nalversammlung geredet; auch machte der Tu¬ mult, der beide einfaßte, sie einsamer und vertrauli¬ cher: kurz er erzählte ihr mit Feuer und historischen Ellypsen seine Schäferei mit Einem Lamm auf dem Berg. -- Dieses Schwärmen steckte Beaten (wie alle Weiber) so sehr an, daß sie anfieng -- zu schwei¬ gen.
Die Noth zwang sie, jetzt einen äussern Gegen¬ stand (wie ein Schwerdt im fürstlichen Bett als Se¬ kante) zwischen ihre zusammenfliessenden Seelen zu bringen -- sie sahen auf die zwei Gärtners-Kinder unten hinunter und das so begierig, daß sie nichts sahen. Der Junge sagte: "mich hat das Fräulein "(Beata) so lieb" und streckte beide Arme aus ein¬ ander -- das Mädchen sagte: "mich hat der Herr "(Gustav) so groß lieb wie das Schloß" -- "und mich, replicirte er, so groß wie den Garten" -- "und mich, excipirte das Mädchen, so groß wie die "ganze Welt." Darüber konnten die Flügel des Jun¬ gen nicht hinaus und hätten seine Schwanzfedern über den Katheder-Horst hinausgestochen. Jedes zählte dem andern die Liebespfänder, die es von den oben über gegenseitiges Lob erfreueten Zuhörern er¬ halten hatte, und sagte bei jedem Stück; "hast du das g'kriegt?" --
nalverſammlung geredet; auch machte der Tu¬ mult, der beide einfaßte, ſie einſamer und vertrauli¬ cher: kurz er erzaͤhlte ihr mit Feuer und hiſtoriſchen Ellypſen ſeine Schaͤferei mit Einem Lamm auf dem Berg. — Dieſes Schwaͤrmen ſteckte Beaten (wie alle Weiber) ſo ſehr an, daß ſie anfieng — zu ſchwei¬ gen.
Die Noth zwang ſie, jetzt einen aͤuſſern Gegen¬ ſtand (wie ein Schwerdt im fuͤrſtlichen Bett als Se¬ kante) zwiſchen ihre zuſammenflieſſenden Seelen zu bringen — ſie ſahen auf die zwei Gaͤrtners-Kinder unten hinunter und das ſo begierig, daß ſie nichts ſahen. Der Junge ſagte: „mich hat das Fraͤulein „(Beata) ſo lieb“ und ſtreckte beide Arme aus ein¬ ander — das Maͤdchen ſagte: „mich hat der Herr „(Guſtav) ſo groß lieb wie das Schloß“ — „und mich, replicirte er, ſo groß wie den Garten“ — „und mich, excipirte das Maͤdchen, ſo groß wie die „ganze Welt.“ Daruͤber konnten die Fluͤgel des Jun¬ gen nicht hinaus und haͤtten ſeine Schwanzfedern uͤber den Katheder-Horſt hinausgeſtochen. Jedes zaͤhlte dem andern die Liebespfaͤnder, die es von den oben uͤber gegenſeitiges Lob erfreueten Zuhoͤrern er¬ halten hatte, und ſagte bei jedem Stuͤck; „haſt du das g'kriegt?“ —
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0073"n="63"/>
nalverſammlung <hirendition="#g">geredet</hi>; auch machte der Tu¬<lb/>
mult, der beide einfaßte, ſie einſamer und vertrauli¬<lb/>
cher: kurz er erzaͤhlte ihr mit Feuer und hiſtoriſchen<lb/>
Ellypſen ſeine Schaͤferei mit Einem Lamm auf dem<lb/>
Berg. — Dieſes Schwaͤrmen ſteckte Beaten (wie alle<lb/>
Weiber) ſo ſehr an, daß ſie anfieng — zu <hirendition="#g">ſchwei¬<lb/>
gen</hi>.</p><lb/><p>Die Noth zwang ſie, jetzt einen aͤuſſern Gegen¬<lb/>ſtand (wie ein Schwerdt im fuͤrſtlichen Bett als Se¬<lb/>
kante) zwiſchen ihre zuſammenflieſſenden Seelen zu<lb/>
bringen —ſie ſahen auf die zwei Gaͤrtners-Kinder<lb/>
unten hinunter und das ſo begierig, daß ſie nichts<lb/>ſahen. Der Junge ſagte: „mich hat das Fraͤulein<lb/>„(Beata) <hirendition="#g">ſo</hi> lieb“ und ſtreckte beide Arme aus ein¬<lb/>
ander — das Maͤdchen ſagte: „mich hat der Herr<lb/>„(Guſtav) <hirendition="#g">ſo</hi> groß lieb wie das Schloß“—„und<lb/>
mich, replicirte er, ſo groß wie den Garten“—<lb/>„und mich, excipirte das Maͤdchen, ſo groß wie die<lb/>„ganze Welt.“ Daruͤber konnten die Fluͤgel des Jun¬<lb/>
gen nicht hinaus und haͤtten ſeine Schwanzfedern<lb/>
uͤber den Katheder-Horſt hinausgeſtochen. Jedes<lb/>
zaͤhlte dem andern die Liebespfaͤnder, die es von den<lb/>
oben uͤber gegenſeitiges Lob erfreueten Zuhoͤrern er¬<lb/>
halten hatte, und ſagte bei jedem Stuͤck; „haſt<lb/>
du das g'kriegt?“—</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[63/0073]
nalverſammlung geredet; auch machte der Tu¬
mult, der beide einfaßte, ſie einſamer und vertrauli¬
cher: kurz er erzaͤhlte ihr mit Feuer und hiſtoriſchen
Ellypſen ſeine Schaͤferei mit Einem Lamm auf dem
Berg. — Dieſes Schwaͤrmen ſteckte Beaten (wie alle
Weiber) ſo ſehr an, daß ſie anfieng — zu ſchwei¬
gen.
Die Noth zwang ſie, jetzt einen aͤuſſern Gegen¬
ſtand (wie ein Schwerdt im fuͤrſtlichen Bett als Se¬
kante) zwiſchen ihre zuſammenflieſſenden Seelen zu
bringen — ſie ſahen auf die zwei Gaͤrtners-Kinder
unten hinunter und das ſo begierig, daß ſie nichts
ſahen. Der Junge ſagte: „mich hat das Fraͤulein
„(Beata) ſo lieb“ und ſtreckte beide Arme aus ein¬
ander — das Maͤdchen ſagte: „mich hat der Herr
„(Guſtav) ſo groß lieb wie das Schloß“ — „und
mich, replicirte er, ſo groß wie den Garten“ —
„und mich, excipirte das Maͤdchen, ſo groß wie die
„ganze Welt.“ Daruͤber konnten die Fluͤgel des Jun¬
gen nicht hinaus und haͤtten ſeine Schwanzfedern
uͤber den Katheder-Horſt hinausgeſtochen. Jedes
zaͤhlte dem andern die Liebespfaͤnder, die es von den
oben uͤber gegenſeitiges Lob erfreueten Zuhoͤrern er¬
halten hatte, und ſagte bei jedem Stuͤck; „haſt
du das g'kriegt?“ —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/73>, abgerufen am 08.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.