Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

Die mittelländische Race.
October sinkt der Spiegel fast gleichmässig, anfangs nur wenig
rascher als später. Etwa das zwanzigfache seines Wasser-
ergusses im Mai fasst der Nil im October oder er fasst ihn nicht mehr
zwischen den Uferdämmen, sondern sendet ihn links und rechts nach
der Wüste. Befruchtend wirkt der Nil durch die schwebenden
Bestandtheile seines Wassers. Chemisch ist sein Schlamm wieder-
holt untersucht worden1), neuerdings wieder von W. Knop2), wel-
cher letztere sehr wenig organische Stoffe vorfand, dafür aber
bei dem ägyptischen Schlamm von allen bekannten Fein-
erden die höchste Absorption (135) im Verein mit der grössten
Menge (13,42) aufgeschlossener Silicatbasen, demnach den höch-
sten landwirthschaftlichen Nutzrang antraf. Nun wissen wir, dass
der weisse Nil, da er durch Seen hindurchgeht, die wie ein Filter
wirken, arm an schwebenden Mineralien ist und seine grünliche
Farbe nur von Pflanzentheilen herrührt. Seine Wasser dienen also
nur zur Füllung des Bettes, sowie zur Benetzung in den trockenen
Zeiten, aber nicht zur Befruchtung. Diese bringen der blaue Nil
und der Atbara herbei3). Auch andere Ströme überfluthen ihr
Mündungsgebiet, keiner jedoch verbreitet reicheren Segen, als der
Nil. Der hydraulische Mechanismus des grossen Stromes wieder-
holt sich aber nicht zum zweiten Male auf der Erde. Unter dem
Mikroskop gewährt der Nilschlamm den Anblick vollkommen gleich-
artiger Körner von 1/30 bis 1/100 Millim. Durchmesser, welche bei
durchfallendem Lichte in reizenden prismatischen Farben spielen4).
Bekanntlich nimmt der Nil den Atbara als letztes Nebengewässer
auf und durchströmt Sförmig gekrümmt 14 Breitegrade, während
Wüstenwinde begierig an seiner Oberfläche saugen. Auf dieser
Strecke ist gesorgt, dass nicht etwa ein Nebenstrom mit grobem
Gerölle die Feinerde aufs neue wieder verderbe. Von Assuan
oder dem letzten Cataract bis Kairo beträgt das Gefälle 11, von
Kairo abwärts nur 4 Fuss auf 100.000; ja schon von Wadi-Halfa
dem zweiten Cataract bis Assuan hat sich das Gefäll bereits

1) Acht verschiedne Analysen gibt Leonhard Horner, Philosophical
Transactions. vol. 145. London 1855. p. 128.
2) Landwirthschaftliche Versuchsstationen. Bd. 15. 1872. S. 16--18.
3) S. Baker, Die Nilzuflüsse in Abyssinien. Braunschweig 1868. Bd. 1.
S. 48. S. 84. Bd. 2. S. 185.
4) Oscar Fraas, Aus dem Orient. S. 210--211.

Die mittelländische Race.
October sinkt der Spiegel fast gleichmässig, anfangs nur wenig
rascher als später. Etwa das zwanzigfache seines Wasser-
ergusses im Mai fasst der Nil im October oder er fasst ihn nicht mehr
zwischen den Uferdämmen, sondern sendet ihn links und rechts nach
der Wüste. Befruchtend wirkt der Nil durch die schwebenden
Bestandtheile seines Wassers. Chemisch ist sein Schlamm wieder-
holt untersucht worden1), neuerdings wieder von W. Knop2), wel-
cher letztere sehr wenig organische Stoffe vorfand, dafür aber
bei dem ägyptischen Schlamm von allen bekannten Fein-
erden die höchste Absorption (135) im Verein mit der grössten
Menge (13,42) aufgeschlossener Silicatbasen, demnach den höch-
sten landwirthschaftlichen Nutzrang antraf. Nun wissen wir, dass
der weisse Nil, da er durch Seen hindurchgeht, die wie ein Filter
wirken, arm an schwebenden Mineralien ist und seine grünliche
Farbe nur von Pflanzentheilen herrührt. Seine Wasser dienen also
nur zur Füllung des Bettes, sowie zur Benetzung in den trockenen
Zeiten, aber nicht zur Befruchtung. Diese bringen der blaue Nil
und der Atbara herbei3). Auch andere Ströme überfluthen ihr
Mündungsgebiet, keiner jedoch verbreitet reicheren Segen, als der
Nil. Der hydraulische Mechanismus des grossen Stromes wieder-
holt sich aber nicht zum zweiten Male auf der Erde. Unter dem
Mikroskop gewährt der Nilschlamm den Anblick vollkommen gleich-
artiger Körner von 1/30 bis 1/100 Millim. Durchmesser, welche bei
durchfallendem Lichte in reizenden prismatischen Farben spielen4).
