Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Körpern die Leichen auslese und das Loos des
Sieges aus den Gräbern ziehe. -- Zwei Völ¬
ker gehen auf die Schlacht-Ebene, die tragi¬
sche Bühne
eines höhern Geistes, um ohne
persönlichen Haß die Todesrollen gegen einan¬
der zu spielen -- still und schwarz liegt die Ge¬
witterwolke auf dem Schlachtfeld -- die Völ¬
ker ziehen hinein in die Wolke und alle ihre
Donner schlagen und düster und allein brennt
die Todesfackel über ihr -- es wird endlich
Licht und zwei Ehrenpforten stehen aufgebauet,
die Todespforte und das Siegesthor, und das
Heer hat sich getheilt und ist durch beide gezo¬
gen, aber durch beide mit Kränzen. -- Und
wenn es vorüber ist, stehen die Todten und die
Lebendigen erhaben in der Welt, weil sie das
Leben nicht geachtet hatten. -- Wenn aber der
große Tag noch größer werden, wenn dem
Geiste das Köstlichste kommen soll, was das
Leben heiligen kann: so stellt Gott einen
Epaminondas, einen Kato, einen Gustav
Adolph vor das geheiligte Heer -- und die
Freiheit ist zugleich die Fahne und die Palme
-- o seelig wer dann lebt oder stirbt für den

Körpern die Leichen ausleſe und das Loos des
Sieges aus den Gräbern ziehe. — Zwei Völ¬
ker gehen auf die Schlacht-Ebene, die tragi¬
ſche Bühne
eines höhern Geiſtes, um ohne
perſönlichen Haß die Todesrollen gegen einan¬
der zu ſpielen — ſtill und ſchwarz liegt die Ge¬
witterwolke auf dem Schlachtfeld — die Völ¬
ker ziehen hinein in die Wolke und alle ihre
Donner ſchlagen und düſter und allein brennt
die Todesfackel über ihr — es wird endlich
Licht und zwei Ehrenpforten ſtehen aufgebauet,
die Todespforte und das Siegesthor, und das
Heer hat ſich getheilt und iſt durch beide gezo¬
gen, aber durch beide mit Kränzen. — Und
wenn es vorüber iſt, ſtehen die Todten und die
Lebendigen erhaben in der Welt, weil ſie das
Leben nicht geachtet hatten. — Wenn aber der
große Tag noch größer werden, wenn dem
Geiſte das Köſtlichſte kommen ſoll, was das
Leben heiligen kann: ſo ſtellt Gott einen
Epaminondas, einen Kato, einen Guſtav
Adolph vor das geheiligte Heer — und die
Freiheit iſt zugleich die Fahne und die Palme
— o ſeelig wer dann lebt oder ſtirbt für den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0065" n="53"/>
Körpern die Leichen ausle&#x017F;e und das Loos des<lb/>
Sieges aus den Gräbern ziehe. &#x2014; Zwei Völ¬<lb/>
ker gehen auf die Schlacht-Ebene, die <hi rendition="#g">tragi¬<lb/>
&#x017F;che Bühne</hi> eines höhern Gei&#x017F;tes, um ohne<lb/>
per&#x017F;önlichen Haß die Todesrollen gegen einan¬<lb/>
der zu &#x017F;pielen &#x2014; &#x017F;till und &#x017F;chwarz liegt die Ge¬<lb/>
witterwolke auf dem Schlachtfeld &#x2014; die Völ¬<lb/>
ker ziehen hinein in die Wolke und alle ihre<lb/>
Donner &#x017F;chlagen und dü&#x017F;ter und allein brennt<lb/>
die Todesfackel über ihr &#x2014; es wird endlich<lb/>
Licht und zwei Ehrenpforten &#x017F;tehen aufgebauet,<lb/>
die Todespforte und das Siegesthor, und das<lb/>
Heer hat &#x017F;ich getheilt und i&#x017F;t durch beide gezo¬<lb/>
gen, aber durch beide mit Kränzen. &#x2014; Und<lb/>
wenn es vorüber i&#x017F;t, &#x017F;tehen die Todten und die<lb/>
Lebendigen erhaben in der Welt, weil &#x017F;ie das<lb/>
Leben nicht geachtet hatten. &#x2014; Wenn aber der<lb/>
große Tag noch größer werden, wenn dem<lb/>
Gei&#x017F;te das Kö&#x017F;tlich&#x017F;te kommen &#x017F;oll, was das<lb/>
Leben heiligen kann: &#x017F;o &#x017F;tellt Gott einen<lb/>
Epaminondas, einen Kato, einen Gu&#x017F;tav<lb/>
Adolph vor das geheiligte Heer &#x2014; und die<lb/>
Freiheit i&#x017F;t zugleich die Fahne und die Palme<lb/>
&#x2014; o &#x017F;eelig wer dann lebt oder &#x017F;tirbt für den<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0065] Körpern die Leichen ausleſe und das Loos des Sieges aus den Gräbern ziehe. — Zwei Völ¬ ker gehen auf die Schlacht-Ebene, die tragi¬ ſche Bühne eines höhern Geiſtes, um ohne perſönlichen Haß die Todesrollen gegen einan¬ der zu ſpielen — ſtill und ſchwarz liegt die Ge¬ witterwolke auf dem Schlachtfeld — die Völ¬ ker ziehen hinein in die Wolke und alle ihre Donner ſchlagen und düſter und allein brennt die Todesfackel über ihr — es wird endlich Licht und zwei Ehrenpforten ſtehen aufgebauet, die Todespforte und das Siegesthor, und das Heer hat ſich getheilt und iſt durch beide gezo¬ gen, aber durch beide mit Kränzen. — Und wenn es vorüber iſt, ſtehen die Todten und die Lebendigen erhaben in der Welt, weil ſie das Leben nicht geachtet hatten. — Wenn aber der große Tag noch größer werden, wenn dem Geiſte das Köſtlichſte kommen ſoll, was das Leben heiligen kann: ſo ſtellt Gott einen Epaminondas, einen Kato, einen Guſtav Adolph vor das geheiligte Heer — und die Freiheit iſt zugleich die Fahne und die Palme — o ſeelig wer dann lebt oder ſtirbt für den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/65
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/65>, abgerufen am 07.05.2024.