Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

anzufeuern, damit Du erwüchsest. Man mußte
Dir eine ähnliche Uniform, wie der Wachsmann
trug, anziehen -- ich weiß nicht welche -- Du
fordertest dann keck, um Deinen eignen Mi¬
kromegas schreitend, ihn heraus, aus der Zu¬
kunft in die Gegenwart. Jetzt weißt Du was
Du geworden und magst wohl wieder und mit
mehr Recht so stolz auf den Kleinen herabsehen
wie der Kleine sonst zu dem Großen hinauf.
Ich wollte nie Deinem Oheim diese Maschine
der geistigen Streckbarkeit gutheißen; dabei
hab' ich vor allen Wachs-Marionetten einen
so hassenden Schauder!

Mein einziger Zweck auf der schönen Insel
war die Abreise von ihr und von der schönen
Insulanerinn, sobald ich diese abgemahlt hätte.
Dummes Jahrhundert, sagt' ich, will ich denn
mehr von Dir? Sie saß mir gern -- wie auf
einem Thron -- ich riß, halb im Gewitter
halb im Regenbogen wohnhaft, sie ab und
mußt' ihr natürlich das Bild lassen unkopirt.
Aber, Jüngling, einige Buchstaben, die meinen
damaligen Namen formirten und die ich aufs
Bild an der Stelle des Herzens unter die Was¬

anzufeuern, damit Du erwüchſeſt. Man mußte
Dir eine ähnliche Uniform, wie der Wachsmann
trug, anziehen — ich weiß nicht welche — Du
forderteſt dann keck, um Deinen eignen Mi¬
kromegas ſchreitend, ihn heraus, aus der Zu¬
kunft in die Gegenwart. Jetzt weißt Du was
Du geworden und magſt wohl wieder und mit
mehr Recht ſo ſtolz auf den Kleinen herabſehen
wie der Kleine ſonſt zu dem Großen hinauf.
Ich wollte nie Deinem Oheim dieſe Maſchine
der geiſtigen Streckbarkeit gutheißen; dabei
hab' ich vor allen Wachs-Marionetten einen
ſo haſſenden Schauder!

Mein einziger Zweck auf der ſchönen Inſel
war die Abreiſe von ihr und von der ſchönen
Inſulanerinn, ſobald ich dieſe abgemahlt hätte.
Dummes Jahrhundert, ſagt' ich, will ich denn
mehr von Dir? Sie ſaß mir gern — wie auf
einem Thron — ich riß, halb im Gewitter
halb im Regenbogen wohnhaft, ſie ab und
mußt' ihr natürlich das Bild laſſen unkopirt.
Aber, Jüngling, einige Buchſtaben, die meinen
damaligen Namen formirten und die ich aufs
Bild an der Stelle des Herzens unter die Was¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0315" n="303"/>
anzufeuern, damit Du erwüch&#x017F;e&#x017F;t. Man mußte<lb/>
Dir eine ähnliche Uniform, wie der Wachsmann<lb/>
trug, anziehen &#x2014; ich weiß nicht welche &#x2014; Du<lb/>
forderte&#x017F;t dann keck, um Deinen eignen Mi¬<lb/>
kromegas &#x017F;chreitend, ihn heraus, aus der Zu¬<lb/>
kunft in die Gegenwart. Jetzt weißt Du was<lb/>
Du geworden und mag&#x017F;t wohl wieder und mit<lb/>
mehr Recht &#x017F;o &#x017F;tolz auf den Kleinen herab&#x017F;ehen<lb/>
wie der Kleine &#x017F;on&#x017F;t zu dem Großen hinauf.<lb/>
Ich wollte nie Deinem Oheim die&#x017F;e Ma&#x017F;chine<lb/>
der gei&#x017F;tigen Streckbarkeit gutheißen; dabei<lb/>
hab' ich vor allen Wachs-Marionetten einen<lb/>
&#x017F;o ha&#x017F;&#x017F;enden Schauder!</p><lb/>
          <p>Mein einziger Zweck auf der &#x017F;chönen In&#x017F;el<lb/>
war die Abrei&#x017F;e von ihr und von der &#x017F;chönen<lb/>
In&#x017F;ulanerinn, &#x017F;obald ich die&#x017F;e abgemahlt hätte.<lb/>
Dummes Jahrhundert, &#x017F;agt' ich, will ich denn<lb/>
mehr von Dir? Sie &#x017F;aß mir gern &#x2014; wie auf<lb/>
einem Thron &#x2014; ich riß, halb im Gewitter<lb/>
halb im Regenbogen wohnhaft, &#x017F;ie ab und<lb/>
mußt' ihr natürlich das Bild la&#x017F;&#x017F;en unkopirt.<lb/>
Aber, Jüngling, einige Buch&#x017F;taben, die meinen<lb/>
damaligen Namen formirten und die ich aufs<lb/>
Bild an der Stelle des Herzens unter die Was¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303/0315] anzufeuern, damit Du erwüchſeſt. Man mußte Dir eine ähnliche Uniform, wie der Wachsmann trug, anziehen — ich weiß nicht welche — Du forderteſt dann keck, um Deinen eignen Mi¬ kromegas ſchreitend, ihn heraus, aus der Zu¬ kunft in die Gegenwart. Jetzt weißt Du was Du geworden und magſt wohl wieder und mit mehr Recht ſo ſtolz auf den Kleinen herabſehen wie der Kleine ſonſt zu dem Großen hinauf. Ich wollte nie Deinem Oheim dieſe Maſchine der geiſtigen Streckbarkeit gutheißen; dabei hab' ich vor allen Wachs-Marionetten einen ſo haſſenden Schauder! Mein einziger Zweck auf der ſchönen Inſel war die Abreiſe von ihr und von der ſchönen Inſulanerinn, ſobald ich dieſe abgemahlt hätte. Dummes Jahrhundert, ſagt' ich, will ich denn mehr von Dir? Sie ſaß mir gern — wie auf einem Thron — ich riß, halb im Gewitter halb im Regenbogen wohnhaft, ſie ab und mußt' ihr natürlich das Bild laſſen unkopirt. Aber, Jüngling, einige Buchſtaben, die meinen damaligen Namen formirten und die ich aufs Bild an der Stelle des Herzens unter die Was¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/315
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/315>, abgerufen am 17.05.2024.