Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

für schwer hielt; und ich halte ihn für einen
Narren.

Drei Bergbohrer setzte er gewöhnlich an einem
Mädchenherzen an, um eine Lücke darein zu brin¬
gen, in die er das Schießpulver legte, womit er
die vererzte Liebesader aus dem Mädchen hervor¬
sprengen wollte. Seine erste Miniergrube, die er
heute wie allemal im weiblichen Herzen lud, war
bei Beaten, daß er mit ihr lange von ihrem An¬
zug sprach -- es ist ihnen, behauptete er, einerlei
ob man von ihren Gliedern oder ihren Kleidern re¬
det; aber ich behaupte, die Häßliche trägt ihren
Anzug für ihre Frucht, die Kokette für die blos¬
se Gartenleiter oder den Obstbrecher und die
Gute für das Laub der Frucht. Beata trug ihn
wie Eva als Laubwerk.

Zweitens stellte er um Beaten die Wand- und
Garnwände der Metaphern, um sie darin zu jagen
-- er behauptete, wie die Mädchen das singen
was sie nie sagen würden (gleich denen die zu
stammeln aufhören wenn sie zu singen anfangen)
so lassen sie in Bildern und Allegorien alle die Ge¬
ständnisse ihres Innern aus sich winden, die man
ihnen mit eigentlichen Worten nie abföchte, ob es

fuͤr ſchwer hielt; und ich halte ihn fuͤr einen
Narren.

Drei Bergbohrer ſetzte er gewoͤhnlich an einem
Maͤdchenherzen an, um eine Luͤcke darein zu brin¬
gen, in die er das Schießpulver legte, womit er
die vererzte Liebesader aus dem Maͤdchen hervor¬
ſprengen wollte. Seine erſte Miniergrube, die er
heute wie allemal im weiblichen Herzen lud, war
bei Beaten, daß er mit ihr lange von ihrem An¬
zug ſprach — es iſt ihnen, behauptete er, einerlei
ob man von ihren Gliedern oder ihren Kleidern re¬
det; aber ich behaupte, die Haͤßliche traͤgt ihren
Anzug fuͤr ihre Frucht, die Kokette fuͤr die bloſ¬
ſe Gartenleiter oder den Obſtbrecher und die
Gute fuͤr das Laub der Frucht. Beata trug ihn
wie Eva als Laubwerk.

Zweitens ſtellte er um Beaten die Wand- und
Garnwaͤnde der Metaphern, um ſie darin zu jagen
— er behauptete, wie die Maͤdchen das ſingen
was ſie nie ſagen wuͤrden (gleich denen die zu
ſtammeln aufhoͤren wenn ſie zu ſingen anfangen)
ſo laſſen ſie in Bildern und Allegorien alle die Ge¬
ſtaͤndniſſe ihres Innern aus ſich winden, die man
ihnen mit eigentlichen Worten nie abfoͤchte, ob es

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0081" n="71"/>
fu&#x0364;r &#x017F;chwer hielt; und ich halte ihn fu&#x0364;r einen<lb/>
Narren.</p><lb/>
          <p>Drei Bergbohrer &#x017F;etzte er gewo&#x0364;hnlich an einem<lb/>
Ma&#x0364;dchenherzen an, um eine Lu&#x0364;cke darein zu brin¬<lb/>
gen, in die er das Schießpulver legte, womit er<lb/>
die vererzte Liebesader aus dem Ma&#x0364;dchen hervor¬<lb/>
&#x017F;prengen wollte. Seine er&#x017F;te Miniergrube, die er<lb/>
heute wie allemal im weiblichen Herzen lud, war<lb/>
bei Beaten, daß er mit ihr lange von ihrem An¬<lb/>
zug <choice><sic>&#x017F;prag</sic><corr>&#x017F;prach</corr></choice> &#x2014; es i&#x017F;t ihnen, behauptete er, einerlei<lb/>
ob man von ihren Gliedern oder ihren Kleidern re¬<lb/>
det; aber ich behaupte, die Ha&#x0364;ßliche tra&#x0364;gt ihren<lb/>
Anzug fu&#x0364;r ihre <hi rendition="#g">Frucht</hi>, die Kokette fu&#x0364;r die blo&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;e <hi rendition="#g">Gartenleiter</hi> oder <choice><sic>der</sic><corr>den</corr></choice> <hi rendition="#g">Ob&#x017F;tbrecher</hi> und die<lb/>
Gute fu&#x0364;r das <hi rendition="#g">Laub</hi> der Frucht. Beata trug ihn<lb/>
wie Eva als Laubwerk.</p><lb/>
          <p>Zweitens &#x017F;tellte er um Beaten die Wand- und<lb/>
Garnwa&#x0364;nde der Metaphern, um &#x017F;ie darin zu jagen<lb/>
&#x2014; er behauptete, wie die Ma&#x0364;dchen das <hi rendition="#g">&#x017F;ingen</hi><lb/>
was &#x017F;ie nie &#x017F;agen wu&#x0364;rden (gleich denen die zu<lb/>
&#x017F;tammeln aufho&#x0364;ren wenn &#x017F;ie zu &#x017F;ingen anfangen)<lb/>
&#x017F;o la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie in Bildern und Allegorien alle die Ge¬<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e ihres Innern aus &#x017F;ich winden, die man<lb/>
ihnen mit eigentlichen Worten nie abfo&#x0364;chte, ob es<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0081] fuͤr ſchwer hielt; und ich halte ihn fuͤr einen Narren. Drei Bergbohrer ſetzte er gewoͤhnlich an einem Maͤdchenherzen an, um eine Luͤcke darein zu brin¬ gen, in die er das Schießpulver legte, womit er die vererzte Liebesader aus dem Maͤdchen hervor¬ ſprengen wollte. Seine erſte Miniergrube, die er heute wie allemal im weiblichen Herzen lud, war bei Beaten, daß er mit ihr lange von ihrem An¬ zug ſprach — es iſt ihnen, behauptete er, einerlei ob man von ihren Gliedern oder ihren Kleidern re¬ det; aber ich behaupte, die Haͤßliche traͤgt ihren Anzug fuͤr ihre Frucht, die Kokette fuͤr die bloſ¬ ſe Gartenleiter oder den Obſtbrecher und die Gute fuͤr das Laub der Frucht. Beata trug ihn wie Eva als Laubwerk. Zweitens ſtellte er um Beaten die Wand- und Garnwaͤnde der Metaphern, um ſie darin zu jagen — er behauptete, wie die Maͤdchen das ſingen was ſie nie ſagen wuͤrden (gleich denen die zu ſtammeln aufhoͤren wenn ſie zu ſingen anfangen) ſo laſſen ſie in Bildern und Allegorien alle die Ge¬ ſtaͤndniſſe ihres Innern aus ſich winden, die man ihnen mit eigentlichen Worten nie abfoͤchte, ob es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/81
Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/81>, abgerufen am 08.05.2024.