Bekanntlich nimmt der Nil den Atbara als letztes Nebengewässer
auf und durchströmt Sförmig gekrümmt 14 Breitegrade, während
Wüstenwinde begierig an seiner Oberfläche saugen. Auf dieser
Strecke ist gesorgt, dass nicht etwa ein Nebenstrom mit grobem
Gerölle die Feinerde aufs neue wieder verderbe. Von Assuan
oder dem letzten Cataract bis Kairo beträgt das Gefälle 11, von
Kairo abwärts nur 4 Fuss auf 100.000; ja schon von Wadi-Halfa
dem zweiten Cataract bis Assuan hat sich das Gefäll bereits

1) Acht verschiedne Analysen gibt Leonhard Horner, Philosophical
Transactions. vol. 145. London 1855. p. 128.
2) Landwirthschaftliche Versuchsstationen. Bd. 15. 1872. S. 16—18.
3) S. Baker, Die Nilzuflüsse in Abyssinien. Braunschweig 1868. Bd. 1.
S. 48. S. 84. Bd. 2. S. 185.
4) Oscar Fraas, Aus dem Orient. S. 210—211.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0546" n="528"/><fw place="top" type="header">Die mittelländische Race.</fw><lb/>
October sinkt der Spiegel fast gleichmässig, anfangs nur wenig<lb/>
rascher als später. Etwa das zwanzigfache seines Wasser-<lb/>
ergusses im Mai fasst der Nil im October oder er fasst ihn nicht mehr<lb/>
zwischen den Uferdämmen, sondern sendet ihn links und rechts nach<lb/>
der Wüste. Befruchtend wirkt der Nil durch die schwebenden<lb/>
Bestandtheile seines Wassers. Chemisch ist sein Schlamm wieder-<lb/>
holt untersucht worden<note place="foot" n="1)">Acht verschiedne Analysen gibt <hi rendition="#g">Leonhard Horner</hi>, Philosophical<lb/>
Transactions. vol. 145. London 1855. p. 128.</note>, neuerdings wieder von W. Knop<note place="foot" n="2)">Landwirthschaftliche Versuchsstationen. Bd. 15. 1872. S. 16&#x2014;18.</note>, wel-<lb/>
cher letztere sehr wenig organische Stoffe vorfand, dafür aber<lb/>
bei dem ägyptischen Schlamm von allen bekannten Fein-<lb/>
erden die höchste Absorption (135) im Verein mit der grössten<lb/>
Menge (13,42) aufgeschlossener Silicatbasen, demnach den höch-<lb/>
sten landwirthschaftlichen Nutzrang antraf. Nun wissen wir, dass<lb/>
der weisse Nil, da er durch Seen hindurchgeht, die wie ein Filter<lb/>
wirken, arm an schwebenden Mineralien ist und seine grünliche<lb/>
Farbe nur von Pflanzentheilen herrührt. Seine Wasser dienen also<lb/>
nur zur Füllung des Bettes, sowie zur Benetzung in den trockenen<lb/>
Zeiten, aber nicht zur Befruchtung. Diese bringen der blaue Nil<lb/>
und der Atbara herbei<note place="foot" n="3)">S. <hi rendition="#g">Baker</hi>, Die Nilzuflüsse in Abyssinien. Braunschweig 1868. Bd. 1.<lb/>
S. 48. S. 84. Bd. 2. S. 185.</note>. Auch andere Ströme überfluthen ihr<lb/>
Mündungsgebiet, keiner jedoch verbreitet reicheren Segen, als der<lb/>
Nil. Der hydraulische Mechanismus des grossen Stromes wieder-<lb/>
holt sich aber nicht zum zweiten Male auf der Erde. Unter dem<lb/>
Mikroskop gewährt der Nilschlamm den Anblick vollkommen gleich-<lb/>
artiger Körner von 1/30 bis 1/100 Millim. Durchmesser, welche bei<lb/>
durchfallendem Lichte in reizenden prismatischen Farben spielen<note place="foot" n="4)"><hi rendition="#g">Oscar Fraas</hi>, Aus dem Orient. S. 210&#x2014;211.</note>.<lb/>
