Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

wahrlich ich decke lieber meinen Steiß als mein
Herz auf und bin weniger roth.

Es gab einmal in alten Zeiten eine junge
Zeit, eine voll Feuer und Rosen, wo der alte
Schoppe seines Orts auch jung genug war --
wo der alerte, anschlägige Vogel leicht her¬
aushatte, wo der Hase liegt und die Häsinn --
wo der Mann sich noch mit den bekannten
vier Welttheilen in Güte setzte, oder auch eben
so leicht wie ein Stier, mit dem Horn nach
jeder Fliege stieß -- wo er, jetzt ein Silberfa¬
san kühler Zeit, noch als ein warmer Goldfa¬
san im ganzen Welschland auf- und abschritt
oder flog, und bald auf Buanorotti's Moos
saß, bald auf dem Koliseo, bald auf dem Ät¬
na, bald auf der Peterskuppel, und vor Lust
krähete, die Flügel schlug, und gen Himmel
stieg. --

Es war nehmlich dieselbe Zeit, wo der noch
ungerupfte Sturmvogel einmal in Tivoli sich
durch die Wasserfälle hin - und herschwang,
kostbar seelig war und da gelegentlich -- plötz¬
lich -- oben -- in Vesta's Tempel -- zum er¬
stenmale -- weiter nichts erblickte als -- die

wahrlich ich decke lieber meinen Steiß als mein
Herz auf und bin weniger roth.

Es gab einmal in alten Zeiten eine junge
Zeit, eine voll Feuer und Roſen, wo der alte
Schoppe ſeines Orts auch jung genug war —
wo der alerte, anſchlägige Vogel leicht her¬
aushatte, wo der Haſe liegt und die Häſinn —
wo der Mann ſich noch mit den bekannten
vier Welttheilen in Güte ſetzte, oder auch eben
ſo leicht wie ein Stier, mit dem Horn nach
jeder Fliege ſtieß — wo er, jetzt ein Silberfa¬
ſan kühler Zeit, noch als ein warmer Goldfa¬
ſan im ganzen Welſchland auf- und abſchritt
oder flog, und bald auf Buanorotti's Moos
ſaß, bald auf dem Koliſeo, bald auf dem Ät¬
na, bald auf der Peterskuppel, und vor Luſt
krähete, die Flügel ſchlug, und gen Himmel
ſtieg. —

Es war nehmlich dieſelbe Zeit, wo der noch
ungerupfte Sturmvogel einmal in Tivoli ſich
durch die Waſſerfälle hin - und herſchwang,
koſtbar ſeelig war und da gelegentlich — plötz¬
lich — oben — in Veſta's Tempel — zum er¬
ſtenmale — weiter nichts erblickte als — die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0312" n="300"/>
wahrlich ich decke lieber meinen Steiß als mein<lb/>
Herz auf und bin weniger roth.</p><lb/>
          <p>Es gab einmal in alten Zeiten eine junge<lb/>
Zeit, eine voll Feuer und Ro&#x017F;en, wo der alte<lb/>
Schoppe &#x017F;eines Orts auch jung genug war &#x2014;<lb/>
wo der alerte, an&#x017F;chlägige Vogel leicht her¬<lb/>
aushatte, wo der Ha&#x017F;e liegt und die Hä&#x017F;inn &#x2014;<lb/>
wo der Mann &#x017F;ich noch mit den bekannten<lb/>
vier Welttheilen in Güte &#x017F;etzte, oder auch eben<lb/>
&#x017F;o leicht wie ein Stier, mit dem Horn nach<lb/>
jeder Fliege &#x017F;tieß &#x2014; wo er, jetzt ein Silberfa¬<lb/>
&#x017F;an kühler Zeit, noch als ein warmer Goldfa¬<lb/>
&#x017F;an im ganzen Wel&#x017F;chland auf- und ab&#x017F;chritt<lb/>
oder flog, und bald auf Buanorotti's Moos<lb/>
&#x017F;aß, bald auf dem Koli&#x017F;eo, bald auf dem Ät¬<lb/>
na, bald auf der Peterskuppel, und vor Lu&#x017F;t<lb/>
krähete, die Flügel &#x017F;chlug, und gen Himmel<lb/>
&#x017F;tieg. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Es war nehmlich die&#x017F;elbe Zeit, wo der noch<lb/>
ungerupfte Sturmvogel einmal in Tivoli &#x017F;ich<lb/>
durch die Wa&#x017F;&#x017F;erfälle hin - und her&#x017F;chwang,<lb/>
ko&#x017F;tbar &#x017F;eelig war und da gelegentlich &#x2014; plötz¬<lb/>
lich &#x2014; oben &#x2014; in Ve&#x017F;ta's Tempel &#x2014; zum er¬<lb/>
&#x017F;tenmale &#x2014; weiter nichts erblickte als &#x2014; die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[300/0312] wahrlich ich decke lieber meinen Steiß als mein Herz auf und bin weniger roth. Es gab einmal in alten Zeiten eine junge Zeit, eine voll Feuer und Roſen, wo der alte Schoppe ſeines Orts auch jung genug war — wo der alerte, anſchlägige Vogel leicht her¬ aushatte, wo der Haſe liegt und die Häſinn — wo der Mann ſich noch mit den bekannten vier Welttheilen in Güte ſetzte, oder auch eben ſo leicht wie ein Stier, mit dem Horn nach jeder Fliege ſtieß — wo er, jetzt ein Silberfa¬ ſan kühler Zeit, noch als ein warmer Goldfa¬ ſan im ganzen Welſchland auf- und abſchritt oder flog, und bald auf Buanorotti's Moos ſaß, bald auf dem Koliſeo, bald auf dem Ät¬ na, bald auf der Peterskuppel, und vor Luſt krähete, die Flügel ſchlug, und gen Himmel ſtieg. — Es war nehmlich dieſelbe Zeit, wo der noch ungerupfte Sturmvogel einmal in Tivoli ſich durch die Waſſerfälle hin - und herſchwang, koſtbar ſeelig war und da gelegentlich — plötz¬ lich — oben — in Veſta's Tempel — zum er¬ ſtenmale — weiter nichts erblickte als — die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/312
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/312>, abgerufen am 17.05.2024.