Er war daher zweifelhaft, ob er ihm den Inhalt des Briefs entdecken dürfe, aber doch nicht lange; "soll ich dem Freund (sagt' er,) ver¬ "hehlen und vorgaukeln? Darf ich ihn als "schwach voraussetzen und die Beschleunigung "der Verhältnisse scheuen, die doch mit Ihr "kommen?" --
Sobald Karl zu ihm kam, sagt' er ihm zu¬ erst die Abreise und sogar die Bitte um dessen Mitreise; bewegt von der ersten Trennung sei¬ nes Jugendfreundes. Der Hauptmann -- des¬ sen Herz immer den Sangboden der Phantasie zum Anklang brauchte -- war auf der Stelle nicht vermögend, beträchtliche Empfindungen über den Abschied zu haben und zu mahlen. Da gab ihm Albano -- über die Lippe konnt' ers nicht bringen -- den ganzen Brief.
Unter dem Lesen wurde Roquairols gan¬ zes Gesicht häßlich, sogar in des Freundes Au¬ ge. -- Er schleuderte dann ein so flammendes Zornauge gegen Albano, daß dieser es erwi¬ derte unwillkührlich und unwissend. "O, wahrlich, ich versteh' Alles (sagte Karl). So mußt' es sich lösen. Warte nur bis Morgen!" Alle Mus¬
Er war daher zweifelhaft, ob er ihm den Inhalt des Briefs entdecken dürfe, aber doch nicht lange; „ſoll ich dem Freund (ſagt' er,) ver¬ „hehlen und vorgaukeln? Darf ich ihn als „ſchwach vorausſetzen und die Beſchleunigung „der Verhältniſſe ſcheuen, die doch mit Ihr „kommen?“ —
Sobald Karl zu ihm kam, ſagt' er ihm zu¬ erſt die Abreiſe und ſogar die Bitte um deſſen Mitreiſe; bewegt von der erſten Trennung ſei¬ nes Jugendfreundes. Der Hauptmann — des¬ ſen Herz immer den Sangboden der Phantaſie zum Anklang brauchte — war auf der Stelle nicht vermögend, beträchtliche Empfindungen über den Abſchied zu haben und zu mahlen. Da gab ihm Albano — über die Lippe konnt' ers nicht bringen — den ganzen Brief.
Unter dem Leſen wurde Roquairols gan¬ zes Geſicht häßlich, ſogar in des Freundes Au¬ ge. — Er ſchleuderte dann ein ſo flammendes Zornauge gegen Albano, daß dieſer es erwi¬ derte unwillkührlich und unwiſſend. „O, wahrlich, ich verſteh' Alles (ſagte Karl). So mußt' es ſich löſen. Warte nur bis Morgen!“ Alle Mus¬
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Er war daher zweifelhaft, ob er ihm den
Inhalt des Briefs entdecken dürfe, aber doch
nicht lange; „ſoll ich dem Freund (ſagt' er,) ver¬
„hehlen und vorgaukeln? Darf ich ihn als
„ſchwach vorausſetzen und die Beſchleunigung
„der Verhältniſſe ſcheuen, die doch mit Ihr
„kommen?“ —
Sobald Karl zu ihm kam, ſagt' er ihm zu¬
erſt die Abreiſe und ſogar die Bitte um deſſen
Mitreiſe; bewegt von der erſten Trennung ſei¬
nes Jugendfreundes. Der Hauptmann — des¬
ſen Herz immer den Sangboden der Phantaſie
zum Anklang brauchte — war auf der Stelle
nicht vermögend, beträchtliche Empfindungen
über den Abſchied zu haben und zu mahlen.
Da gab ihm Albano — über die Lippe konnt'
ers nicht bringen — den ganzen Brief.
Unter dem Leſen wurde Roquairols gan¬
zes Geſicht häßlich, ſogar in des Freundes Au¬
ge. — Er ſchleuderte dann ein ſo flammendes
Zornauge gegen Albano, daß dieſer es erwi¬
derte unwillkührlich und unwiſſend. „O, wahrlich,
ich verſteh' Alles (ſagte Karl). So mußt' es ſich
löſen. Warte nur bis Morgen!“ Alle Mus¬
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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/273>, abgerufen am 15.06.2024.
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