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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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§. 2.
Der Pfarrer mischet sich ins Spiel.

Aber der Pfarrer, der den Unfug vernahm,
und hörte, daß er Morgens noch größer
werden sollte, schrieb noch an gleicher Nacht
an Arner folgenden Brief: --

Hochedelgebohrner, Hochgeachter
Herr!

"Es ist diesen Abend, da der Vogt auf den
"Berg geführt worden, so viel Muth-
"willen mituntergelauffen, daß ich nicht um-
"hin kann, Euer Wohledelgeb. davon Nach-
"richt zu geben, und meine Besorgniß zu äus-
"sern, daß dieser Muthwillen auf den morn-
"drigen Tag noch viel größer werden möchte.
"Es verlautet allgemein, daß von 3. bis 4.
"Stunden her alles zulauffen werde: Und ich
"muß gestehen, es thut mir wehe, vorauszu-
"sehen, daß bey einem so verwirrten Gewüh-
"le die Straffe des unglüklichen Mannes Nie-
"mand bessern, und hingegen ein solcher lau-
"ter Muthwille bey einem so traurigen An-
"laaße das Volk noch mehr verhärten werde:
"-- Jch hätte desnahen gewünscht, meine
"L. Gemeinde am Morgen ganz allein ohne

je-
A 2
§. 2.
Der Pfarrer miſchet ſich ins Spiel.

Aber der Pfarrer, der den Unfug vernahm,
und hoͤrte, daß er Morgens noch groͤßer
werden ſollte, ſchrieb noch an gleicher Nacht
an Arner folgenden Brief: —

Hochedelgebohrner, Hochgeachter
Herr!

Es iſt dieſen Abend, da der Vogt auf den
„Berg gefuͤhrt worden, ſo viel Muth-
„willen mituntergelauffen, daß ich nicht um-
„hin kann, Euer Wohledelgeb. davon Nach-
„richt zu geben, und meine Beſorgniß zu aͤuſ-
„ſern, daß dieſer Muthwillen auf den morn-
„drigen Tag noch viel groͤßer werden moͤchte.
„Es verlautet allgemein, daß von 3. bis 4.
„Stunden her alles zulauffen werde: Und ich
„muß geſtehen, es thut mir wehe, vorauszu-
„ſehen, daß bey einem ſo verwirrten Gewuͤh-
„le die Straffe des ungluͤklichen Mañes Nie-
„mand beſſern, und hingegen ein ſolcher lau-
„ter Muthwille bey einem ſo traurigen An-
„laaße das Volk noch mehr verhaͤrten werde:
„— Jch haͤtte desnahen gewuͤnſcht, meine
„L. Gemeinde am Morgen ganz allein ohne

je-
A 2
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[3/0021] §. 2. Der Pfarrer miſchet ſich ins Spiel. Aber der Pfarrer, der den Unfug vernahm, und hoͤrte, daß er Morgens noch groͤßer werden ſollte, ſchrieb noch an gleicher Nacht an Arner folgenden Brief: — Hochedelgebohrner, Hochgeachter Herr! „Es iſt dieſen Abend, da der Vogt auf den „Berg gefuͤhrt worden, ſo viel Muth- „willen mituntergelauffen, daß ich nicht um- „hin kann, Euer Wohledelgeb. davon Nach- „richt zu geben, und meine Beſorgniß zu aͤuſ- „ſern, daß dieſer Muthwillen auf den morn- „drigen Tag noch viel groͤßer werden moͤchte. „Es verlautet allgemein, daß von 3. bis 4. „Stunden her alles zulauffen werde: Und ich „muß geſtehen, es thut mir wehe, vorauszu- „ſehen, daß bey einem ſo verwirrten Gewuͤh- „le die Straffe des ungluͤklichen Mañes Nie- „mand beſſern, und hingegen ein ſolcher lau- „ter Muthwille bey einem ſo traurigen An- „laaße das Volk noch mehr verhaͤrten werde: „— Jch haͤtte desnahen gewuͤnſcht, meine „L. Gemeinde am Morgen ganz allein ohne je- A 2

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/21>, abgerufen am 21.11.2024.