sehn werden. Der Tod ist ein Augenblick, der vorüber geht; ich fürchte ihn nicht. Ich weiß, daß mein Erlöser lebt, und daß er, mein Erret- ter, wird über meinen Staub stehen; und nach- dem sich meine Haut wiederum wird über das Gebein gezogen haben; alsdann werde ich in mei- nem Fleisch Gott sehen. Meine Augen werden ihn sehen, und nicht eines andern.
Der Rudi hatte sich jezt wieder erholt, und sagte: so gieb mir deinen Segen Mutter! Will's Gott komme ich dir auch bald nach, ins ewige Leben.
Und dann die Mutter:
Erhöre mich, Vater im Himmel! und gieb deinen Segen meinem Kind -- meinem Kind, dem Einigen, so du mir gegeben hast, und das mir so innig lieb ist -- Rudi! mein Gott und mein Er- löser sey mit dir; und wie er Isaak und Jacob um ihres Vaters Abrahams willen Gutes gethan hat, ach! so möge er auch, um meines Segens wil- len, dir Gutes thun die Fülle; daß dein Herz sich wieder erfreue und frohlocke, und seinen Namen preise.
Höre mich jezt, Rudi! und thue, was ich sage. Lehre deine Kinder Ordnung und Fleiß, daß sie in der Armuth nicht verlegen, unordentlich und lie- derlich werden. Lehre sie auf Gott im Himmel trauen und bauen, und Geschwister an einander blei-
ben
ſehn werden. Der Tod iſt ein Augenblick, der voruͤber geht; ich fuͤrchte ihn nicht. Ich weiß, daß mein Erloͤſer lebt, und daß er, mein Erret- ter, wird uͤber meinen Staub ſtehen; und nach- dem ſich meine Haut wiederum wird uͤber das Gebein gezogen haben; alsdann werde ich in mei- nem Fleiſch Gott ſehen. Meine Augen werden ihn ſehen, und nicht eines andern.
Der Rudi hatte ſich jezt wieder erholt, und ſagte: ſo gieb mir deinen Segen Mutter! Will’s Gott komme ich dir auch bald nach, ins ewige Leben.
Und dann die Mutter:
Erhoͤre mich, Vater im Himmel! und gieb deinen Segen meinem Kind — meinem Kind, dem Einigen, ſo du mir gegeben haſt, und das mir ſo innig lieb iſt — Rudi! mein Gott und mein Er- loͤſer ſey mit dir; und wie er Iſaak und Jacob um ihres Vaters Abrahams willen Gutes gethan hat, ach! ſo moͤge er auch, um meines Segens wil- len, dir Gutes thun die Fuͤlle; daß dein Herz ſich wieder erfreue und frohlocke, und ſeinen Namen preiſe.
Hoͤre mich jezt, Rudi! und thue, was ich ſage. Lehre deine Kinder Ordnung und Fleiß, daß ſie in der Armuth nicht verlegen, unordentlich und lie- derlich werden. Lehre ſie auf Gott im Himmel trauen und bauen, und Geſchwiſter an einander blei-
ben
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ſehn werden. Der Tod iſt ein Augenblick, der
voruͤber geht; ich fuͤrchte ihn nicht. Ich weiß,
daß mein Erloͤſer lebt, und daß er, mein Erret-
ter, wird uͤber meinen Staub ſtehen; und nach-
dem ſich meine Haut wiederum wird uͤber das
Gebein gezogen haben; alsdann werde ich in mei-
nem Fleiſch Gott ſehen. Meine Augen werden
ihn ſehen, und nicht eines andern.
Der Rudi hatte ſich jezt wieder erholt, und
ſagte: ſo gieb mir deinen Segen Mutter! Will’s
Gott komme ich dir auch bald nach, ins ewige
Leben.
Und dann die Mutter:
Erhoͤre mich, Vater im Himmel! und gieb
deinen Segen meinem Kind — meinem Kind, dem
Einigen, ſo du mir gegeben haſt, und das mir ſo
innig lieb iſt — Rudi! mein Gott und mein Er-
loͤſer ſey mit dir; und wie er Iſaak und Jacob um
ihres Vaters Abrahams willen Gutes gethan hat,
ach! ſo moͤge er auch, um meines Segens wil-
len, dir Gutes thun die Fuͤlle; daß dein Herz ſich
wieder erfreue und frohlocke, und ſeinen Namen
preiſe.
Hoͤre mich jezt, Rudi! und thue, was ich ſage.
Lehre deine Kinder Ordnung und Fleiß, daß ſie in
der Armuth nicht verlegen, unordentlich und lie-
derlich werden. Lehre ſie auf Gott im Himmel
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/125>, abgerufen am 24.11.2024.
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