Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Choral nicht ohne Vergnügen und das betende
Aufschlagen ihrer zerstörten Augen schien ihm
eine recht mahlerische Idee, die der true Pain¬
ter
*) dem Elfenbein-Stück einzuverleiben be¬
schloß, wenns gehen würde.

"Schöne Göttin!" rief er plötzlich mit Al¬
bano's gestohlner Stimme unter jene heiligen
Töne, die einmal Albano in einer frohern Stun¬
de, aber edler unterbrochen hatte. Sie horchte
erschrocken auf, aber ungläubig an ihr Ohr in
dieser Nacht. Das Staunen mißfiel dem Pro¬
spektmahler -- denn ihr Gesicht war sein Pro¬
spekt-- ganz und gar nicht; "erinnere Dich an
diese Harmonika im Donnerhäuschen." Er ver¬
wechselte es mit dem Wasserhäuschen. -- "Sie
hier, Graf? -- Justa! wo bist Du?" rief sie
ängstlich. -- "Justa, kommen Sie her!" rief
er dazu nach. Das Mädchen folgte seiner Stim¬
me und seinem -- Auge. "Gnädiges Fräulein?"
fragte sie. Aber jetzt hatte Liane nicht den

*) Die helle Kammer.

Choral nicht ohne Vergnügen und das betende
Aufſchlagen ihrer zerſtörten Augen ſchien ihm
eine recht mahleriſche Idee, die der true Pain¬
ter
*) dem Elfenbein-Stück einzuverleiben be¬
ſchloß, wenns gehen würde.

„Schöne Göttin!“ rief er plötzlich mit Al¬
bano's geſtohlner Stimme unter jene heiligen
Töne, die einmal Albano in einer frohern Stun¬
de, aber edler unterbrochen hatte. Sie horchte
erſchrocken auf, aber ungläubig an ihr Ohr in
dieſer Nacht. Das Staunen mißfiel dem Pro¬
ſpektmahler — denn ihr Geſicht war ſein Pro¬
ſpekt— ganz und gar nicht; „erinnere Dich an
dieſe Harmonika im Donnerhäuschen.“ Er ver¬
wechſelte es mit dem Waſſerhäuschen. — „Sie
hier, Graf? — Juſta! wo biſt Du?“ rief ſie
ängſtlich. — „Juſta, kommen Sie her!“ rief
er dazu nach. Das Mädchen folgte ſeiner Stim¬
me und ſeinem — Auge. „Gnädiges Fräulein?“
fragte ſie. Aber jetzt hatte Liane nicht den

*) Die helle Kammer.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0256" n="244"/>
Choral nicht ohne Vergnügen und das betende<lb/>
Auf&#x017F;chlagen ihrer zer&#x017F;törten Augen &#x017F;chien ihm<lb/>
eine recht mahleri&#x017F;che Idee, die der <hi rendition="#aq">true Pain¬<lb/>
ter</hi> <note place="foot" n="*)">Die helle Kammer.<lb/></note> dem Elfenbein-Stück einzuverleiben be¬<lb/>
&#x017F;chloß, wenns gehen würde.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Schöne Göttin!&#x201C; rief er plötzlich mit Al¬<lb/>
bano's ge&#x017F;tohlner Stimme unter jene heiligen<lb/>
Töne, die einmal Albano in einer frohern Stun¬<lb/>
de, aber edler unterbrochen hatte. Sie horchte<lb/>
er&#x017F;chrocken auf, aber ungläubig an ihr Ohr in<lb/>
die&#x017F;er Nacht. Das Staunen mißfiel dem Pro¬<lb/>
&#x017F;pektmahler &#x2014; denn ihr Ge&#x017F;icht war &#x017F;ein Pro¬<lb/>
&#x017F;pekt&#x2014; ganz und gar nicht; &#x201E;erinnere Dich an<lb/>
die&#x017F;e Harmonika im Donnerhäuschen.&#x201C; Er ver¬<lb/>
wech&#x017F;elte es mit dem Wa&#x017F;&#x017F;erhäuschen. &#x2014; &#x201E;Sie<lb/>
hier, Graf? &#x2014; Ju&#x017F;ta! wo bi&#x017F;t Du?&#x201C; rief &#x017F;ie<lb/>
äng&#x017F;tlich. &#x2014; &#x201E;Ju&#x017F;ta, kommen Sie her!&#x201C; rief<lb/>
er dazu nach. Das Mädchen folgte &#x017F;einer Stim¬<lb/>
me und &#x017F;einem &#x2014; Auge. &#x201E;Gnädiges Fräulein?&#x201C;<lb/>
fragte &#x017F;ie. Aber jetzt hatte Liane nicht den<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0256] Choral nicht ohne Vergnügen und das betende Aufſchlagen ihrer zerſtörten Augen ſchien ihm eine recht mahleriſche Idee, die der true Pain¬ ter *) dem Elfenbein-Stück einzuverleiben be¬ ſchloß, wenns gehen würde. „Schöne Göttin!“ rief er plötzlich mit Al¬ bano's geſtohlner Stimme unter jene heiligen Töne, die einmal Albano in einer frohern Stun¬ de, aber edler unterbrochen hatte. Sie horchte erſchrocken auf, aber ungläubig an ihr Ohr in dieſer Nacht. Das Staunen mißfiel dem Pro¬ ſpektmahler — denn ihr Geſicht war ſein Pro¬ ſpekt— ganz und gar nicht; „erinnere Dich an dieſe Harmonika im Donnerhäuschen.“ Er ver¬ wechſelte es mit dem Waſſerhäuschen. — „Sie hier, Graf? — Juſta! wo biſt Du?“ rief ſie ängſtlich. — „Juſta, kommen Sie her!“ rief er dazu nach. Das Mädchen folgte ſeiner Stim¬ me und ſeinem — Auge. „Gnädiges Fräulein?“ fragte ſie. Aber jetzt hatte Liane nicht den *) Die helle Kammer.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/256
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/256>, abgerufen am 24.11.2024.