löschen hoffe." Wär' ihm Albano ähnlich ge¬ wesen, so hätten sie sich wie kämpfende Hirsche in die Geweihe tödtlich verwickelt; denn die störrische, unbiegsame Tapferkeit des Korsen -- mehr eine sinnliche, so wie Albano's seine mehr eine geistige -- litt kein Gegenwort. Gleich seiner Klasse begehrte er auf seine Rede ein recht starkes Zuwort von Albano; aber dieser sagte: "das ist eben das Große im Kriege, daß man ohne leidenschaftliche Erbitterung, ohne persönliche Feindschaft alles kann und wagt, was der Schwächling nur durch sie ver¬ mag; wahrlich es wäre edler, in der Schlacht einen Geliebten als einen Gehaßten zu töd¬ ten." -- "Tolle Chimären! (sagte der Korse zornig) wie? Du willst die Franzosen tödten und sie doch lieben?" -- Albano's Großsinn warf jede bange Larve ab und sagte: "mit Einem Wort, ich streite einst für die Gallier mit." -- "Du, Falscher? (sagte der Korse) Unmöglich! -- Gegen mich?"-- "Nein, (versetzte Albano,) ich bitte Gott, daß wir uns in jener Stunde nie begegnen." -- "Und ich will ihn recht an¬ flehen, (sagte der Korse,) daß wir uns nicht
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löſchen hoffe.“ Wär' ihm Albano ähnlich ge¬ weſen, ſo hätten ſie ſich wie kämpfende Hirſche in die Geweihe tödtlich verwickelt; denn die ſtörriſche, unbiegſame Tapferkeit des Korſen — mehr eine ſinnliche, ſo wie Albano's ſeine mehr eine geiſtige — litt kein Gegenwort. Gleich ſeiner Klaſſe begehrte er auf ſeine Rede ein recht ſtarkes Zuwort von Albano; aber dieſer ſagte: „das iſt eben das Große im Kriege, daß man ohne leidenſchaftliche Erbitterung, ohne perſönliche Feindſchaft alles kann und wagt, was der Schwächling nur durch ſie ver¬ mag; wahrlich es wäre edler, in der Schlacht einen Geliebten als einen Gehaßten zu töd¬ ten.“ — „Tolle Chimären! (ſagte der Korſe zornig) wie? Du willſt die Franzoſen tödten und ſie doch lieben?“ — Albano's Großſinn warf jede bange Larve ab und ſagte: „mit Einem Wort, ich ſtreite einſt für die Gallier mit.“ — „Du, Falſcher? (ſagte der Korſe) Unmöglich! — Gegen mich?“— „Nein, (verſetzte Albano,) ich bitte Gott, daß wir uns in jener Stunde nie begegnen.“ — „Und ich will ihn recht an¬ flehen, (ſagte der Korſe,) daß wir uns nicht
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löſchen hoffe.“ Wär' ihm Albano ähnlich ge¬
weſen, ſo hätten ſie ſich wie kämpfende Hirſche
in die Geweihe tödtlich verwickelt; denn die
ſtörriſche, unbiegſame Tapferkeit des Korſen —
mehr eine ſinnliche, ſo wie Albano's ſeine mehr
eine geiſtige — litt kein Gegenwort. Gleich
ſeiner Klaſſe begehrte er auf ſeine Rede ein
recht ſtarkes Zuwort von Albano; aber dieſer
ſagte: „das iſt eben das Große im Kriege,
daß man ohne leidenſchaftliche Erbitterung,
ohne perſönliche Feindſchaft alles kann und
wagt, was der Schwächling nur durch ſie ver¬
mag; wahrlich es wäre edler, in der Schlacht
einen Geliebten als einen Gehaßten zu töd¬
ten.“ — „Tolle Chimären! (ſagte der Korſe
zornig) wie? Du willſt die Franzoſen tödten und
ſie doch lieben?“ — Albano's Großſinn warf
jede bange Larve ab und ſagte: „mit Einem
Wort, ich ſtreite einſt für die Gallier mit.“ —
„Du, Falſcher? (ſagte der Korſe) Unmöglich!
— Gegen mich?“— „Nein, (verſetzte Albano,)
ich bitte Gott, daß wir uns in jener Stunde
nie begegnen.“ — „Und ich will ihn recht an¬
flehen, (ſagte der Korſe,) daß wir uns nicht
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/79>, abgerufen am 09.11.2024.
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