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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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angesehen, fand endlich in seinem Gedächtniß
ihren Nahmen und kam zu ihr mit der halb
stolzen halb verlegnen Miene der Künstler ge¬
gen den Stand. Sie kannte ihn nicht wieder.
"Der Grieche Dian, (sagte Albano,) edle Grä¬
finn!" -- Verwundert über des Grafen Erken¬
nung sagte sie zu diesem: "ich kenne Sie nicht."
-- "Meinen Vater kennen Sie, (sagte Albano,)
den Ritter von Cesara." -- "O dio!" rief
die Spanierinn erschrocken, wurde eine Lilie,
eine Rose, eine Flamme, suchte sich zu fassen
und sagte: "wie sonderbar! Eine Freundinn
von Ihnen, die Prinzessinn Julienne, ist auch
hier."

Das Gespräch floß jetzt ebener. Sie sprach
von seinem Vater und drückte als Mündel ihre
Dankbarkeit aus: "es ist eine mächtige Na¬
tur, die sich vor allem Gemeinen bewahrt,"
sagte sie, sogleich gegen die vornehme Sitte
schon theilnehmend von Personen sprechend.
Den Sohn beglückte das Lob auf einen Vater,
er erhöhte es und fragte in froher Erwartung
wie sie seine Kälte nehme.

"Kälte? -- (sagte sie lebhaft,) das Wort,

I 2

angeſehen, fand endlich in ſeinem Gedächtniß
ihren Nahmen und kam zu ihr mit der halb
ſtolzen halb verlegnen Miene der Künſtler ge¬
gen den Stand. Sie kannte ihn nicht wieder.
„Der Grieche Dian, (ſagte Albano,) edle Grä¬
finn!“ — Verwundert über des Grafen Erken¬
nung ſagte ſie zu dieſem: „ich kenne Sie nicht.“
— „Meinen Vater kennen Sie, (ſagte Albano,)
den Ritter von Ceſara.“ — „O dio!“ rief
die Spanierinn erſchrocken, wurde eine Lilie,
eine Roſe, eine Flamme, ſuchte ſich zu faſſen
und ſagte: „wie ſonderbar! Eine Freundinn
von Ihnen, die Prinzeſſinn Julienne, iſt auch
hier.“

Das Geſpräch floß jetzt ebener. Sie ſprach
von ſeinem Vater und drückte als Mündel ihre
Dankbarkeit aus: „es iſt eine mächtige Na¬
tur, die ſich vor allem Gemeinen bewahrt,“
ſagte ſie, ſogleich gegen die vornehme Sitte
ſchon theilnehmend von Perſonen ſprechend.
Den Sohn beglückte das Lob auf einen Vater,
er erhöhte es und fragte in froher Erwartung
wie ſie ſeine Kälte nehme.

„Kälte? — (ſagte ſie lebhaft,) das Wort,

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[131/0143] angeſehen, fand endlich in ſeinem Gedächtniß ihren Nahmen und kam zu ihr mit der halb ſtolzen halb verlegnen Miene der Künſtler ge¬ gen den Stand. Sie kannte ihn nicht wieder. „Der Grieche Dian, (ſagte Albano,) edle Grä¬ finn!“ — Verwundert über des Grafen Erken¬ nung ſagte ſie zu dieſem: „ich kenne Sie nicht.“ — „Meinen Vater kennen Sie, (ſagte Albano,) den Ritter von Ceſara.“ — „O dio!“ rief die Spanierinn erſchrocken, wurde eine Lilie, eine Roſe, eine Flamme, ſuchte ſich zu faſſen und ſagte: „wie ſonderbar! Eine Freundinn von Ihnen, die Prinzeſſinn Julienne, iſt auch hier.“ Das Geſpräch floß jetzt ebener. Sie ſprach von ſeinem Vater und drückte als Mündel ihre Dankbarkeit aus: „es iſt eine mächtige Na¬ tur, die ſich vor allem Gemeinen bewahrt,“ ſagte ſie, ſogleich gegen die vornehme Sitte ſchon theilnehmend von Perſonen ſprechend. Den Sohn beglückte das Lob auf einen Vater, er erhöhte es und fragte in froher Erwartung wie ſie ſeine Kälte nehme. „Kälte? — (ſagte ſie lebhaft,) das Wort, I 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/143>, abgerufen am 02.05.2024.