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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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lung, faßte er die kalte Hand mit den Wor¬
ten: "Schoppe, ich dachte, ich fände Dich erst
bei Gott!" und neigte sich weinend über den
Todten. -- Albano ließ seine Thränen stürzen
und nahm die zweite todte Hand und sagte:
"wir fassen treue, reine, tapfere Hände." --
"Treue, reine, tapfere, (wiederholte Siebenkäs
und sagte mit einem Schoppischen Lächeln:)
sein Hund sieht zu und bezeugt es einmal."
Aber er wurde von der Bewegung blaß und
sah jetzt ganz wie der Todte aus. Da berühr¬
ten er und Albano sinkend sich auf dem kal¬
ten Gesicht und Albano sagte: "sey auch mein
Freund, Lebendiger, wir können uns lieben,
weil er uns liebte. -- Blasser, Deine Gestalt
sey das Siegel meiner Liebe gegen Deinen al¬
ten Freund."

Albano riß jetzt das Fenster auf und zeigte
ihm ein Grab in Osten und eines in Süden
neben dem offnen dritten in der Nacht und
sagte: "so weint' ich dreimal über das Leben."
-- Siebenkäs drückt' ihm die Hand und sagte
bloß: "die Parzen und Furien ziehen auch
mit verbundnen Händen um das Leben, wie

lung, faßte er die kalte Hand mit den Wor¬
ten: „Schoppe, ich dachte, ich fände Dich erſt
bei Gott!“ und neigte ſich weinend über den
Todten. — Albano ließ ſeine Thränen ſtürzen
und nahm die zweite todte Hand und ſagte:
„wir faſſen treue, reine, tapfere Hände.“ —
„Treue, reine, tapfere, (wiederholte Siebenkäs
und ſagte mit einem Schoppiſchen Lächeln:)
ſein Hund ſieht zu und bezeugt es einmal.“
Aber er wurde von der Bewegung blaß und
ſah jetzt ganz wie der Todte aus. Da berühr¬
ten er und Albano ſinkend ſich auf dem kal¬
ten Geſicht und Albano ſagte: „ſey auch mein
Freund, Lebendiger, wir können uns lieben,
weil er uns liebte. — Blaſſer, Deine Geſtalt
ſey das Siegel meiner Liebe gegen Deinen al¬
ten Freund.“

Albano riß jetzt das Fenſter auf und zeigte
ihm ein Grab in Oſten und eines in Süden
neben dem offnen dritten in der Nacht und
ſagte: „ſo weint' ich dreimal über das Leben.“
— Siebenkäs drückt' ihm die Hand und ſagte
bloß: „die Parzen und Furien ziehen auch
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[516/0528] lung, faßte er die kalte Hand mit den Wor¬ ten: „Schoppe, ich dachte, ich fände Dich erſt bei Gott!“ und neigte ſich weinend über den Todten. — Albano ließ ſeine Thränen ſtürzen und nahm die zweite todte Hand und ſagte: „wir faſſen treue, reine, tapfere Hände.“ — „Treue, reine, tapfere, (wiederholte Siebenkäs und ſagte mit einem Schoppiſchen Lächeln:) ſein Hund ſieht zu und bezeugt es einmal.“ Aber er wurde von der Bewegung blaß und ſah jetzt ganz wie der Todte aus. Da berühr¬ ten er und Albano ſinkend ſich auf dem kal¬ ten Geſicht und Albano ſagte: „ſey auch mein Freund, Lebendiger, wir können uns lieben, weil er uns liebte. — Blaſſer, Deine Geſtalt ſey das Siegel meiner Liebe gegen Deinen al¬ ten Freund.“ Albano riß jetzt das Fenſter auf und zeigte ihm ein Grab in Oſten und eines in Süden neben dem offnen dritten in der Nacht und ſagte: „ſo weint' ich dreimal über das Leben.“ — Siebenkäs drückt' ihm die Hand und ſagte bloß: „die Parzen und Furien ziehen auch mit verbundnen Händen um das Leben, wie

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/528>, abgerufen am 15.05.2024.