Affaire zum Vorschein kamen; jetzt hätt' er die Ge¬ legenheit, aber keine Mittel gehabt, wenn nicht der Park mit dem Abend-Ornat sich vor das Fenster ge¬ lagert hätte. Naturschönheit war die einzige Sache, worüber er mit andern Schönheiten glücklich spre¬ chen konnte. Seinen Eintritt aus der Erde herauf ins hohe Weltgebäude, beschrieb er. Auf jedes Wort, daß sie oder er sagte, war eine Seele geprägt, die sie einander zugetrauet hatten. Plötzlich schwieg er mit weiten glänzenden Augen -- ihm war als gieng in seiner Seele ein Zauber-Mond auf und schiene über ein weites dämmerndes Land und ein Engel sei¬ ner Kindheit ständ' im Blütenlande und nähm' ihn in seine Arme und drückt' ihn so an sich, daß Gustavs Herz an ihm zerflösse . . . . und worauf ruhte dieses psychologische Landschaftsstück? -- Worauf das be¬ rühmte Straßburger Uhrwerk ruht -- auf einem Thierhals: dieses liegt nämlich auf einem Pegasus- Nacken; seines trugen die Hälse des zufällig vor dem Schlosse heimgehenden Weideviehs, an denen solche Glocken hiengen, die denen der Heerde Reginens ähnlich klangen und die mithin die ganze Jugendsce¬ ne mit ihren Tönen wieder in seine Seele setzten . . . . In einer solchen Stimmung hätt' er in einer Natio¬
Affaire zum Vorſchein kamen; jetzt haͤtt' er die Ge¬ legenheit, aber keine Mittel gehabt, wenn nicht der Park mit dem Abend-Ornat ſich vor das Fenſter ge¬ lagert haͤtte. Naturſchoͤnheit war die einzige Sache, woruͤber er mit andern Schoͤnheiten gluͤcklich ſpre¬ chen konnte. Seinen Eintritt aus der Erde herauf ins hohe Weltgebaͤude, beſchrieb er. Auf jedes Wort, daß ſie oder er ſagte, war eine Seele gepraͤgt, die ſie einander zugetrauet hatten. Ploͤtzlich ſchwieg er mit weiten glaͤnzenden Augen — ihm war als gieng in ſeiner Seele ein Zauber-Mond auf und ſchiene uͤber ein weites daͤmmerndes Land und ein Engel ſei¬ ner Kindheit ſtaͤnd' im Bluͤtenlande und naͤhm' ihn in ſeine Arme und druͤckt' ihn ſo an ſich, daß Guſtavs Herz an ihm zerfloͤſſe . . . . und worauf ruhte dieſes pſychologiſche Landſchaftsſtuͤck? — Worauf das be¬ ruͤhmte Straßburger Uhrwerk ruht — auf einem Thierhals: dieſes liegt naͤmlich auf einem Pegaſus- Nacken; ſeines trugen die Haͤlſe des zufaͤllig vor dem Schloſſe heimgehenden Weideviehs, an denen ſolche Glocken hiengen, die denen der Heerde Reginens aͤhnlich klangen und die mithin die ganze Jugendſce¬ ne mit ihren Toͤnen wieder in ſeine Seele ſetzten . . . . In einer ſolchen Stimmung haͤtt' er in einer Natio¬
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Affaire zum Vorſchein kamen; jetzt haͤtt' er die Ge¬
legenheit, aber keine Mittel gehabt, wenn nicht der
Park mit dem Abend-Ornat ſich vor das Fenſter ge¬
lagert haͤtte. Naturſchoͤnheit war die einzige Sache,
woruͤber er mit andern Schoͤnheiten gluͤcklich ſpre¬
chen konnte. Seinen Eintritt aus der Erde herauf
ins hohe Weltgebaͤude, beſchrieb er. Auf jedes
Wort, daß ſie oder er ſagte, war eine Seele gepraͤgt,
die ſie einander zugetrauet hatten. Ploͤtzlich ſchwieg
er mit weiten glaͤnzenden Augen — ihm war als gieng
in ſeiner Seele ein Zauber-Mond auf und ſchiene
uͤber ein weites daͤmmerndes Land und ein Engel ſei¬
ner Kindheit ſtaͤnd' im Bluͤtenlande und naͤhm' ihn
in ſeine Arme und druͤckt' ihn ſo an ſich, daß Guſtavs
Herz an ihm zerfloͤſſe . . . . und worauf ruhte dieſes
pſychologiſche Landſchaftsſtuͤck? — Worauf das be¬
ruͤhmte Straßburger Uhrwerk ruht — auf einem
Thierhals: dieſes liegt naͤmlich auf einem Pegaſus-
Nacken; ſeines trugen die Haͤlſe des zufaͤllig vor dem
Schloſſe heimgehenden Weideviehs, an denen ſolche
Glocken hiengen, die denen der Heerde Reginens
aͤhnlich klangen und die mithin die ganze Jugendſce¬
ne mit ihren Toͤnen wieder in ſeine Seele ſetzten . . . .
In einer ſolchen Stimmung haͤtt' er in einer Natio¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/72>, abgerufen am 08.05.2024.
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