Das älteste Verfahren der Feuerentzündung hat sich bei den Polynesiern erhalten. Ein Stab wird schräg in der Rinne eines ruhenden Holzstückes so lange hin und her gerieben, bis dieses zu glühen beginnt. Solche Feuergeräthe traf Chamisso auf den Sandwichinseln und der mikronesischen Radakgruppe 1), sie waren jedoch auch unter den übrigen Polynesiern auf Tahiti, Neuseeland, der Samoa- und Tongagruppe 2), ja selbst auf Baladea oder Neu- Caledonien verbreitet 3). Mindere Muskelanstrengung erforderte der Feuerbohrer. Die alterthümlichste Vorrichtung dieser Art wird uns auf den Antillen und an den Küsten des südamerikanischen Fest- landes von Spaniern beschrieben. Zwei Hölzer wurden zusammen geschnürt, zwischen sie ein zugespitzter Stab geklemmt und durch quirlartige Bewegung Feuer entzündet 4). Bald jedoch wurde er- kannt, dass als Unterlage ein einziges Stück genüge, wenn vorher in dieses eine Vertiefung zum Einsetzen des Feuerbohrers einge- schnitten wurde. Dieses Werkzeug, eine der ältesten Erfindungen unsres Geschlechts, kehrt in allen Welttheilen wieder. Wir erkennen es auf bekannten Bildwerken der Altmexicaner 5), es befindet sich noch jetzt in den Händen der Indianer Guayana's 6), sowie der Botocuden Brasiliens 7), in Südafrika bedienen sich seiner die Busch- männer 8), die Kafirn und die Hottentotten 9), auf Ceylon die Vedda 10) und in Australien die dortigen Eingebornen 11). Das Gelingen der Feuerentzündung darf man sich nicht allzuleicht vor- stellen. Die Arbeit ermüdet so stark, dass sich bei den Botocuden am Belmonte immer mehrere beim Quirlen abzulösen pflegten 12).
1) O. v. Kotzebue's Entdeckungsreisen. Weimar 1821. Bd. 3. S. 154.
2)Tylor, Urgeschichte. S. 303.
3)Knoblauch im Ausland 1866. S. 448.
4)Oviedo, Historia general de las Indias. lib. VI, cap. 5. Madrid 1851. tom. I, fol. 172 u. Taf. II fig. 2.
5) Neuerlich wieder abgebildet von O. Caspari, Die Urgeschichte der Menschheit. Leipzig 1873. Bd. 2. S. 55.
6) C. F. Appun im Ausland 1872. S. 968.
7) J. J. v. Tschudi, Reisen durch Südamerika. Leipzig 1860. Bd. 2. S. 278.
8)Fritsch, Eingeborne Südafrikas. S. 440.
9)Kolben's Vorgeb. d. G. Hoffnung. S. 449.
10)Emerson Tennent, Ceylon. tom. II, p. 451.
11) A. Lortsch im Ausland. 1866. S. 700.
12)Prinz-zu Neuwied, Reise nach Brasilien. Bd. 2. S. 18--19.
Die Urzustände des Menschengeschlechtes.
Das älteste Verfahren der Feuerentzündung hat sich bei den Polynesiern erhalten. Ein Stab wird schräg in der Rinne eines ruhenden Holzstückes so lange hin und her gerieben, bis dieses zu glühen beginnt. Solche Feuergeräthe traf Chamisso auf den Sandwichinseln und der mikronesischen Radakgruppe 1), sie waren jedoch auch unter den übrigen Polynesiern auf Tahiti, Neuseeland, der Samoa- und Tongagruppe 2), ja selbst auf Baladea oder Neu- Caledonien verbreitet 3). Mindere Muskelanstrengung erforderte der Feuerbohrer. Die alterthümlichste Vorrichtung dieser Art wird uns auf den Antillen und an den Küsten des südamerikanischen Fest- landes von Spaniern beschrieben. Zwei Hölzer wurden zusammen geschnürt, zwischen sie ein zugespitzter Stab geklemmt und durch quirlartige Bewegung Feuer entzündet 4). Bald jedoch wurde er- kannt, dass als Unterlage ein einziges Stück genüge, wenn vorher in dieses eine Vertiefung zum Einsetzen des Feuerbohrers einge- schnitten wurde. Dieses Werkzeug, eine der ältesten Erfindungen unsres Geschlechts, kehrt in allen Welttheilen wieder. Wir erkennen es auf bekannten Bildwerken der Altmexicaner 5), es befindet sich noch jetzt in den Händen der Indianer Guayana’s 6), sowie der Botocuden Brasiliens 7), in Südafrika bedienen sich seiner die Busch- männer 8), die Kafirn und die Hottentotten 9), auf Ceylon die Vedda 10) und in Australien die dortigen Eingebornen 11). Das Gelingen der Feuerentzündung darf man sich nicht allzuleicht vor- stellen. Die Arbeit ermüdet so stark, dass sich bei den Botocuden am Belmonte immer mehrere beim Quirlen abzulösen pflegten 12).
