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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Mantel gewickelt wie gegen böses Wetter, --
blind und taub gegen sich und die Welt --
und wie ein Mensch, der stirbt, den Augen¬
blick erwartend, wo er entweder vernichtet hin¬
abraucht oder neu belebt in göttliche Welten
hinein fliegt.

Als er Lilar betrat, verzerrte sich der Gar¬
ten nicht wie neulich sondern er verschwand ihm
bloß. Er gieng nahe an einigen vermummten
Leuten vorüber, die ein Grab zu machen schie¬
nen: "Unrecht ist's doch, (sagte einer davon,)
er gehört auf den Anger wie jedes Vieh." Al¬
bano blickte hin, sah eine bedeckte Leiche, glaubte
schaudernd, es sey der Selbstmörder, bis er den
zweiten Gräber sagen hörte: "ein Affe, Peter,
wenn er vornehm gehalten wird, in Kleidern,
sieht reputirlicher aus als mancher Mensch,
und ich glaube, er stände auch wieder von
Todten auf, wenn man ihn nur ordentlich
taufte." --

Eben da ihm der Gibbon der Fürstinn,
der hier begraben wurde, wieder jenen gewit¬
tervollen Freitag vor die Seele zog: erblickte
er Linda, unweit des Traumtempels am Arme

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Mantel gewickelt wie gegen böſes Wetter, —
blind und taub gegen ſich und die Welt —
und wie ein Menſch, der ſtirbt, den Augen¬
blick erwartend, wo er entweder vernichtet hin¬
abraucht oder neu belebt in göttliche Welten
hinein fliegt.

Als er Lilar betrat, verzerrte ſich der Gar¬
ten nicht wie neulich ſondern er verſchwand ihm
bloß. Er gieng nahe an einigen vermummten
Leuten vorüber, die ein Grab zu machen ſchie¬
nen: „Unrecht iſt's doch, (ſagte einer davon,)
er gehört auf den Anger wie jedes Vieh.“ Al¬
bano blickte hin, ſah eine bedeckte Leiche, glaubte
ſchaudernd, es ſey der Selbſtmörder, bis er den
zweiten Gräber ſagen hörte: „ein Affe, Peter,
wenn er vornehm gehalten wird, in Kleidern,
ſieht reputirlicher aus als mancher Menſch,
und ich glaube, er ſtände auch wieder von
Todten auf, wenn man ihn nur ordentlich
taufte.“ —

Eben da ihm der Gibbon der Fürſtinn,
der hier begraben wurde, wieder jenen gewit¬
tervollen Freitag vor die Seele zog: erblickte
er Linda, unweit des Traumtempels am Arme

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[419/0431] Mantel gewickelt wie gegen böſes Wetter, — blind und taub gegen ſich und die Welt — und wie ein Menſch, der ſtirbt, den Augen¬ blick erwartend, wo er entweder vernichtet hin¬ abraucht oder neu belebt in göttliche Welten hinein fliegt. Als er Lilar betrat, verzerrte ſich der Gar¬ ten nicht wie neulich ſondern er verſchwand ihm bloß. Er gieng nahe an einigen vermummten Leuten vorüber, die ein Grab zu machen ſchie¬ nen: „Unrecht iſt's doch, (ſagte einer davon,) er gehört auf den Anger wie jedes Vieh.“ Al¬ bano blickte hin, ſah eine bedeckte Leiche, glaubte ſchaudernd, es ſey der Selbſtmörder, bis er den zweiten Gräber ſagen hörte: „ein Affe, Peter, wenn er vornehm gehalten wird, in Kleidern, ſieht reputirlicher aus als mancher Menſch, und ich glaube, er ſtände auch wieder von Todten auf, wenn man ihn nur ordentlich taufte.“ — Eben da ihm der Gibbon der Fürſtinn, der hier begraben wurde, wieder jenen gewit¬ tervollen Freitag vor die Seele zog: erblickte er Linda, unweit des Traumtempels am Arme D d 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/431>, abgerufen am 17.05.2024.