Bekanntlich nimmt der Nil den Atbara als letztes Nebengewässer<lb/>
auf und durchströmt Sförmig gekrümmt 14 Breitegrade, während<lb/>
Wüstenwinde begierig an seiner Oberfläche saugen. Auf dieser<lb/>
Strecke ist gesorgt, dass nicht etwa ein Nebenstrom mit grobem<lb/>
Gerölle die Feinerde aufs neue wieder verderbe. Von Assuan<lb/>
oder dem letzten Cataract bis Kairo beträgt das Gefälle 11, von<lb/>
Kairo abwärts nur 4 Fuss auf 100.000; ja schon von Wadi-Halfa<lb/>
dem zweiten Cataract bis Assuan hat sich das Gefäll bereits<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[528/0546] Die mittelländische Race. October sinkt der Spiegel fast gleichmässig, anfangs nur wenig rascher als später. Etwa das zwanzigfache seines Wasser- ergusses im Mai fasst der Nil im October oder er fasst ihn nicht mehr zwischen den Uferdämmen, sondern sendet ihn links und rechts nach der Wüste. Befruchtend wirkt der Nil durch die schwebenden Bestandtheile seines Wassers. Chemisch ist sein Schlamm wieder- holt untersucht worden 1), neuerdings wieder von W. Knop 2), wel- cher letztere sehr wenig organische Stoffe vorfand, dafür aber bei dem ägyptischen Schlamm von allen bekannten Fein- erden die höchste Absorption (135) im Verein mit der grössten Menge (13,42) aufgeschlossener Silicatbasen, demnach den höch- sten landwirthschaftlichen Nutzrang antraf. Nun wissen wir, dass der weisse Nil, da er durch Seen hindurchgeht, die wie ein Filter wirken, arm an schwebenden Mineralien ist und seine grünliche Farbe nur von Pflanzentheilen herrührt. Seine Wasser dienen also nur zur Füllung des Bettes, sowie zur Benetzung in den trockenen Zeiten, aber nicht zur Befruchtung. Diese bringen der blaue Nil und der Atbara herbei 3). Auch andere Ströme überfluthen ihr Mündungsgebiet, keiner jedoch verbreitet reicheren Segen, als der Nil. Der hydraulische Mechanismus des grossen Stromes wieder- holt sich aber nicht zum zweiten Male auf der Erde. Unter dem Mikroskop gewährt der Nilschlamm den Anblick vollkommen gleich- artiger Körner von 1/30 bis 1/100 Millim. Durchmesser, welche bei durchfallendem Lichte in reizenden prismatischen Farben spielen 4). Bekanntlich nimmt der Nil den Atbara als letztes Nebengewässer auf und durchströmt Sförmig gekrümmt 14 Breitegrade, während Wüstenwinde begierig an seiner Oberfläche saugen. Auf dieser Strecke ist gesorgt, dass nicht etwa ein Nebenstrom mit grobem Gerölle die Feinerde aufs neue wieder verderbe. Von Assuan oder dem letzten Cataract bis Kairo beträgt das Gefälle 11, von Kairo abwärts nur 4 Fuss auf 100.000; ja schon von Wadi-Halfa dem zweiten Cataract bis Assuan hat sich das Gefäll bereits 1) Acht verschiedne Analysen gibt Leonhard Horner, Philosophical Transactions. vol. 145. London 1855. p. 128. 2) Landwirthschaftliche Versuchsstationen. Bd. 15. 1872. S. 16—18. 3) S. Baker, Die Nilzuflüsse in Abyssinien. Braunschweig 1868. Bd. 1. S. 48. S. 84. Bd. 2. S. 185. 4) Oscar Fraas, Aus dem Orient. S. 210—211.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/546
Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/546>, abgerufen am 22.12.2024.