§. 54. Die wahre Regierungs-Weisheit wohnet in Menschen, die also handeln.
Nachmittag legte der Junker der Gemeinde seinen Plan wegen der Waydverthei- lung vor, zeigte ihnen, was sie nie wußten, und nie dachten, daß nämlich mit den Quel- len in den Sumpfgraben mehr als der dritte Theil dieser Wayd zu gutem Mattland ge- macht werden könne, und bewies ihnen über- haupt, daß durch diese Vertheilung ein je- der Gemeindsgenoß 400. bis 500. fl. wah- res Eigenthum erhalten werde. Er nahm die Kosten der Wasserleitung, die sich nach vorläufiger Schazung auf 700. oder 800. fl. belauffen mögten, auf sich, und bestimmte dafür einen Bodenzins, auf eine halbe Ju- chart Mattland 4. bz., um sich den Zins der 700. fl. Vorschusses zu verguten. Er versicherte dabey die Gemeinde, daß sie zu ewigen Zeiten von diesem Land dem Schloß keine weitere Abgaben zahlen müsse.
Er drükte sich über diesen Punkt deutlich also aus: "Das Land ist euer, und euch von euern Vorfahren als Gemeindgut, auf dem
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§. 54. Die wahre Regierungs-Weisheit wohnet in Menſchen, die alſo handeln.
Nachmittag legte der Junker der Gemeinde ſeinen Plan wegen der Waydverthei- lung vor, zeigte ihnen, was ſie nie wußten, und nie dachten, daß naͤmlich mit den Quel- len in den Sumpfgraben mehr als der dritte Theil dieſer Wayd zu gutem Mattland ge- macht werden koͤnne, und bewies ihnen uͤber- haupt, daß durch dieſe Vertheilung ein je- der Gemeindsgenoß 400. bis 500. fl. wah- res Eigenthum erhalten werde. Er nahm die Koſten der Waſſerleitung, die ſich nach vorlaͤufiger Schazung auf 700. oder 800. fl. belauffen moͤgten, auf ſich, und beſtim̃te dafuͤr einen Bodenzins, auf eine halbe Ju- chart Mattland 4. bz., um ſich den Zins der 700. fl. Vorſchuſſes zu verguten. Er verſicherte dabey die Gemeinde, daß ſie zu ewigen Zeiten von dieſem Land dem Schloß keine weitere Abgaben zahlen muͤſſe.
Er druͤkte ſich uͤber dieſen Punkt deutlich alſo aus: „Das Land iſt euer, und euch von euern Vorfahren als Gemeindgut, auf dem
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§. 54.
Die wahre Regierungs-Weisheit
wohnet in Menſchen, die alſo
handeln.
Nachmittag legte der Junker der Gemeinde
ſeinen Plan wegen der Waydverthei-
lung vor, zeigte ihnen, was ſie nie wußten,
und nie dachten, daß naͤmlich mit den Quel-
len in den Sumpfgraben mehr als der dritte
Theil dieſer Wayd zu gutem Mattland ge-
macht werden koͤnne, und bewies ihnen uͤber-
haupt, daß durch dieſe Vertheilung ein je-
der Gemeindsgenoß 400. bis 500. fl. wah-
res Eigenthum erhalten werde. Er nahm
die Koſten der Waſſerleitung, die ſich nach
vorlaͤufiger Schazung auf 700. oder 800. fl.
belauffen moͤgten, auf ſich, und beſtim̃te
dafuͤr einen Bodenzins, auf eine halbe Ju-
chart Mattland 4. bz., um ſich den Zins
der 700. fl. Vorſchuſſes zu verguten. Er
verſicherte dabey die Gemeinde, daß ſie zu
ewigen Zeiten von dieſem Land dem Schloß
keine weitere Abgaben zahlen muͤſſe.
Er druͤkte ſich uͤber dieſen Punkt deutlich
alſo aus: „Das Land iſt euer, und euch von
euern Vorfahren als Gemeindgut, auf dem
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/218>, abgerufen am 23.11.2024.
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