niaturkrater Späne zu entzünden, wie Alexander v. Humboldt uns berichtet 1). Ein Menschenalter spendete also die Lavamasse die Möglichkeit, immer von Neuem mit Feuer sich zu versehen. Auf dem Boden mancher Krater, wie bei den Havai-Vulcanen oder wie bei der sogenannten Hölle von Massaya hat aber die glühende Lavamasse ohne Unterlass durch seculäre Zeiten gebrodelt. Ferner fehlt es einzelnen Gegenden nicht an sogenannten Feuerquellen, das heisst an Brunnen, die entzündliche Luftarten, nämlich Kohlen- wasserstoffgas aushauchen. Wir wollen an solche Erscheinungen in den Vereinigten Staten, in China, in Italien, vor Allem aber an die ewigen Feuer der Halbinsel Abscheron bei Baku am caspischen Meere erinnern, welche Tag und Nacht, Winter und Sommer 15 bis 20 Fuss hoch auflodernde Gasstrahlen ausstossen 2) und zu denen aus dem indischen Gudscherat und Multan fromme Parsi oder Feueranbeter wallfahrten, um ihrer Flammengottheit ins Angesicht zu schauen.
Im geschichtlosen Alterthum muss jedoch eine Zeit eingetreten sein, wo der entzündete Gasbrunnen erlosch oder der Lavabach erkaltete und der Mensch auf eine künstliche Feuerbereitung be- dacht sein musste. Das Gelingen dieser Aufgabe, ein grosser Wendepunkt in unserer Sittengeschichte, wurde später erklärt durch den Mythus von Prometheus, der dem höchsten der Götter das Feuer entwendete. Da diese Sage als ein Nationalgut bei den Osseten oder Iron im Kaukasus fortlebt und die Sprache dieses Bergvolkes zur indogermanischen Familie zählt, so muss sie schon vor den späteren Trennungen der arischen Menschenstämme vor- handen gewesen sein; da aber bereits in der Eiszeit an der Schussen- quelle, fern von allen vulkanischen Erscheinungen, Feuer künstlich erzeugt wurde, so dürfen wir in jenem Mythus nicht die Rettung einer geschichtlichen Begebenheit suchen. Wir können uns dafür sogar auf Aeschylus berufen, der im verlornen Schlussstücke seiner Trilogie dem Prometheus die Worte in den Mund legt: 30 Jahr- tausende habe er in Fesseln geschmachtet3), so dass also auch von ihm der Feuerraub weit über die Grenzen menschlicher Zeit- erinnerung zurückverlegt wird.
1) Kosmos. Bd. 4. S. 334. S. 341.
2)Naumann, Geognosie. 2. Aufl. Bd. 1. S. 282.
3) R. Westphal, Prolegomenen zu Aeschylus' Tragödien. Leipzig 1869. S. 216.
Die Urzustände des Menschengeschlechtes.
niaturkrater Späne zu entzünden, wie Alexander v. Humboldt uns berichtet 1). Ein Menschenalter spendete also die Lavamasse die Möglichkeit, immer von Neuem mit Feuer sich zu versehen. Auf dem Boden mancher Krater, wie bei den Havai-Vulcanen oder wie bei der sogenannten Hölle von Massaya hat aber die glühende Lavamasse ohne Unterlass durch seculäre Zeiten gebrodelt. Ferner fehlt es einzelnen Gegenden nicht an sogenannten Feuerquellen, das heisst an Brunnen, die entzündliche Luftarten, nämlich Kohlen- wasserstoffgas aushauchen. Wir wollen an solche Erscheinungen in den Vereinigten Staten, in China, in Italien, vor Allem aber an die ewigen Feuer der Halbinsel Abscheron bei Baku am caspischen Meere erinnern, welche Tag und Nacht, Winter und Sommer 15 bis 20 Fuss hoch auflodernde Gasstrahlen ausstossen 2) und zu denen aus dem indischen Gudscherat und Multan fromme Parsi oder Feueranbeter wallfahrten, um ihrer Flammengottheit ins Angesicht zu schauen.
