schichte keuchend mit der Feder nachzueggen, lieber hart hinter der Gegenwart halten und sie ans Sil¬ houettenbrett andrücken und so gleich abreißen. Ich würde (fuhr Fenk fort) dem Leser rathen, bloß den D. Fenk anzupacken, der allein schuld wäre, daß ich vom ganzen Winter nur folgenden schlechten Extrakt gäbe:
Der gute Gustav verschmerzte den Winter in Hoppedizels Hause bei seinen Eltern; mattete sei¬ nen Kopf ab, um sein Herz abzumatten und ein anderes zu vergessen; bereuete seinen Fehler, aber auch seinen voreiligen Abschiedsbrief; setzte sei¬ ne Wunden dem philosophischen Nordwind des Pro¬ fessors aus, der auf einem zarten Instrument wie Gustav ist, wie auf einem Pedal mit den Füßen or¬ gelt; und zehrte durch Einsperren, Denken und Sehnen seine Lebensblüthen ab, die kaum der Früh¬ ling wieder nachtreiben oder mahlen kann,
Beata würde zu Hause -- denn ihr weibliches Auge fand wahrscheinlich die Parze ihrer Freuden leicht heraus, von der sie sich unter dem ihr verdank¬ ten Vorwand der Kränklichkeit ohne Mühe geschieden hatte -- noch mehr sich entblättert und umgebogen haben, wäre mein romantischer Kollege Oefel nicht gewesen: der ärgerte sie hinlänglich und mischte ih¬
ſchichte keuchend mit der Feder nachzueggen, lieber hart hinter der Gegenwart halten und ſie ans Sil¬ houettenbrett andruͤcken und ſo gleich abreißen. Ich wuͤrde (fuhr Fenk fort) dem Leſer rathen, bloß den D. Fenk anzupacken, der allein ſchuld waͤre, daß ich vom ganzen Winter nur folgenden ſchlechten Extrakt gaͤbe:
Der gute Guſtav verſchmerzte den Winter in Hoppedizels Hauſe bei ſeinen Eltern; mattete ſei¬ nen Kopf ab, um ſein Herz abzumatten und ein anderes zu vergeſſen; bereuete ſeinen Fehler, aber auch ſeinen voreiligen Abſchiedsbrief; ſetzte ſei¬ ne Wunden dem philoſophiſchen Nordwind des Pro¬ feſſors aus, der auf einem zarten Inſtrument wie Guſtav iſt, wie auf einem Pedal mit den Fuͤßen or¬ gelt; und zehrte durch Einſperren, Denken und Sehnen ſeine Lebensbluͤthen ab, die kaum der Fruͤh¬ ling wieder nachtreiben oder mahlen kann,
Beata wuͤrde zu Hauſe — denn ihr weibliches Auge fand wahrſcheinlich die Parze ihrer Freuden leicht heraus, von der ſie ſich unter dem ihr verdank¬ ten Vorwand der Kraͤnklichkeit ohne Muͤhe geſchieden hatte — noch mehr ſich entblaͤttert und umgebogen haben, waͤre mein romantiſcher Kollege Oefel nicht geweſen: der aͤrgerte ſie hinlaͤnglich und miſchte ih¬
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ſchichte keuchend mit der Feder nachzueggen, lieber
hart hinter der Gegenwart halten und ſie ans Sil¬
houettenbrett andruͤcken und ſo gleich abreißen. Ich
wuͤrde (fuhr Fenk fort) dem Leſer rathen, bloß den
D. Fenk anzupacken, der allein ſchuld waͤre, daß ich vom
ganzen Winter nur folgenden ſchlechten Extrakt gaͤbe:
Der gute Guſtav verſchmerzte den Winter in
Hoppedizels Hauſe bei ſeinen Eltern; mattete ſei¬
nen Kopf ab, um ſein Herz abzumatten und ein
anderes zu vergeſſen; bereuete ſeinen Fehler, aber
auch ſeinen voreiligen Abſchiedsbrief; ſetzte ſei¬
ne Wunden dem philoſophiſchen Nordwind des Pro¬
feſſors aus, der auf einem zarten Inſtrument wie
Guſtav iſt, wie auf einem Pedal mit den Fuͤßen or¬
gelt; und zehrte durch Einſperren, Denken und
Sehnen ſeine Lebensbluͤthen ab, die kaum der Fruͤh¬
ling wieder nachtreiben oder mahlen kann,
Beata wuͤrde zu Hauſe — denn ihr weibliches
Auge fand wahrſcheinlich die Parze ihrer Freuden
leicht heraus, von der ſie ſich unter dem ihr verdank¬
ten Vorwand der Kraͤnklichkeit ohne Muͤhe geſchieden
hatte — noch mehr ſich entblaͤttert und umgebogen
haben, waͤre mein romantiſcher Kollege Oefel nicht
geweſen: der aͤrgerte ſie hinlaͤnglich und miſchte ih¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/286>, abgerufen am 25.11.2024.
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