Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.Rudi -- da du die Thür aufthatest, meynte Rudi. Du weist doch, daß sie gestorben? Vogt. Jch weiß es freylich: aber ich konn- Rudi. Wir wollen sie izt in Gottes Na- Vogt. Für sie ist es wohl gut, daß sie Rudi. Glaub doch das nicht. -- Vogt. Ja -- ja, Glaub doch das nicht: "Nein, Vogt! Gott sey ewig Lob und an
Rudi — da du die Thuͤr aufthateſt, meynte Rudi. Du weiſt doch, daß ſie geſtorben? Vogt. Jch weiß es freylich: aber ich koñ- Rudi. Wir wollen ſie izt in Gottes Na- Vogt. Fuͤr ſie iſt es wohl gut, daß ſie Rudi. Glaub doch das nicht. — Vogt. Ja — ja, Glaub doch das nicht: „Nein, Vogt! Gott ſey ewig Lob und an
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Rudi — da du die Thuͤr aufthateſt, meynte
ich, deine Mutter komme mit dir, und folge
dir auf dem Fuße nach.
Rudi. Du weiſt doch, daß ſie geſtorben?
Vogt. Jch weiß es freylich: aber ich koñ-
te mir es nicht anderſt vorſtellen, und es iſt
mir noch izt, ſie ſtehe mir vor den Augen. —
Rudi. Wir wollen ſie izt in Gottes Na-
men ruhen laſſen; es iſt ihr, wills Gott,
izt wohl.
Vogt. Fuͤr ſie iſt es wohl gut, daß ſie
geſtorben — Aber mein Gott! fuͤr mich iſt
es anderſt — wenn ſie nur auch noch einen
Augenblik lebte! Gaͤlt Rudi, ſie hats bis
zu ihrem lezten Athemzug noch Gott geklagt,
was ich ihr gethan?
Rudi. Glaub doch das nicht. —
Vogt. Ja — ja, Glaub doch das nicht:
Jch ſehe ſie vor mir, wie ſie auf ihrem Todt-
beth es Gott klagt, was ich ihr gethan, und
Raache uͤber mich ſchreyt — Jch ſeh ſie vor
mir, wie ſie ihr Wehklagen und Rachſchreyen
mit ſich ins Grab nihmt, und todt — todt
noch — das Entſezen uͤber mich zeiget, mit
dem ſie ausgeathmet. —
„Nein, Vogt! Gott ſey ewig Lob und
Dank, das Todtbett der Cathri war nicht,
wie du denkſt: Sie hat in ihren lezten Stun-
den Gott fuͤr dich gebethen, dir verzigen, u.
an
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