Im geschichtlosen Alterthum muss jedoch eine Zeit eingetreten sein, wo der entzündete Gasbrunnen erlosch oder der Lavabach erkaltete und der Mensch auf eine künstliche Feuerbereitung be- dacht sein musste. Das Gelingen dieser Aufgabe, ein grosser Wendepunkt in unserer Sittengeschichte, wurde später erklärt durch den Mythus von Prometheus, der dem höchsten der Götter das Feuer entwendete. Da diese Sage als ein Nationalgut bei den Osseten oder Iron im Kaukasus fortlebt und die Sprache dieses Bergvolkes zur indogermanischen Familie zählt, so muss sie schon vor den späteren Trennungen der arischen Menschenstämme vor- handen gewesen sein; da aber bereits in der Eiszeit an der Schussen- quelle, fern von allen vulkanischen Erscheinungen, Feuer künstlich erzeugt wurde, so dürfen wir in jenem Mythus nicht die Rettung einer geschichtlichen Begebenheit suchen. Wir können uns dafür sogar auf Aeschylus berufen, der im verlornen Schlussstücke seiner Trilogie dem Prometheus die Worte in den Mund legt: 30 Jahr- tausende habe er in Fesseln geschmachtet3), so dass also auch von ihm der Feuerraub weit über die Grenzen menschlicher Zeit- erinnerung zurückverlegt wird.
1) Kosmos. Bd. 4. S. 334. S. 341.
2)Naumann, Geognosie. 2. Aufl. Bd. 1. S. 282.
3) R. Westphal, Prolegomenen zu Aeschylus’ Tragödien. Leipzig 1869. S. 216.
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Die Urzustände des Menschengeschlechtes.
niaturkrater Späne zu entzünden, wie Alexander v. Humboldt uns
berichtet 1). Ein Menschenalter spendete also die Lavamasse die
Möglichkeit, immer von Neuem mit Feuer sich zu versehen. Auf
dem Boden mancher Krater, wie bei den Havai-Vulcanen oder wie
bei der sogenannten Hölle von Massaya hat aber die glühende
Lavamasse ohne Unterlass durch seculäre Zeiten gebrodelt. Ferner
fehlt es einzelnen Gegenden nicht an sogenannten Feuerquellen,
das heisst an Brunnen, die entzündliche Luftarten, nämlich Kohlen-
wasserstoffgas aushauchen. Wir wollen an solche Erscheinungen
in den Vereinigten Staten, in China, in Italien, vor Allem aber an
die ewigen Feuer der Halbinsel Abscheron bei Baku am caspischen
Meere erinnern, welche Tag und Nacht, Winter und Sommer 15 bis
20 Fuss hoch auflodernde Gasstrahlen ausstossen 2) und zu denen
aus dem indischen Gudscherat und Multan fromme Parsi oder
Feueranbeter wallfahrten, um ihrer Flammengottheit ins Angesicht
zu schauen.
Im geschichtlosen Alterthum muss jedoch eine Zeit eingetreten
sein, wo der entzündete Gasbrunnen erlosch oder der Lavabach
erkaltete und der Mensch auf eine künstliche Feuerbereitung be-
dacht sein musste. Das Gelingen dieser Aufgabe, ein grosser
Wendepunkt in unserer Sittengeschichte, wurde später erklärt
durch den Mythus von Prometheus, der dem höchsten der Götter
das Feuer entwendete. Da diese Sage als ein Nationalgut bei den
Osseten oder Iron im Kaukasus fortlebt und die Sprache dieses
Bergvolkes zur indogermanischen Familie zählt, so muss sie schon
vor den späteren Trennungen der arischen Menschenstämme vor-
handen gewesen sein; da aber bereits in der Eiszeit an der Schussen-
quelle, fern von allen vulkanischen Erscheinungen, Feuer künstlich
erzeugt wurde, so dürfen wir in jenem Mythus nicht die Rettung
einer geschichtlichen Begebenheit suchen. Wir können uns dafür
sogar auf Aeschylus berufen, der im verlornen Schlussstücke seiner
Trilogie dem Prometheus die Worte in den Mund legt: 30 Jahr-
tausende habe er in Fesseln geschmachtet 3), so dass also auch
von ihm der Feuerraub weit über die Grenzen menschlicher Zeit-
erinnerung zurückverlegt wird.
1) Kosmos. Bd. 4. S. 334. S. 341.
2) Naumann, Geognosie. 2. Aufl. Bd. 1. S. 282.
3) R. Westphal, Prolegomenen zu Aeschylus’ Tragödien. Leipzig 1869.
S. 216.
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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/160>, abgerufen am 16.08.2024.
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