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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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fallne Orangenblüthen des schnell durchflognen
Edens auf. Hier sind sie:

Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir am
Himmelfahrtstag in Mola an, der eingebohrne
Dian war eben so überwunden von der grü¬
nenden Herrlichkeit, die er lange nicht gesehen,
wie ich und ich glaub' ihm noch nicht, daß es
um Neapel schöner blühe und dufte. Ich gieng
gar nicht in die Stadt, denn die Sonne hieng
schon gegen das Meer. Um mich quillt der
Blumenrauch aus Zitronenwäldern und Jes¬
min- und Narzissen-Auen -- zu meiner Lin¬
ken wirft der blaue Apennin seine Quellen von
Berg zu Berg und zu meiner Rechten dringt
das gewaltige Meer an die gewaltige Erde an
und die Erde streckt den festen Arm aus und
hält eine glänzende Stadt*), mit Gärten be¬
hangen, weit ins Wogen-Gewimmel hinein --
und ins unergründliche Meer sind hohe Inseln
als unergründliche Berge **) hinein geworfen --

*) Gaeta.
**) Die Insel Ischia mit dem Berg Epomeo, so
hoch wie der Vesuv -- Kapri u. s. w.

fallne Orangenblüthen des ſchnell durchflognen
Edens auf. Hier ſind ſie:

Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir am
Himmelfahrtstag in Mola an, der eingebohrne
Dian war eben ſo überwunden von der grü¬
nenden Herrlichkeit, die er lange nicht geſehen,
wie ich und ich glaub' ihm noch nicht, daß es
um Neapel ſchöner blühe und dufte. Ich gieng
gar nicht in die Stadt, denn die Sonne hieng
ſchon gegen das Meer. Um mich quillt der
Blumenrauch aus Zitronenwäldern und Jes¬
min- und Narziſſen-Auen — zu meiner Lin¬
ken wirft der blaue Apennin ſeine Quellen von
Berg zu Berg und zu meiner Rechten dringt
das gewaltige Meer an die gewaltige Erde an
und die Erde ſtreckt den feſten Arm aus und
hält eine glänzende Stadt*), mit Gärten be¬
hangen, weit ins Wogen-Gewimmel hinein —
und ins unergründliche Meer ſind hohe Inſeln
als unergründliche Berge **) hinein geworfen —

*) Gaeta.
**) Die Inſel Iſchia mit dem Berg Epomeo, ſo
hoch wie der Veſuv — Kapri u. ſ. w.
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[103/0115] fallne Orangenblüthen des ſchnell durchflognen Edens auf. Hier ſind ſie: Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir am Himmelfahrtstag in Mola an, der eingebohrne Dian war eben ſo überwunden von der grü¬ nenden Herrlichkeit, die er lange nicht geſehen, wie ich und ich glaub' ihm noch nicht, daß es um Neapel ſchöner blühe und dufte. Ich gieng gar nicht in die Stadt, denn die Sonne hieng ſchon gegen das Meer. Um mich quillt der Blumenrauch aus Zitronenwäldern und Jes¬ min- und Narziſſen-Auen — zu meiner Lin¬ ken wirft der blaue Apennin ſeine Quellen von Berg zu Berg und zu meiner Rechten dringt das gewaltige Meer an die gewaltige Erde an und die Erde ſtreckt den feſten Arm aus und hält eine glänzende Stadt *), mit Gärten be¬ hangen, weit ins Wogen-Gewimmel hinein — und ins unergründliche Meer ſind hohe Inſeln als unergründliche Berge **) hinein geworfen — *) Gaeta. **) Die Inſel Iſchia mit dem Berg Epomeo, ſo hoch wie der Veſuv — Kapri u. ſ. w.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/115>, abgerufen am 02.05.2024.