Prinzessinn di Lauria, nachher, muthmaß' ich, von einem Vliesritter weggeholt als sein güld¬ nes Vlies. Solche sehen -- sich aus einem Sturmvogel in einen Tauber an der Venus Wagen verwandeln -- von Gespann und Zü¬ gel sich abreißen -- vor jene Göttinn fliegen -- sie in immer engern Kreisen umziehen, das al¬ les war nicht eins, sondern dreierlei. Ich mußte erst zu einem Paradiesvogel wachsen und mich färben, um in ein Paradies zu fliegen; ich mußte nehmlich Mahlerei erlernen, um vor Sie zu dürfen.
Als ich endlich den Portrait-Pinsel und die Silhouetten-Scheere in der Gewalt hatte und an einem Morgen mit beiden vor der Prinzessinn und dem Fürsten erschien, mußt' ich ihn selber mahlen und schneiden; seine Tochter war schon vermählet und heimlich abgereiset; denn Dein Großvater weissagt, (anstatt wie andere ihr Treiben voraus,) seines nur hin¬ tennach und öffnet den Mund bloß zum -- Hören.
Ich schnitt ihn schnell aus, den Mann -- packte ein -- gieng in alle Welt -- nach bei¬
Prinzeſſinn di Lauria, nachher, muthmaß' ich, von einem Vliesritter weggeholt als ſein güld¬ nes Vlies. Solche ſehen — ſich aus einem Sturmvogel in einen Tauber an der Venus Wagen verwandeln — von Geſpann und Zü¬ gel ſich abreißen — vor jene Göttinn fliegen — ſie in immer engern Kreiſen umziehen, das al¬ les war nicht eins, ſondern dreierlei. Ich mußte erſt zu einem Paradiesvogel wachſen und mich färben, um in ein Paradies zu fliegen; ich mußte nehmlich Mahlerei erlernen, um vor Sie zu dürfen.
Als ich endlich den Portrait-Pinſel und die Silhouetten-Scheere in der Gewalt hatte und an einem Morgen mit beiden vor der Prinzeſſinn und dem Fürſten erſchien, mußt' ich ihn ſelber mahlen und ſchneiden; ſeine Tochter war ſchon vermählet und heimlich abgereiſet; denn Dein Großvater weiſſagt, (anſtatt wie andere ihr Treiben voraus,) ſeines nur hin¬ tennach und öffnet den Mund bloß zum — Hören.
Ich ſchnitt ihn ſchnell aus, den Mann — packte ein — gieng in alle Welt — nach bei¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0313"n="301"/>
Prinzeſſinn <hirendition="#aq">di Lauria</hi>, nachher, muthmaß' ich,<lb/>
von einem Vliesritter weggeholt als ſein güld¬<lb/>
nes Vlies. Solche ſehen —ſich aus einem<lb/>
Sturmvogel in einen Tauber an der Venus<lb/>
Wagen verwandeln — von Geſpann und Zü¬<lb/>
gel ſich abreißen — vor jene Göttinn fliegen —<lb/>ſie in immer engern Kreiſen umziehen, das al¬<lb/>
les war nicht eins, ſondern dreierlei. Ich mußte<lb/>
erſt zu einem Paradiesvogel wachſen und mich<lb/>
färben, um in ein Paradies zu fliegen; ich<lb/>
mußte nehmlich Mahlerei erlernen, um vor<lb/>
Sie zu dürfen.</p><lb/><p>Als ich endlich den Portrait-Pinſel und<lb/>
die Silhouetten-Scheere in der Gewalt hatte<lb/>
und an einem Morgen mit beiden vor der<lb/>
Prinzeſſinn und dem Fürſten erſchien, mußt' ich<lb/>
ihn ſelber mahlen und ſchneiden; ſeine Tochter<lb/>
war ſchon vermählet und heimlich abgereiſet;<lb/>
denn Dein Großvater weiſſagt, (anſtatt wie<lb/>
andere ihr Treiben voraus,) ſeines nur hin¬<lb/>
tennach und öffnet den Mund bloß zum —<lb/>
Hören.</p><lb/><p>Ich ſchnitt ihn ſchnell aus, den Mann —<lb/>
packte ein — gieng in alle Welt — nach bei¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[301/0313]
Prinzeſſinn di Lauria, nachher, muthmaß' ich,
von einem Vliesritter weggeholt als ſein güld¬
nes Vlies. Solche ſehen — ſich aus einem
Sturmvogel in einen Tauber an der Venus
Wagen verwandeln — von Geſpann und Zü¬
gel ſich abreißen — vor jene Göttinn fliegen —
ſie in immer engern Kreiſen umziehen, das al¬
les war nicht eins, ſondern dreierlei. Ich mußte
erſt zu einem Paradiesvogel wachſen und mich
färben, um in ein Paradies zu fliegen; ich
mußte nehmlich Mahlerei erlernen, um vor
Sie zu dürfen.
Als ich endlich den Portrait-Pinſel und
die Silhouetten-Scheere in der Gewalt hatte
und an einem Morgen mit beiden vor der
Prinzeſſinn und dem Fürſten erſchien, mußt' ich
ihn ſelber mahlen und ſchneiden; ſeine Tochter
war ſchon vermählet und heimlich abgereiſet;
denn Dein Großvater weiſſagt, (anſtatt wie
andere ihr Treiben voraus,) ſeines nur hin¬
tennach und öffnet den Mund bloß zum —
Hören.
Ich ſchnitt ihn ſchnell aus, den Mann —
packte ein — gieng in alle Welt — nach bei¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/313>, abgerufen am 17.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.