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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Hier zogen ihn Nachtigallen zuerst mit Tö¬
nen in die Welt herein. Er fand den Namen
Ischia wieder, und sah nun, daß das Schloß
auf dem Felsen und die lange Dächer-Gasse
der Ufer-Stadt voll brennender Lampen stand.
-- Er gieng auf die erleuchtete von Menschen
umlagerte Stelle der Töne zu, und fand eine
ganz in Freudenfeuern stehende Kapelle. Einer
Madonna und ihrem Kinde in der Nische wurde
unter dem geschwätzigen Rausche der Freude und
Andacht eine Nachtmusik vorgespielt. Hier fand
er seine Wirthsleute wieder, die ihn alle im
Jubel ganz vergessen hatten, und Dian sagte:
"ich hätt' Euch schon geweckt, die Nacht und
die Lust währt noch lange."

"Hört und seht doch dort den göttlichen
Vesuvio, der das Fest so recht gut mitfeiert,"
rief Dian, der sich so tief in die Wellen der
Freude eintauchte, als irgend ein Ischianer.
Albano sah hinüber nach der hoch im Ster¬
nenhimmel webenden Flamme, die wie ein Gott
den großen Donner unter sich hatte, und die
Nacht hatte das misenische Vorgebürg wie eine
Wolke neben dem Vulkan aufgerichtet. Neben

Hier zogen ihn Nachtigallen zuerſt mit Tö¬
nen in die Welt herein. Er fand den Namen
Iſchia wieder, und ſah nun, daß das Schloß
auf dem Felſen und die lange Dächer-Gaſſe
der Ufer-Stadt voll brennender Lampen ſtand.
— Er gieng auf die erleuchtete von Menſchen
umlagerte Stelle der Töne zu, und fand eine
ganz in Freudenfeuern ſtehende Kapelle. Einer
Madonna und ihrem Kinde in der Niſche wurde
unter dem geſchwätzigen Rauſche der Freude und
Andacht eine Nachtmuſik vorgeſpielt. Hier fand
er ſeine Wirthsleute wieder, die ihn alle im
Jubel ganz vergeſſen hatten, und Dian ſagte:
„ich hätt' Euch ſchon geweckt, die Nacht und
die Luſt währt noch lange.“

„Hört und ſeht doch dort den göttlichen
Vesuvio, der das Feſt ſo recht gut mitfeiert,“
rief Dian, der ſich ſo tief in die Wellen der
Freude eintauchte, als irgend ein Iſchianer.
Albano ſah hinüber nach der hoch im Ster¬
nenhimmel webenden Flamme, die wie ein Gott
den großen Donner unter ſich hatte, und die
Nacht hatte das miſeniſche Vorgebürg wie eine
Wolke neben dem Vulkan aufgerichtet. Neben

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[125/0137] Hier zogen ihn Nachtigallen zuerſt mit Tö¬ nen in die Welt herein. Er fand den Namen Iſchia wieder, und ſah nun, daß das Schloß auf dem Felſen und die lange Dächer-Gaſſe der Ufer-Stadt voll brennender Lampen ſtand. — Er gieng auf die erleuchtete von Menſchen umlagerte Stelle der Töne zu, und fand eine ganz in Freudenfeuern ſtehende Kapelle. Einer Madonna und ihrem Kinde in der Niſche wurde unter dem geſchwätzigen Rauſche der Freude und Andacht eine Nachtmuſik vorgeſpielt. Hier fand er ſeine Wirthsleute wieder, die ihn alle im Jubel ganz vergeſſen hatten, und Dian ſagte: „ich hätt' Euch ſchon geweckt, die Nacht und die Luſt währt noch lange.“ „Hört und ſeht doch dort den göttlichen Vesuvio, der das Feſt ſo recht gut mitfeiert,“ rief Dian, der ſich ſo tief in die Wellen der Freude eintauchte, als irgend ein Iſchianer. Albano ſah hinüber nach der hoch im Ster¬ nenhimmel webenden Flamme, die wie ein Gott den großen Donner unter ſich hatte, und die Nacht hatte das miſeniſche Vorgebürg wie eine Wolke neben dem Vulkan aufgerichtet. Neben

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/137>, abgerufen am 02.05.2024.