Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.der verborgenen Sünden. Damit ihre Meinung desto stärckern Beyfall erhielte/ ha-ben sie aus dem alten und neuen Testament verschiedene Vorbilder zusammen geklaubet/ und vorgegeben/ in solchen sey die geheime Beichte bereits abgeschildert worden c). Wer sich aber dergleichen einbilden kan/ muß versichert ei- nen starcken Glauben haben/ daß die Geistlichen in ihrem Geschwätz nicht irren können. Er muß die Vernunfft gäntz- lich bey Seite gesetzet/ und sich vorgenommen haben/ niemahls an denen Sätzen der Geistlichkeit zu zweiffeln. Verständige Leute erkennen mehr als zu deutlich/ daß dergleichen Vor- geben ungegründet/ daß es liebliche Träume/ und lachen also darzu; bedauren aber zugleich/ daß man die heilige Schrifft Dallaeus, cit. l. Cap. X--XIII. die von Bellarmino angeführte Sprüche und daraus hergenommene Gründe untersuchet, und solche nach seiner bekanten Geschicklichkeit wiederleget. c) Dergleichen Vorbilder hat abermahls Bellarminus heraus ge-Vorbilder der Beichte im al- ten Testament. klaubet. Er vergehet sich so weit, daß er bereits bey unsern er- sten Eltern, Adam und Eva etwas findet, so zur Beichte dienen soll. Er saget, GOtt habe von dem Cain das Bekäntnüß seiner Sünden verlanget. Man hätte den Aussatz im alten Testament dem Priester offenbahren müssen. Aus denen Stellen Num. V. und Levit. V. will er ebenfalls Vorbilder der geheimen Beichte er- zwingen; anderer wunderlichen Grillen zu geschweigen. Besiehe Dallaeum cit. l. cap. XIV---XIX. Die Sache selbst kommt auf die- ses an: Ob in heiliger Schrifft denen Christen auferleget sey, ihre Sünden entweder überhaupt, oder auch jede insonderheit her- zuzehlen, und denen Kirchen-Dienern zu beichten, und ob denen- selben die Macht gegeben, die Sünden zu erlassen, oder zu be- halten. Wenn man dieses wohl überleget, so fallen alle Gründe, so zur Behauptung der Beichte vorgebracht werden, dahin. Man kan solches aus demjenigen, so bißher gesagt worden, be- reits abnehmen, es soll aber unten noch mit mehrern dargethan werden. d) Jch (Recht der Beicht-Stühle.) k
der verborgenen Suͤnden. Damit ihre Meinung deſto ſtaͤrckern Beyfall erhielte/ ha-ben ſie aus dem alten und neuen Teſtament verſchiedene Vorbilder zuſammen geklaubet/ und vorgegeben/ in ſolchen ſey die geheime Beichte bereits abgeſchildert worden c). Wer ſich aber dergleichen einbilden kan/ muß verſichert ei- nen ſtarcken Glauben haben/ daß die Geiſtlichen in ihrem Geſchwaͤtz nicht irren koͤnnen. Er muß die Vernunfft gaͤntz- lich bey Seite geſetzet/ und ſich vorgenom̃en haben/ niemahls an denen Saͤtzen der Geiſtlichkeit zu zweiffeln. Verſtaͤndige Leute erkennen mehr als zu deutlich/ daß dergleichen Vor- geben ungegruͤndet/ daß es liebliche Traͤume/ und lachen alſo darzu; bedauren aber zugleich/ daß man die heilige Schrifft Dallæus, cit. l. Cap. X--XIII. die von Bellarmino angefuͤhrte Spruͤche und daraus hergenommene Gruͤnde unterſuchet, und ſolche nach ſeiner bekanten Geſchicklichkeit wiederleget. c) Dergleichen Vorbilder hat abermahls Bellarminus heraus ge-Vorbilder der Beichte im al- ten Teſtament. klaubet. Er vergehet ſich ſo weit, daß