Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

dieses fremde Irrlicht, dacht' er, in den nächt¬
lichen Kampf aller gegen einander rennenden
Verhältnisse hüpfen! Roquairol schien ohnehin
die zu heftig liebende Rabette mit ihren einsa¬
men Wünschen allein zu lassen; sie schickte wö¬
chentlich ihre durch einen Einschluß an Albano
-- sonst wars umgekehrt -- briefliche Seufzer
und Thränen, die er alle kalt einsteckte, ohne
von ihnen oder der Verlassenen zu sprechen.

Albano -- im Stillen Lianen und Rabetten
abwägend -- beklagte selber das ungleiche Loos
seines übereilten Freundes, über dessen Son¬
nenpferde nur eine Amazone und Titanide, aber
nicht ein gutes Landmädchen den Zügel wer¬
fen konnte und dessen Psyches- und Donnerwa¬
gen ihm zu gut schien zu einem bloßen eheli¬
chen Post- oder Kinderwagen. Erwürgend wird
sich Alles durcheinanderschlingen, dacht' er, wenn
er am Traualtar mit Rabetten kniend zufällig
aufsieht und unter den Zuschauerinnen die un¬
vergeßliche hohe Braut seiner ganzen Jugend
findet und laut das entsagende Ja ausstam¬
meln muß!

dieſes fremde Irrlicht, dacht' er, in den nächt¬
lichen Kampf aller gegen einander rennenden
Verhältniſſe hüpfen! Roquairol ſchien ohnehin
die zu heftig liebende Rabette mit ihren einſa¬
men Wünſchen allein zu laſſen; ſie ſchickte wö¬
chentlich ihre durch einen Einſchluß an Albano
— ſonſt wars umgekehrt — briefliche Seufzer
und Thränen, die er alle kalt einſteckte, ohne
von ihnen oder der Verlaſſenen zu ſprechen.

Albano — im Stillen Lianen und Rabetten
abwägend — beklagte ſelber das ungleiche Loos
ſeines übereilten Freundes, über deſſen Son¬
nenpferde nur eine Amazone und Titanide, aber
nicht ein gutes Landmädchen den Zügel wer¬
fen konnte und deſſen Pſyches- und Donnerwa¬
gen ihm zu gut ſchien zu einem bloßen eheli¬
chen Poſt- oder Kinderwagen. Erwürgend wird
ſich Alles durcheinanderſchlingen, dacht' er, wenn
er am Traualtar mit Rabetten kniend zufällig
aufſieht und unter den Zuſchauerinnen die un¬
vergeßliche hohe Braut ſeiner ganzen Jugend
findet und laut das entſagende Ja ausſtam¬
meln muß!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0272" n="260"/>
die&#x017F;es fremde Irrlicht, dacht' er, in den nächt¬<lb/>
lichen Kampf aller gegen einander rennenden<lb/>
Verhältni&#x017F;&#x017F;e hüpfen! Roquairol &#x017F;chien ohnehin<lb/>
die zu heftig liebende Rabette mit ihren ein&#x017F;<lb/>
men Wün&#x017F;chen allein zu la&#x017F;&#x017F;en; &#x017F;ie &#x017F;chickte wö¬<lb/>
chentlich ihre durch einen Ein&#x017F;chluß an Albano<lb/>
&#x2014; &#x017F;on&#x017F;t wars umgekehrt &#x2014; briefliche Seufzer<lb/>
und Thränen, die er alle kalt ein&#x017F;teckte, ohne<lb/>
von ihnen oder der Verla&#x017F;&#x017F;enen zu &#x017F;prechen.</p><lb/>
          <p>Albano &#x2014; im Stillen Lianen und Rabetten<lb/>
abwägend &#x2014; beklagte &#x017F;elber das ungleiche Loos<lb/>
&#x017F;eines übereilten Freundes, über de&#x017F;&#x017F;en Son¬<lb/>
nenpferde nur eine Amazone und Titanide, aber<lb/>
nicht ein gutes Landmädchen den Zügel wer¬<lb/>
fen konnte und de&#x017F;&#x017F;en P&#x017F;yches- und Donnerwa¬<lb/>
gen ihm zu gut &#x017F;chien zu einem bloßen eheli¬<lb/>
chen Po&#x017F;t- oder Kinderwagen. Erwürgend wird<lb/>
&#x017F;ich Alles durcheinander&#x017F;chlingen, dacht' er, wenn<lb/>
er am Traualtar mit Rabetten kniend zufällig<lb/>
auf&#x017F;ieht und unter den Zu&#x017F;chauerinnen die un¬<lb/>
vergeßliche hohe Braut &#x017F;einer ganzen Jugend<lb/>
findet und laut das ent&#x017F;agende Ja aus&#x017F;tam¬<lb/>
meln muß!<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0272] dieſes fremde Irrlicht, dacht' er, in den nächt¬ lichen Kampf aller gegen einander rennenden Verhältniſſe hüpfen! Roquairol ſchien ohnehin die zu heftig liebende Rabette mit ihren einſa¬ men Wünſchen allein zu laſſen; ſie ſchickte wö¬ chentlich ihre durch einen Einſchluß an Albano — ſonſt wars umgekehrt — briefliche Seufzer und Thränen, die er alle kalt einſteckte, ohne von ihnen oder der Verlaſſenen zu ſprechen. Albano — im Stillen Lianen und Rabetten abwägend — beklagte ſelber das ungleiche Loos ſeines übereilten Freundes, über deſſen Son¬ nenpferde nur eine Amazone und Titanide, aber nicht ein gutes Landmädchen den Zügel wer¬ fen konnte und deſſen Pſyches- und Donnerwa¬ gen ihm zu gut ſchien zu einem bloßen eheli¬ chen Poſt- oder Kinderwagen. Erwürgend wird ſich Alles durcheinanderſchlingen, dacht' er, wenn er am Traualtar mit Rabetten kniend zufällig aufſieht und unter den Zuſchauerinnen die un¬ vergeßliche hohe Braut ſeiner ganzen Jugend findet und laut das entſagende Ja ausſtam¬ meln muß!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/272
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/272>, abgerufen am 24.11.2024.