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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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lienisch zu improvisiren an. Er sang: "in Apol¬
lo wurde die alte Liebe nach dem vorigen Schä¬
ferlande auf der Erde und nach der verlohrnen
verhüllten Daphne wieder wach -- er stieg vom
Himmel, um beide zu finden -- ihm hatte Ju¬
piter den Momus mitgegeben, der ihm das
Häßliche zeigen sollte, damit er zurückfliege --
als ein schöner lächelnder Jüngling gieng er
über die Inseln, durch die Ruinen der Tem¬
pel, durch ewige Blüthen, vor göttlichen Ge¬
mählden einer unbekannten hehren Jungfrau
mit einem Kinde und vor neuen Tönen vor¬
über, und zog wie über die Zauberkreise einer
schönern neuen Erde. -- Vergeblich zeigte Mo¬
mus ihm die Mönche und Seeräuber, und seine
von der Zeit niedergeworfnen Tempel und ließ
ihn spottend Thermensäulen für Tempelsäulen
nehmen -- der Gott sah hinauf zum hohen
kalten Olymp und sah herab auf dies warme
Land, auf diese große goldne Sonne, diese
hellblauen Nächte, diese ewigblühenden Düfte,
diese Zypressen, diese Myrten- und Lorbeer¬
wälder und sagte: hier ist Elysium, nicht
in der Unterwelt, nicht auf dem Olymp --

lieniſch zu improviſiren an. Er ſang: „in Apol¬
lo wurde die alte Liebe nach dem vorigen Schä¬
ferlande auf der Erde und nach der verlohrnen
verhüllten Daphne wieder wach — er ſtieg vom
Himmel, um beide zu finden — ihm hatte Ju¬
piter den Momus mitgegeben, der ihm das
Häßliche zeigen ſollte, damit er zurückfliege —
als ein ſchöner lächelnder Jüngling gieng er
über die Inſeln, durch die Ruinen der Tem¬
pel, durch ewige Blüthen, vor göttlichen Ge¬
mählden einer unbekannten hehren Jungfrau
mit einem Kinde und vor neuen Tönen vor¬
über, und zog wie über die Zauberkreiſe einer
ſchönern neuen Erde. — Vergeblich zeigte Mo¬
mus ihm die Mönche und Seeräuber, und ſeine
von der Zeit niedergeworfnen Tempel und ließ
ihn ſpottend Thermenſäulen für Tempelſäulen
nehmen — der Gott ſah hinauf zum hohen
kalten Olymp und ſah herab auf dies warme
Land, auf dieſe große goldne Sonne, dieſe
hellblauen Nächte, dieſe ewigblühenden Düfte,
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wälder und ſagte: hier iſt Elyſium, nicht
in der Unterwelt, nicht auf dem Olymp —

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[244/0256] lieniſch zu improviſiren an. Er ſang: „in Apol¬ lo wurde die alte Liebe nach dem vorigen Schä¬ ferlande auf der Erde und nach der verlohrnen verhüllten Daphne wieder wach — er ſtieg vom Himmel, um beide zu finden — ihm hatte Ju¬ piter den Momus mitgegeben, der ihm das Häßliche zeigen ſollte, damit er zurückfliege — als ein ſchöner lächelnder Jüngling gieng er über die Inſeln, durch die Ruinen der Tem¬ pel, durch ewige Blüthen, vor göttlichen Ge¬ mählden einer unbekannten hehren Jungfrau mit einem Kinde und vor neuen Tönen vor¬ über, und zog wie über die Zauberkreiſe einer ſchönern neuen Erde. — Vergeblich zeigte Mo¬ mus ihm die Mönche und Seeräuber, und ſeine von der Zeit niedergeworfnen Tempel und ließ ihn ſpottend Thermenſäulen für Tempelſäulen nehmen — der Gott ſah hinauf zum hohen kalten Olymp und ſah herab auf dies warme Land, auf dieſe große goldne Sonne, dieſe hellblauen Nächte, dieſe ewigblühenden Düfte, dieſe Zypreſſen, dieſe Myrten- und Lorbeer¬ wälder und ſagte: hier iſt Elyſium, nicht in der Unterwelt, nicht auf dem Olymp —

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/256>, abgerufen am 22.11.2024.