey einem Eſel dienen.
Dem, der einen ſtrengen hatte: Wenn du
dich beym Teufel verdinget haͤtteſt, du haͤt-
teſt es nicht ſchlimmer, als bey deinem
Meiſter.
Und ſo auch der Magd, wenn ſie ihre
Meiſterleute ruͤhmte, oder wenn ſie ſelbige
ſchalt. — Und ſo auch dem Weib, wenn
es ſeinen Mann lobte, und wenn es ihn
ſchalt.
Aber allemal kam das Lied, wenn ſie dann
vertraulich worden, am End dahinaus: Du
biſt ein Narr — oder eine Naͤrrin, daß du
dir nicht ſelber hilfſt — an deinem Plaz
wuͤrde ich lachen, und dieß und das thun —
das allemal deutſch ſagen wollte, „ſtihl —
was man dir nicht giebt, und bring's mir.“
Ach! die Lehre ward ſo wohl verſtanden,
daß unſer Volk ein Schelmenvolk, und un-
ſere Haushaltungen elend geworden.
Die Kinder aus der Schul nahmen ihren
Eltern was ſie konnten, und brachtens ihm
— Die Eheleuthe ſtahlen ſich ſelbſt das
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/293>, abgerufen am 22.11.2024.
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