1) O. v. Kotzebue’s Entdeckungsreisen. Weimar 1821. Bd. 3. S. 154.
2)Tylor, Urgeschichte. S. 303.
3)Knoblauch im Ausland 1866. S. 448.
4)Oviedo, Historia general de las Indias. lib. VI, cap. 5. Madrid 1851. tom. I, fol. 172 u. Taf. II fig. 2.
5) Neuerlich wieder abgebildet von O. Caspari, Die Urgeschichte der Menschheit. Leipzig 1873. Bd. 2. S. 55.
6) C. F. Appun im Ausland 1872. S. 968.
7) J. J. v. Tschudi, Reisen durch Südamerika. Leipzig 1860. Bd. 2. S. 278.
8)Fritsch, Eingeborne Südafrikas. S. 440.
9)Kolben’s Vorgeb. d. G. Hoffnung. S. 449.
10)Emerson Tennent, Ceylon. tom. II, p. 451.
11) A. Lortsch im Ausland. 1866. S. 700.
12)Prinz-zu Neuwied, Reise nach Brasilien. Bd. 2. S. 18—19.
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Die Urzustände des Menschengeschlechtes.
Das älteste Verfahren der Feuerentzündung hat sich bei den
Polynesiern erhalten. Ein Stab wird schräg in der Rinne eines
ruhenden Holzstückes so lange hin und her gerieben, bis dieses
zu glühen beginnt. Solche Feuergeräthe traf Chamisso auf den
Sandwichinseln und der mikronesischen Radakgruppe 1), sie waren
jedoch auch unter den übrigen Polynesiern auf Tahiti, Neuseeland,
der Samoa- und Tongagruppe 2), ja selbst auf Baladea oder Neu-
Caledonien verbreitet 3). Mindere Muskelanstrengung erforderte der
Feuerbohrer. Die alterthümlichste Vorrichtung dieser Art wird uns
auf den Antillen und an den Küsten des südamerikanischen Fest-
landes von Spaniern beschrieben. Zwei Hölzer wurden zusammen
geschnürt, zwischen sie ein zugespitzter Stab geklemmt und durch
quirlartige Bewegung Feuer entzündet 4). Bald jedoch wurde er-
kannt, dass als Unterlage ein einziges Stück genüge, wenn vorher
in dieses eine Vertiefung zum Einsetzen des Feuerbohrers einge-
schnitten wurde. Dieses Werkzeug, eine der ältesten Erfindungen
unsres Geschlechts, kehrt in allen Welttheilen wieder. Wir erkennen
es auf bekannten Bildwerken der Altmexicaner 5), es befindet sich
noch jetzt in den Händen der Indianer Guayana’s 6), sowie der
Botocuden Brasiliens 7), in Südafrika bedienen sich seiner die Busch-
männer 8), die Kafirn und die Hottentotten 9), auf Ceylon die
Vedda 10) und in Australien die dortigen Eingebornen 11). Das
Gelingen der Feuerentzündung darf man sich nicht allzuleicht vor-
stellen. Die Arbeit ermüdet so stark, dass sich bei den Botocuden
am Belmonte immer mehrere beim Quirlen abzulösen pflegten 12).
1) O. v. Kotzebue’s Entdeckungsreisen. Weimar 1821. Bd. 3. S. 154.
2) Tylor, Urgeschichte. S. 303.
3) Knoblauch im Ausland 1866. S. 448.
4) Oviedo, Historia general de las Indias. lib. VI, cap. 5. Madrid 1851.
tom. I, fol. 172 u. Taf. II fig. 2.
5) Neuerlich wieder abgebildet von O. Caspari, Die Urgeschichte der
Menschheit. Leipzig 1873. Bd. 2. S. 55.
6) C. F. Appun im Ausland 1872. S. 968.
7) J. J. v. Tschudi, Reisen durch Südamerika. Leipzig 1860. Bd. 2.
S. 278.
8) Fritsch, Eingeborne Südafrikas. S. 440.
9) Kolben’s Vorgeb. d. G. Hoffnung. S. 449.
10) Emerson Tennent, Ceylon. tom. II, p. 451.
11) A. Lortsch im Ausland. 1866. S. 700.
12) Prinz-zu Neuwied, Reise nach Brasilien. Bd. 2. S. 18—19.
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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/161>, abgerufen am 15.08.2024.
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