"Zählen Sie mir jede Kleinigkeit seiner Vor¬ zeit, (bat Albano,) jeden Thautropfen aus sei¬ nem Morgenrothe zu, er war so karg mit sei¬ ner dunkeln Geschichte!" -- "Und das gegen jeden (sagte der Fremde). So viel will ich Ihnen einmal aus wahren an Ort und Stelle gesammelten Datis beweisen, daß er ein Hol¬ länder ist wie Hemsterhuis und eigentlich Kees heisset wie Vaillants Affe, woran er Sieben oder Seven gesetzt; denn Siebenkäs ist sein er¬ ster Nahme. Aus der Amsterdammer Bank be¬ zog er seine Intraden. An jedem Neujahrs¬ abend verbrannt' er die Papiere des vorigen Jahrs; und wie seine clavis Leibgeberiana be¬ kannt geworden, begreif' ich noch nicht." -- Darauf erzählte er ihren ersten Nahmen-Wech¬ sel, wo Schoppe von ihm den Nahmen Leibge¬ ber annahm, dann jede Stunde und That sei¬ nes treuen Herzens gegen den vorigen Armen- Advokaten, dann ihren zweiten Nahmentausch, wo Siebenkäs sich nahmentlich begraben ließ und als Leibgeber fortfuhr, und ihren ewigen Abschied in einem voigtländischen Dorf.
Als Siebenkäs hier stand bei der Erzäh¬
K k 2
„Zählen Sie mir jede Kleinigkeit ſeiner Vor¬ zeit, (bat Albano,) jeden Thautropfen aus ſei¬ nem Morgenrothe zu, er war ſo karg mit ſei¬ ner dunkeln Geſchichte!“ — „Und das gegen jeden (ſagte der Fremde). So viel will ich Ihnen einmal aus wahren an Ort und Stelle geſammelten Datis beweiſen, daß er ein Hol¬ länder iſt wie Hemſterhuis und eigentlich Kees heiſſet wie Vaillants Affe, woran er Sieben oder Seven geſetzt; denn Siebenkäs iſt ſein er¬ ſter Nahme. Aus der Amſterdammer Bank be¬ zog er ſeine Intraden. An jedem Neujahrs¬ abend verbrannt' er die Papiere des vorigen Jahrs; und wie ſeine clavis Leibgeberiana be¬ kannt geworden, begreif' ich noch nicht.“ — Darauf erzählte er ihren erſten Nahmen-Wech¬ ſel, wo Schoppe von ihm den Nahmen Leibge¬ ber annahm, dann jede Stunde und That ſei¬ nes treuen Herzens gegen den vorigen Armen- Advokaten, dann ihren zweiten Nahmentauſch, wo Siebenkäs ſich nahmentlich begraben ließ und als Leibgeber fortfuhr, und ihren ewigen Abſchied in einem voigtländiſchen Dorf.
Als Siebenkäs hier ſtand bei der Erzäh¬
K k 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0527"n="515"/><p>„Zählen Sie mir jede Kleinigkeit ſeiner Vor¬<lb/>
zeit, (bat Albano,) jeden Thautropfen aus ſei¬<lb/>
nem Morgenrothe zu, er war ſo karg mit ſei¬<lb/>
ner dunkeln Geſchichte!“—„Und das gegen<lb/>
jeden (ſagte der Fremde). So viel will ich<lb/>
Ihnen einmal aus wahren an Ort und Stelle<lb/>
geſammelten Datis beweiſen, daß er ein Hol¬<lb/>
länder iſt wie Hemſterhuis und eigentlich <hirendition="#aq">Kees</hi><lb/>
heiſſet wie Vaillants Affe, woran er Sieben<lb/>
oder <hirendition="#aq">Seven</hi> geſetzt; denn Siebenkäs iſt ſein er¬<lb/>ſter Nahme. Aus der Amſterdammer Bank be¬<lb/>
zog er ſeine Intraden. An jedem Neujahrs¬<lb/>
abend verbrannt' er die Papiere des vorigen<lb/>
Jahrs; und wie ſeine <hirendition="#aq">clavis Leibgeberiana</hi> be¬<lb/>
kannt geworden, begreif' ich noch nicht.“—<lb/>
Darauf erzählte er ihren erſten Nahmen-Wech¬<lb/>ſel, wo Schoppe von ihm den Nahmen Leibge¬<lb/>
ber annahm, dann jede Stunde und That ſei¬<lb/>
nes treuen Herzens gegen den vorigen Armen-<lb/>
Advokaten, dann ihren zweiten Nahmentauſch,<lb/>
wo Siebenkäs ſich nahmentlich begraben ließ<lb/>
und als Leibgeber fortfuhr, und ihren ewigen<lb/>
Abſchied in einem voigtländiſchen Dorf.</p><lb/><p>Als Siebenkäs hier ſtand bei der Erzäh¬<lb/><fwplace="bottom"type="sig">K k 2<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[515/0527]
„Zählen Sie mir jede Kleinigkeit ſeiner Vor¬
zeit, (bat Albano,) jeden Thautropfen aus ſei¬
nem Morgenrothe zu, er war ſo karg mit ſei¬
ner dunkeln Geſchichte!“ — „Und das gegen
jeden (ſagte der Fremde). So viel will ich
Ihnen einmal aus wahren an Ort und Stelle
geſammelten Datis beweiſen, daß er ein Hol¬
länder iſt wie Hemſterhuis und eigentlich Kees
heiſſet wie Vaillants Affe, woran er Sieben
oder Seven geſetzt; denn Siebenkäs iſt ſein er¬
ſter Nahme. Aus der Amſterdammer Bank be¬
zog er ſeine Intraden. An jedem Neujahrs¬
abend verbrannt' er die Papiere des vorigen
Jahrs; und wie ſeine clavis Leibgeberiana be¬
kannt geworden, begreif' ich noch nicht.“ —
Darauf erzählte er ihren erſten Nahmen-Wech¬
ſel, wo Schoppe von ihm den Nahmen Leibge¬
ber annahm, dann jede Stunde und That ſei¬
nes treuen Herzens gegen den vorigen Armen-
Advokaten, dann ihren zweiten Nahmentauſch,
wo Siebenkäs ſich nahmentlich begraben ließ
und als Leibgeber fortfuhr, und ihren ewigen
Abſchied in einem voigtländiſchen Dorf.
Als Siebenkäs hier ſtand bei der Erzäh¬
K k 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/527>, abgerufen am 15.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.