mer als einen Juden stumpf; indeß Du in Pestiz fast unduldsam werden mußt schon ge¬ gen den Kontrast der bloßen Gestalt. Sogar der ruhige Dian behauptet, die häßlichen Mas¬ ken der Alten sähen wie die deutschen Gassen- Gesichter und ihre Faunen und andere Thier¬ götter wie edlere Hof-Gesichter aus; ihre Ko¬ pirbilder Alexanders, der Philosophen, der römischen Tyrannen wären, so scharf und pro¬ saisch sie sich auch von ihren poetischen Statüen der Götter abschnitten, den jetzigen Idealen der Mahler gleich.
Thut es da genug, mit Augen voll Bewun¬ derung und gefalteten Händen um die Riesen zu schleichen und dann welk und klein zu ihren Füßen zu verschmachten? Freund, wie oft pries ich in den Tagen des Unmuths die Künstler und Dichter glücklich, die ihre Sehnsucht doch stillen dürfen durch frohe leichte Schöpfun¬ gen, und welche durch schöne Spiele die gros¬ sen Todten feiern, Archimimen der Helden¬ zeit. -- Und doch sind diese schwelgerischen Spiele nur das Glockenspiel am Blitzableiter; es giebt etwas Höheres, Thun ist Leben, darin
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mer als einen Juden ſtumpf; indeß Du in Peſtiz faſt unduldſam werden mußt ſchon ge¬ gen den Kontraſt der bloßen Geſtalt. Sogar der ruhige Dian behauptet, die häßlichen Mas¬ ken der Alten ſähen wie die deutſchen Gaſſen- Geſichter und ihre Faunen und andere Thier¬ götter wie edlere Hof-Geſichter aus; ihre Ko¬ pirbilder Alexanders, der Philoſophen, der römiſchen Tyrannen wären, ſo ſcharf und pro¬ ſaiſch ſie ſich auch von ihren poetiſchen Statüen der Götter abſchnitten, den jetzigen Idealen der Mahler gleich.
Thut es da genug, mit Augen voll Bewun¬ derung und gefalteten Händen um die Rieſen zu ſchleichen und dann welk und klein zu ihren Füßen zu verſchmachten? Freund, wie oft pries ich in den Tagen des Unmuths die Künſtler und Dichter glücklich, die ihre Sehnſucht doch ſtillen dürfen durch frohe leichte Schöpfun¬ gen, und welche durch ſchöne Spiele die gros¬ ſen Todten feiern, Archimimen der Helden¬ zeit. — Und doch ſind dieſe ſchwelgeriſchen Spiele nur das Glockenſpiel am Blitzableiter; es giebt etwas Höheres, Thun iſt Leben, darin
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mer als einen Juden ſtumpf; indeß Du in
Peſtiz faſt unduldſam werden mußt ſchon ge¬
gen den Kontraſt der bloßen Geſtalt. Sogar
der ruhige Dian behauptet, die häßlichen Mas¬
ken der Alten ſähen wie die deutſchen Gaſſen-
Geſichter und ihre Faunen und andere Thier¬
götter wie edlere Hof-Geſichter aus; ihre Ko¬
pirbilder Alexanders, der Philoſophen, der
römiſchen Tyrannen wären, ſo ſcharf und pro¬
ſaiſch ſie ſich auch von ihren poetiſchen Statüen
der Götter abſchnitten, den jetzigen Idealen der
Mahler gleich.
Thut es da genug, mit Augen voll Bewun¬
derung und gefalteten Händen um die Rieſen
zu ſchleichen und dann welk und klein zu ihren
Füßen zu verſchmachten? Freund, wie oft pries
ich in den Tagen des Unmuths die Künſtler
und Dichter glücklich, die ihre Sehnſucht doch
ſtillen dürfen durch frohe leichte Schöpfun¬
gen, und welche durch ſchöne Spiele die gros¬
ſen Todten feiern, Archimimen der Helden¬
zeit. — Und doch ſind dieſe ſchwelgeriſchen
Spiele nur das Glockenſpiel am Blitzableiter;
es giebt etwas Höheres, Thun iſt Leben, darin
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/63>, abgerufen am 16.02.2025.
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