Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.das Wort des Greisen, daß die Liebe Gott Jetzt rollten ihm schon die großen Wogen Vor der kleinen Hütte der gestrigen Träu¬ das Wort des Greiſen, daß die Liebe Gott Jetzt rollten ihm ſchon die großen Wogen Vor der kleinen Hütte der geſtrigen Träu¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0195" n="187"/> das Wort des Greiſen, daß die Liebe Gott<lb/> meine und er im Herzen wohne, das wir ehren.</p><lb/> <p>Jetzt rollten ihm ſchon die großen Wogen<lb/> entgegen, welche die Äolsharfe im Donnerhäus¬<lb/> chen ſchlug; und ſein Genius flog vor ihm<lb/> vorbei mit den Worten: ſag' ihr darin dein<lb/> ganzes Herz.</p><lb/> <p>Vor der kleinen Hütte der geſtrigen Träu¬<lb/> me gieng ſein ſtürmendes Herz auseinander;<lb/> und Sonne und die Erde ſchwankten vor den<lb/> wilden Thränen. Da er hineintrat mit ihr in<lb/> den füllenden Roſenglanz der Abendſonne<lb/> und in das Geiſtergetümmel der einſam mit¬<lb/> einander redenden Töne: ſo faßte er Lianens<lb/> Hände und drückte ſie wild an ſeine Bruſt<lb/> und ſank vor ihr ohne Laut und geblendet<lb/> nieder — Flammen und Thränen flogen über<lb/> Augen und Wangen — der Wirbelwind der<lb/> Töne wehte in ſeine lodernde Seele — der milde<lb/> Engel der Unſchuld bückte ſich weinend und<lb/> bebend gegen den brennenden Sonnengott —<lb/> und es ſchlängelte ſich ein Schmerz wie eine<lb/> bleiche Schlange durch die Roſen des milden<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [187/0195]
das Wort des Greiſen, daß die Liebe Gott
meine und er im Herzen wohne, das wir ehren.
Jetzt rollten ihm ſchon die großen Wogen
entgegen, welche die Äolsharfe im Donnerhäus¬
chen ſchlug; und ſein Genius flog vor ihm
vorbei mit den Worten: ſag' ihr darin dein
ganzes Herz.
Vor der kleinen Hütte der geſtrigen Träu¬
me gieng ſein ſtürmendes Herz auseinander;
und Sonne und die Erde ſchwankten vor den
wilden Thränen. Da er hineintrat mit ihr in
den füllenden Roſenglanz der Abendſonne
und in das Geiſtergetümmel der einſam mit¬
einander redenden Töne: ſo faßte er Lianens
Hände und drückte ſie wild an ſeine Bruſt
und ſank vor ihr ohne Laut und geblendet
nieder — Flammen und Thränen flogen über
Augen und Wangen — der Wirbelwind der
Töne wehte in ſeine lodernde Seele — der milde
Engel der Unſchuld bückte ſich weinend und
bebend gegen den brennenden Sonnengott —
und es ſchlängelte ſich ein Schmerz wie eine
bleiche Schlange durch die Roſen des milden
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/195>, abgerufen am 17.07.2024. |