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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Die mittelländische Race.
ursprünglich weit kostbarer, als Bronze, kommen im alten Reiche
nicht vor, sondern erst im neuen1). Wenn man behauptet, dass
die Bildhauerarbeiten aus Granit, die schon unter der vierten
manethonischen Dynastie ausgeführt wurden, ohne eiserne Werk-
zeuge sich nicht hätten herstellen lassen, so übersieht man gänz-
lich, dass die Incaperuaner ebenso grosse Leistungen im Behauen
und Glätten von Steinen ausgeführt haben, in völliger Unbekannt-
schaft mit dem Eisen2).

Es ist schon längt ausgesprochen worden, dass die jährlichen
Ueberschwemmungen des Nils vielfach die Feldmarken verwischten
und die Aegypter frühzeitig genöthigt wurden, sich in der Mess-
kunde zu üben. Indessen dürfen wir uns ihre Leistungen nicht
allzu günstig vorstellen. Die Untersuchungen von Lepsius3) über
die altägyptische Elle haben erwiesen, dass die Maasseinheit nicht
streng bestimmt wurde und die Bauwerke oft grosse Ungenauig-
keiten in der Quantität wahrnehmen lassen. Gleichwohl ist es
nach einer Arbeit von Aloys Sprenger4) sehr glaubwürdig gewor-
den, dass die Aegypter etwa 700 v. Chr. einen Erdbogen von
Syene längs dem Nil gemessen haben. Wie am Beginn unsres
Jahrhunderts deutsche Gelehrte in Paris sich die höheren Weihen
holen zu müssen glaubten, so pilgerten auch wissensdurstige Hel-
lenen nach dem Nillande. Wir wissen es von Pythagoras, Thales
Solon, Anaxagoras, Eudoxus und Herodot, erst Democrit aus Ab-
dera überzeugte sich, dass die Griechen von ägyptischen Geometern
nichts mehr zu lernen hätten.

Aber alle aufgezählten Verdienste der Aegypter um Kunst
und Handwerk, um bürgerliche Gesittung und Wissenschaften
treten in den Hintergrund vor einer Erfindung, welche die Reife
der Gesittung im Abendlande um Jahrtausende beschleunigen
sollte. Am Ausgang des vierten jahrtausend v. Chr. finden wir
bereits hieroglyphische Inschriften des Königs Snefru, also beim
Uebergang von der dritten zur vierten Dynastie5). Die hierogly-

1) Lepsius, l. c. S. 112.
2) Rivero y Tschudi, Antiguedades peruanas. p. 212. p. 231--232.
3) Die altägyptische Elle. Berlin. 1865. S. 5. ff.
4) Ausland 1867. S. 1020.
5) Ebers, Durch Gosen zum Sinai. S. 138--139.

Die mittelländische Race.
ursprünglich weit kostbarer, als Bronze, kommen im alten Reiche
nicht vor, sondern erst im neuen1). Wenn man behauptet, dass
die Bildhauerarbeiten aus Granit, die schon unter der vierten
manethonischen Dynastie ausgeführt wurden, ohne eiserne Werk-
zeuge sich nicht hätten herstellen lassen, so übersieht man gänz-
lich, dass die Incaperuaner ebenso grosse Leistungen im Behauen
und Glätten von Steinen ausgeführt haben, in völliger Unbekannt-
schaft mit dem Eisen2).

Es ist schon längt ausgesprochen worden, dass die jährlichen
Ueberschwemmungen des Nils vielfach die Feldmarken verwischten
und die Aegypter frühzeitig genöthigt wurden, sich in der Mess-
kunde zu üben. Indessen dürfen wir uns ihre Leistungen nicht
allzu günstig vorstellen. Die Untersuchungen von Lepsius3) über
die altägyptische Elle haben erwiesen, dass die Maasseinheit nicht
streng bestimmt wurde und die Bauwerke oft grosse Ungenauig-
keiten in der Quantität wahrnehmen lassen. Gleichwohl ist es
nach einer Arbeit von Aloys Sprenger4) sehr glaubwürdig gewor-
den, dass die Aegypter etwa 700 v. Chr. einen Erdbogen von
Syene längs dem Nil gemessen haben. Wie am Beginn unsres
Jahrhunderts deutsche Gelehrte in Paris sich die höheren Weihen
holen zu müssen glaubten, so pilgerten auch wissensdurstige Hel-
lenen nach dem Nillande. Wir wissen es von Pythagoras, Thales
Solon, Anaxagoras, Eudoxus und Herodot, erst Democrit aus Ab-
dera überzeugte sich, dass die Griechen von ägyptischen Geometern
nichts mehr zu lernen hätten.

