Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Hier vor dem kühlenden See-Zephyr war
das Einschlummern schon der Schlummer, und
das nachklingende Träumen schon der Schlaf.
Sein Traum war ein unaufhörliches Lied, das
sich selber sang: der Morgen ist eine Rose, der
Tag eine Tulpe, die Nacht ist eine Lilie und
der Abend ist wieder ein Morgen.

Er träumte endlich sich in einen langen
Schlaf hinab. -- Spät, im Dunkeln, schlug
er verjüngt wie ein Adam im Paradies das
Auge auf, aber er wußte nicht, wo er war. --
Er hörte fernes süßes Tönen, -- unbekannte
Blüthendüfte durchschwammen die Luft -- er
sah hinaus, der dunkle Himmel war mit gold¬
nen Sternen wie mit feurigen Blüthen bestreuet
-- an der Erde, auf dem Meere schwebten
Lichter-Heere und in tiefer Ferne hieng eine
helle Flamme mitten im Himmel fest. Ein un¬
bekannter Traum verwirrte noch die wirkliche
Bühne mit einer verschwundenen, und Albano
gieng durch das stille menschenleere Haus fort¬
träumend heraus ins Freie wie in eine Gei¬
sterinsel.

Hier vor dem kühlenden See-Zephyr war
das Einſchlummern ſchon der Schlummer, und
das nachklingende Träumen ſchon der Schlaf.
Sein Traum war ein unaufhörliches Lied, das
ſich ſelber ſang: der Morgen iſt eine Roſe, der
Tag eine Tulpe, die Nacht iſt eine Lilie und
der Abend iſt wieder ein Morgen.

Er träumte endlich ſich in einen langen
Schlaf hinab. — Spät, im Dunkeln, ſchlug
er verjüngt wie ein Adam im Paradies das
Auge auf, aber er wußte nicht, wo er war. —
Er hörte fernes ſüßes Tönen, — unbekannte
Blüthendüfte durchſchwammen die Luft — er
ſah hinaus, der dunkle Himmel war mit gold¬
nen Sternen wie mit feurigen Blüthen beſtreuet
— an der Erde, auf dem Meere ſchwebten
Lichter-Heere und in tiefer Ferne hieng eine
helle Flamme mitten im Himmel feſt. Ein un¬
bekannter Traum verwirrte noch die wirkliche
Bühne mit einer verſchwundenen, und Albano
gieng durch das ſtille menſchenleere Haus fort¬
träumend heraus ins Freie wie in eine Gei¬
ſterinſel.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0136" n="124"/>
          <p>Hier vor dem kühlenden See-Zephyr war<lb/>
das Ein&#x017F;chlummern &#x017F;chon der Schlummer, und<lb/>
das nachklingende Träumen &#x017F;chon der Schlaf.<lb/>
Sein Traum war ein unaufhörliches Lied, das<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elber &#x017F;ang: der Morgen i&#x017F;t eine Ro&#x017F;e, der<lb/>
Tag eine Tulpe, die Nacht i&#x017F;t eine Lilie und<lb/>
der Abend i&#x017F;t wieder ein Morgen.</p><lb/>
          <p>Er träumte endlich &#x017F;ich in einen langen<lb/>
Schlaf hinab. &#x2014; Spät, im Dunkeln, &#x017F;chlug<lb/>
er verjüngt wie ein Adam im Paradies das<lb/>
Auge auf, aber er wußte nicht, wo er war. &#x2014;<lb/>
Er hörte fernes &#x017F;üßes Tönen, &#x2014; unbekannte<lb/>
Blüthendüfte durch&#x017F;chwammen die Luft &#x2014; er<lb/>
&#x017F;ah hinaus, der dunkle Himmel war mit gold¬<lb/>
nen Sternen wie mit feurigen Blüthen be&#x017F;treuet<lb/>
&#x2014; an der Erde, auf dem Meere &#x017F;chwebten<lb/>
Lichter-Heere und in tiefer Ferne hieng eine<lb/>
helle Flamme mitten im Himmel fe&#x017F;t. Ein un¬<lb/>
bekannter Traum verwirrte noch die wirkliche<lb/>
Bühne mit einer ver&#x017F;chwundenen, und Albano<lb/>
gieng durch das &#x017F;tille men&#x017F;chenleere Haus fort¬<lb/>
träumend heraus ins Freie wie in eine Gei¬<lb/>
&#x017F;terin&#x017F;el.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0136] Hier vor dem kühlenden See-Zephyr war das Einſchlummern ſchon der Schlummer, und das nachklingende Träumen ſchon der Schlaf. Sein Traum war ein unaufhörliches Lied, das ſich ſelber ſang: der Morgen iſt eine Roſe, der Tag eine Tulpe, die Nacht iſt eine Lilie und der Abend iſt wieder ein Morgen. Er träumte endlich ſich in einen langen Schlaf hinab. — Spät, im Dunkeln, ſchlug er verjüngt wie ein Adam im Paradies das Auge auf, aber er wußte nicht, wo er war. — Er hörte fernes ſüßes Tönen, — unbekannte Blüthendüfte durchſchwammen die Luft — er ſah hinaus, der dunkle Himmel war mit gold¬ nen Sternen wie mit feurigen Blüthen beſtreuet — an der Erde, auf dem Meere ſchwebten Lichter-Heere und in tiefer Ferne hieng eine helle Flamme mitten im Himmel feſt. Ein un¬ bekannter Traum verwirrte noch die wirkliche Bühne mit einer verſchwundenen, und Albano gieng durch das ſtille menſchenleere Haus fort¬ träumend heraus ins Freie wie in eine Gei¬ ſterinſel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/136
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/136>, abgerufen am 02.05.2024.