er bereits bey unſern er- ſten Eltern, Adam und Eva etwas findet, ſo zur Beichte dienen ſoll. Er ſaget, GOtt habe von dem Cain das Bekaͤntnuͤß ſeiner Suͤnden verlanget. Man haͤtte den Auſſatz im alten Teſtament dem Prieſter offenbahren muͤſſen. Aus denen Stellen Num. V. und Levit. V. will er ebenfalls Vorbilder der geheimen Beichte er- zwingen; anderer wunderlichen Grillen zu geſchweigen. Beſiehe Dallæum cit. l. cap. XIV---XIX. Die Sache ſelbſt kommt auf die- ſes an: Ob in heiliger Schrifft denen Chriſten auferleget ſey, ihre Suͤnden entweder uͤberhaupt, oder auch jede inſonderheit her- zuzehlen, und denen Kirchen-Dienern zu beichten, und ob denen- ſelben die Macht gegeben, die Suͤnden zu erlaſſen, oder zu be- halten. Wenn man dieſes wohl uͤberleget, ſo fallen alle Gruͤnde, ſo zur Behauptung der Beichte vorgebracht werden, dahin. Man kan ſolches aus demjenigen, ſo bißher geſagt worden, be- reits abnehmen, es ſoll aber unten noch mit mehrern dargethan werden. d) Jch (Recht der Beicht-Stuͤhle.) k
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der verborgenen Suͤnden.
Damit ihre Meinung deſto ſtaͤrckern Beyfall erhielte/ ha-
ben ſie aus dem alten und neuen Teſtament verſchiedene
Vorbilder zuſammen geklaubet/ und vorgegeben/ in ſolchen
ſey die geheime Beichte bereits abgeſchildert worden c).
Wer ſich aber dergleichen einbilden kan/ muß verſichert ei-
nen ſtarcken Glauben haben/ daß die Geiſtlichen in ihrem
Geſchwaͤtz nicht irren koͤnnen. Er muß die Vernunfft gaͤntz-
lich bey Seite geſetzet/ und ſich vorgenom̃en haben/ niemahls
an denen Saͤtzen der Geiſtlichkeit zu zweiffeln. Verſtaͤndige
Leute erkennen mehr als zu deutlich/ daß dergleichen Vor-
geben ungegruͤndet/ daß es liebliche Traͤume/ und lachen
alſo darzu; bedauren aber zugleich/ daß man die heilige
Schrifft
a)
c) Dergleichen Vorbilder hat abermahls Bellarminus heraus ge-
klaubet. Er vergehet ſich ſo weit, daß er bereits bey unſern er-
ſten Eltern, Adam und Eva etwas findet, ſo zur Beichte dienen
ſoll. Er ſaget, GOtt habe von dem Cain das Bekaͤntnuͤß ſeiner
Suͤnden verlanget. Man haͤtte den Auſſatz im alten Teſtament
dem Prieſter offenbahren muͤſſen. Aus denen Stellen Num. V.
und Levit. V. will er ebenfalls Vorbilder der geheimen Beichte er-
zwingen; anderer wunderlichen Grillen zu geſchweigen. Beſiehe
Dallæum cit. l. cap. XIV---XIX. Die Sache ſelbſt kommt auf die-
ſes an: Ob in heiliger Schrifft denen Chriſten auferleget ſey, ihre
Suͤnden entweder uͤberhaupt, oder auch jede inſonderheit her-
zuzehlen, und denen Kirchen-Dienern zu beichten, und ob denen-
ſelben die Macht gegeben, die Suͤnden zu erlaſſen, oder zu be-
halten. Wenn man dieſes wohl uͤberleget, ſo fallen alle Gruͤnde,
ſo zur Behauptung der Beichte vorgebracht werden, dahin. Man
kan ſolches aus demjenigen, ſo bißher geſagt worden, be-
reits abnehmen, es ſoll aber unten noch mit mehrern dargethan
werden.
d) Jch
a) Dallæus, cit. l. Cap. X--XIII. die von Bellarmino angefuͤhrte
Spruͤche und daraus hergenommene Gruͤnde unterſuchet, und
ſolche nach ſeiner bekanten Geſchicklichkeit wiederleget.
(Recht der Beicht-Stuͤhle.) k
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