Aber alle aufgezählten Verdienste der Aegypter um Kunst
und Handwerk, um bürgerliche Gesittung und Wissenschaften
treten in den Hintergrund vor einer Erfindung, welche die Reife
der Gesittung im Abendlande um Jahrtausende beschleunigen
sollte. Am Ausgang des vierten jahrtausend v. Chr. finden wir
bereits hieroglyphische Inschriften des Königs Snefru, also beim
Uebergang von der dritten zur vierten Dynastie5). Die hierogly-

1) Lepsius, l. c. S. 112.
2) Rivero y Tschudi, Antiguedades peruanas. p. 212. p. 231—232.
3) Die altägyptische Elle. Berlin. 1865. S. 5. ff.
4) Ausland 1867. S. 1020.
5) Ebers, Durch Gosen zum Sinai. S. 138—139.
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[526/0544] Die mittelländische Race. ursprünglich weit kostbarer, als Bronze, kommen im alten Reiche nicht vor, sondern erst im neuen 1). Wenn man behauptet, dass die Bildhauerarbeiten aus Granit, die schon unter der vierten manethonischen Dynastie ausgeführt wurden, ohne eiserne Werk- zeuge sich nicht hätten herstellen lassen, so übersieht man gänz- lich, dass die Incaperuaner ebenso grosse Leistungen im Behauen und Glätten von Steinen ausgeführt haben, in völliger Unbekannt- schaft mit dem Eisen 2). Es ist schon längt ausgesprochen worden, dass die jährlichen Ueberschwemmungen des Nils vielfach die Feldmarken verwischten und die Aegypter frühzeitig genöthigt wurden, sich in der Mess- kunde zu üben. Indessen dürfen wir uns ihre Leistungen nicht allzu günstig vorstellen. Die Untersuchungen von Lepsius 3) über die altägyptische Elle haben erwiesen, dass die Maasseinheit nicht streng bestimmt wurde und die Bauwerke oft grosse Ungenauig- keiten in der Quantität wahrnehmen lassen. Gleichwohl ist es nach einer Arbeit von Aloys Sprenger 4) sehr glaubwürdig gewor- den, dass die Aegypter etwa 700 v. Chr. einen Erdbogen von Syene längs dem Nil gemessen haben. Wie am Beginn unsres Jahrhunderts deutsche Gelehrte in Paris sich die höheren Weihen holen zu müssen glaubten, so pilgerten auch wissensdurstige Hel- lenen nach dem Nillande. Wir wissen es von Pythagoras, Thales Solon, Anaxagoras, Eudoxus und Herodot, erst Democrit aus Ab- dera überzeugte sich, dass die Griechen von ägyptischen Geometern nichts mehr zu lernen hätten. Aber alle aufgezählten Verdienste der Aegypter um Kunst und Handwerk, um bürgerliche Gesittung und Wissenschaften treten in den Hintergrund vor einer Erfindung, welche die Reife der Gesittung im Abendlande um Jahrtausende beschleunigen sollte. Am Ausgang des vierten jahrtausend v. Chr. finden wir bereits hieroglyphische Inschriften des Königs Snefru, also beim Uebergang von der dritten zur vierten Dynastie 5). Die hierogly- 1) Lepsius, l. c. S. 112. 2) Rivero y Tschudi, Antiguedades peruanas. p. 212. p. 231—232. 3) Die altägyptische Elle. Berlin. 1865. S. 5. ff. 4) Ausland 1867. S. 1020. 5) Ebers, Durch Gosen zum Sinai. S. 138—139.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/544>, abgerufen am 23.12.2024.