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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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Einer, der Stikelhauer hieß, sagte sei-
nem Nachbar ins Ohr: "Ein Stük ab der
Allment wär doch nichts so schlimmes."

Und sein Nachbar erwiederte: "Wenn
die 17. nicht wären, so würden unter den
Andern nicht mehr 6. seyn, die nicht auch
gern eins hätten."

Der arme Micheli sagte gar überlaut:
"Wir wollen doch nicht wider unser eigen
Brod seyn."

"Wenn die nicht wieder zurükkommen, so
ist dir kein Mensch dawider" -- sagten ihm
Etliche zur Antwort. --

Aber die Hartknöpfe und die Ehrenver-
wandschaft der 17. strekten die Köpfe so
stark, wo so ein Wort floß, und machten
dir so große Augen, daß es den meisten,
fast eh es heraus war, im Hals erstikte.

Jndessen suchte Arner die 17. im Pfarr-
haus mit Freundlichkeit zu einem freywilli-
gen Bekenntniß zu bringen -- aber es war
umsonst; sie glaubten izt vielmehr, er fürch-
te sich dahinter, daß er so um den Brey
herum rede; der Kalberleder unterbrach ihn
sogar, fast eh er ausgeredt hatte, und sagte:

"Wir wissen und begreiffen nicht, weder
was sie sagen, noch was Jhre Klage ist.

Der Junker antwortete: Wer sind die
Wir, in deren Namen du redest?

Kal-

Einer, der Stikelhauer hieß, ſagte ſei-
nem Nachbar ins Ohr: „Ein Stuͤk ab der
Allment waͤr doch nichts ſo ſchlimmes.“

Und ſein Nachbar erwiederte: „Wenn
die 17. nicht waͤren, ſo wuͤrden unter den
Andern nicht mehr 6. ſeyn, die nicht auch
gern eins haͤtten.“

Der arme Micheli ſagte gar uͤberlaut:
„Wir wollen doch nicht wider unſer eigen
Brod ſeyn.“

„Wenn die nicht wieder zuruͤkkommen, ſo
iſt dir kein Menſch dawider“ — ſagten ihm
Etliche zur Antwort. —

Aber die Hartknoͤpfe und die Ehrenver-
wandſchaft der 17. ſtrekten die Koͤpfe ſo
ſtark, wo ſo ein Wort floß, und machten
dir ſo große Augen, daß es den meiſten,
faſt eh es heraus war, im Hals erſtikte.

Jndeſſen ſuchte Arner die 17. im Pfarr-
haus mit Freundlichkeit zu einem freywilli-
gen Bekenntniß zu bringen — aber es war
umſonſt; ſie glaubten izt vielmehr, er fuͤrch-
te ſich dahinter, daß er ſo um den Brey
herum rede; der Kalberleder unterbrach ihn
ſogar, faſt eh er ausgeredt hatte, und ſagte:

„Wir wiſſen und begreiffen nicht, weder
was ſie ſagen, noch was Jhre Klage iſt.

Der Junker antwortete: Wer ſind die
Wir, in deren Namen du redeſt?

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[159/0177] Einer, der Stikelhauer hieß, ſagte ſei- nem Nachbar ins Ohr: „Ein Stuͤk ab der Allment waͤr doch nichts ſo ſchlimmes.“ Und ſein Nachbar erwiederte: „Wenn die 17. nicht waͤren, ſo wuͤrden unter den Andern nicht mehr 6. ſeyn, die nicht auch gern eins haͤtten.“ Der arme Micheli ſagte gar uͤberlaut: „Wir wollen doch nicht wider unſer eigen Brod ſeyn.“ „Wenn die nicht wieder zuruͤkkommen, ſo iſt dir kein Menſch dawider“ — ſagten ihm Etliche zur Antwort. — Aber die Hartknoͤpfe und die Ehrenver- wandſchaft der 17. ſtrekten die Koͤpfe ſo ſtark, wo ſo ein Wort floß, und machten dir ſo große Augen, daß es den meiſten, faſt eh es heraus war, im Hals erſtikte. Jndeſſen ſuchte Arner die 17. im Pfarr- haus mit Freundlichkeit zu einem freywilli- gen Bekenntniß zu bringen — aber es war umſonſt; ſie glaubten izt vielmehr, er fuͤrch- te ſich dahinter, daß er ſo um den Brey herum rede; der Kalberleder unterbrach ihn ſogar, faſt eh er ausgeredt hatte, und ſagte: „Wir wiſſen und begreiffen nicht, weder was ſie ſagen, noch was Jhre Klage iſt. Der Junker antwortete: Wer ſind die Wir, in deren Namen du redeſt? Kal-

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/177>, abgerufen am 07.05.2024.