deckt, so war ihr stammendes Herz verborgen; und da er gieng, schloß sie, ohne nachzublicken, seine Schwester an die wallende Brust.
Glanz und Nacht und Duft bestreueten die Himmelsleiter der Terrassen, die er herunter gieng. Leise flog sein Schiff durch den Ster¬ nen- und Blüthen-Schnee, der auf den Wel¬ len wehte -- die Nachtigallen der beiden In¬ seln klangen zusammen -- die Schiffer sangen ihnen frohe Lieder zurück -- die Orangendüfte führte der günstige Wind dem Schiffchen nach; -- aber Albano hatte Herz und Angesicht wei¬ nend nach der versinkenden Pyramide gewandt. Die Schwester hatte allein auf der Höhe nach¬ gesehen, dann war auch diese verschwunden -- die Nachtigallen riefen noch leise nach -- end¬ lich war alles verhüllt. -- Er kehrte sich um nach den blaß-schimmernden Eisgebürgen, wie nach den Leuchtthürmen seiner Fahrt und vom Him¬ mel dieses Tags war ihm nun nichts geblieben als die leitende Liebe, wie der Schiffer dem Magnete folgt, wenn die heiligen Sterne sich verborgen haben und ihn nicht mehr führen.
deckt, ſo war ihr ſtammendes Herz verborgen; und da er gieng, ſchloß ſie, ohne nachzublicken, ſeine Schweſter an die wallende Bruſt.
Glanz und Nacht und Duft beſtreueten die Himmelsleiter der Terraſſen, die er herunter gieng. Leiſe flog ſein Schiff durch den Ster¬ nen- und Blüthen-Schnee, der auf den Wel¬ len wehte — die Nachtigallen der beiden In¬ ſeln klangen zuſammen — die Schiffer ſangen ihnen frohe Lieder zurück — die Orangendüfte führte der günſtige Wind dem Schiffchen nach; — aber Albano hatte Herz und Angeſicht wei¬ nend nach der verſinkenden Pyramide gewandt. Die Schweſter hatte allein auf der Höhe nach¬ geſehen, dann war auch dieſe verſchwunden — die Nachtigallen riefen noch leiſe nach — end¬ lich war alles verhüllt. — Er kehrte ſich um nach den blaß-ſchimmernden Eisgebürgen, wie nach den Leuchtthürmen ſeiner Fahrt und vom Him¬ mel dieſes Tags war ihm nun nichts geblieben als die leitende Liebe, wie der Schiffer dem Magnete folgt, wenn die heiligen Sterne ſich verborgen haben und ihn nicht mehr führen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0264"n="252"/>
deckt, ſo war ihr ſtammendes Herz verborgen;<lb/>
und da er gieng, ſchloß ſie, ohne nachzublicken,<lb/>ſeine Schweſter an die wallende Bruſt.</p><lb/><p>Glanz und Nacht und Duft beſtreueten die<lb/>
Himmelsleiter der Terraſſen, die er herunter<lb/>
gieng. Leiſe flog ſein Schiff durch den Ster¬<lb/>
nen- und Blüthen-Schnee, der auf den Wel¬<lb/>
len wehte — die Nachtigallen der beiden In¬<lb/>ſeln klangen zuſammen — die Schiffer ſangen<lb/>
ihnen frohe Lieder zurück — die Orangendüfte<lb/>
führte der günſtige Wind dem Schiffchen nach;<lb/>— aber Albano hatte Herz und Angeſicht wei¬<lb/>
nend nach der verſinkenden Pyramide gewandt.<lb/>
Die Schweſter hatte allein auf der Höhe nach¬<lb/>
geſehen, dann war auch dieſe verſchwunden —<lb/>
die Nachtigallen riefen noch leiſe nach — end¬<lb/>
lich war alles verhüllt. — Er kehrte ſich um nach<lb/>
den blaß-ſchimmernden Eisgebürgen, wie nach<lb/>
den Leuchtthürmen ſeiner Fahrt und vom Him¬<lb/>
mel dieſes Tags war ihm nun nichts geblieben<lb/>
als die leitende Liebe, wie der Schiffer dem<lb/>
Magnete folgt, wenn die heiligen Sterne ſich<lb/>
verborgen haben und ihn nicht mehr führen.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[252/0264]
deckt, ſo war ihr ſtammendes Herz verborgen;
und da er gieng, ſchloß ſie, ohne nachzublicken,
ſeine Schweſter an die wallende Bruſt.
Glanz und Nacht und Duft beſtreueten die
Himmelsleiter der Terraſſen, die er herunter
gieng. Leiſe flog ſein Schiff durch den Ster¬
nen- und Blüthen-Schnee, der auf den Wel¬
len wehte — die Nachtigallen der beiden In¬
ſeln klangen zuſammen — die Schiffer ſangen
ihnen frohe Lieder zurück — die Orangendüfte
führte der günſtige Wind dem Schiffchen nach;
— aber Albano hatte Herz und Angeſicht wei¬
nend nach der verſinkenden Pyramide gewandt.
Die Schweſter hatte allein auf der Höhe nach¬
geſehen, dann war auch dieſe verſchwunden —
die Nachtigallen riefen noch leiſe nach — end¬
lich war alles verhüllt. — Er kehrte ſich um nach
den blaß-ſchimmernden Eisgebürgen, wie nach
den Leuchtthürmen ſeiner Fahrt und vom Him¬
mel dieſes Tags war ihm nun nichts geblieben
als die leitende Liebe, wie der Schiffer dem
Magnete folgt, wenn die heiligen Sterne ſich
verborgen haben und ihn nicht mehr führen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/264>, abgerufen am 15.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.