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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Er legte sich auf den Rasen und die Pi¬
stole neben sich und sagte stammelnd: "so lieg'
ich denn in der warmen Asche meines aufge¬
brannten Lebens -- und meine kalte kommt
dazu -- (Er legte seine Doppellorgnette an die
Augen fest und blickte funkelnd hinüber zu
Linda) Ich habe sie am Herzen gehabt, die
göttliche Schönheit, meine ewige Liebe; meine
Tulpe, die sich nun am Abend über der Biene
schließet, damit sie im Blumenkelche sterbe --
auf den Rasen meines Abends ruh' ich und
sterb' ich -- Ich schaue die Holde noch seelig
an -- Ich kann nicht bereuen -- Vergieb nur,
armer Carlos, ich streiche die Schuld mit Blut
durch, aber mit Buß-Thränen kann ich nicht
-- Sollte sich am Ufer der Ewigkeit das, was
die Zeit an diesem Ufer abspühlt, wieder anle¬
gen: so hab' ich's dort schlimm, ich kann mich
dort so wenig ändern als hier." --

Jetzt geschah in der Stadt ein Kanonen¬
schuß, um einen Deserteur anzukündigen. Er
nahm seine Pistole in die Hand: "ja ja, ein
Schuß bedeutet einen Flüchtling, -- auch aus
der Welt -- O wenn hebt sich die scharfe Si¬

Er legte ſich auf den Raſen und die Pi¬
ſtole neben ſich und ſagte ſtammelnd: „ſo lieg'
ich denn in der warmen Aſche meines aufge¬
brannten Lebens — und meine kalte kommt
dazu — (Er legte ſeine Doppellorgnette an die
Augen feſt und blickte funkelnd hinüber zu
Linda) Ich habe ſie am Herzen gehabt, die
göttliche Schönheit, meine ewige Liebe; meine
Tulpe, die ſich nun am Abend über der Biene
ſchließet, damit ſie im Blumenkelche ſterbe —
auf den Raſen meines Abends ruh' ich und
ſterb' ich — Ich ſchaue die Holde noch ſeelig
an — Ich kann nicht bereuen — Vergieb nur,
armer Carlos, ich ſtreiche die Schuld mit Blut
durch, aber mit Buß-Thränen kann ich nicht
— Sollte ſich am Ufer der Ewigkeit das, was
die Zeit an dieſem Ufer abſpühlt, wieder anle¬
gen: ſo hab' ich's dort ſchlimm, ich kann mich
dort ſo wenig ändern als hier.“ —

Jetzt geſchah in der Stadt ein Kanonen¬
ſchuß, um einen Deſerteur anzukündigen. Er
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[408/0420] Er legte ſich auf den Raſen und die Pi¬ ſtole neben ſich und ſagte ſtammelnd: „ſo lieg' ich denn in der warmen Aſche meines aufge¬ brannten Lebens — und meine kalte kommt dazu — (Er legte ſeine Doppellorgnette an die Augen feſt und blickte funkelnd hinüber zu Linda) Ich habe ſie am Herzen gehabt, die göttliche Schönheit, meine ewige Liebe; meine Tulpe, die ſich nun am Abend über der Biene ſchließet, damit ſie im Blumenkelche ſterbe — auf den Raſen meines Abends ruh' ich und ſterb' ich — Ich ſchaue die Holde noch ſeelig an — Ich kann nicht bereuen — Vergieb nur, armer Carlos, ich ſtreiche die Schuld mit Blut durch, aber mit Buß-Thränen kann ich nicht — Sollte ſich am Ufer der Ewigkeit das, was die Zeit an dieſem Ufer abſpühlt, wieder anle¬ gen: ſo hab' ich's dort ſchlimm, ich kann mich dort ſo wenig ändern als hier.“ — Jetzt geſchah in der Stadt ein Kanonen¬ ſchuß, um einen Deſerteur anzukündigen. Er nahm ſeine Piſtole in die Hand: „ja ja, ein Schuß bedeutet einen Flüchtling, — auch aus der Welt — O wenn hebt ſich die ſcharfe Si¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/420>, abgerufen am 22.11.2024.