Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.malet und kamen mit ihren zwei Originalen unter Schenkt mir diese Todtengräberßene! Ihr wis¬ malet und kamen mit ihren zwei Originalen unter Schenkt mir dieſe Todtengraͤberſzene! Ihr wiſ¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0111" n="101"/> malet und kamen mit ihren zwei Originalen unter<lb/> die Erde — der kinderloſe Vater ſtuͤtzte ſich mit<lb/> Hand und Kopf an die Pyramide und hoͤrte hinter<lb/> ſeinen verhuͤllten Augen jede Erdſcholle wie den<lb/> Flug eines niederbohrenden Pfeiles — der kalte<lb/> Nachtwind kam vom Todtenberg zu Guſtav heruͤber<lb/> — Zugvoͤgel eilten wie ſchwarze Punkte uͤber ſein<lb/> Haupt davon und der Inſtinkt, nicht die <hi rendition="#g">Geo</hi>¬<lb/><hi rendition="#g">graphie</hi> fuͤhrte ſie durch <hi rendition="#g">kalte Wolken</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Naͤchte</hi> zu einer waͤrmern Sonne — der Mond<lb/> arbeitete ſich aus einem Blutmeere von Duͤnſten<lb/> ohne Stralen herauf — endlich verlieſſen die Leben¬<lb/> digen den Berg und den Todten — bloß Guſtav<lb/> blieb auf dem andern Huͤgel bei ihm, die Nacht<lb/> ruhte ſchwer hingeſtreckt um beide. . . . Genug!</p><lb/> <p>Schenkt mir dieſe Todtengraͤberſzene! Ihr wiſ¬<lb/> ſet nicht, welche herbſtliche Erinnerungen dabei<lb/> mein Blut ſo leichen-langſam machen wie meine<lb/> Feder: ach in dieſe Geſchichte ſchreib' ich ohnehin<lb/> ein Blatt, ein Trauerblatt, deſſen breiter ſchwarzer<lb/> Rand kaum den Zuͤgen und Klagen mit Thraͤnen<lb/> eine weiſſe enge Stelle laͤſſet — ich ſchenk' euch<lb/> dieſe Szene auch: denn ich weiß auch nicht, Leſer<lb/> mit dem ſchoͤnern Herzen, wen ihr ſchon verloren<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0111]
malet und kamen mit ihren zwei Originalen unter
die Erde — der kinderloſe Vater ſtuͤtzte ſich mit
Hand und Kopf an die Pyramide und hoͤrte hinter
ſeinen verhuͤllten Augen jede Erdſcholle wie den
Flug eines niederbohrenden Pfeiles — der kalte
Nachtwind kam vom Todtenberg zu Guſtav heruͤber
— Zugvoͤgel eilten wie ſchwarze Punkte uͤber ſein
Haupt davon und der Inſtinkt, nicht die Geo¬
graphie fuͤhrte ſie durch kalte Wolken und
Naͤchte zu einer waͤrmern Sonne — der Mond
arbeitete ſich aus einem Blutmeere von Duͤnſten
ohne Stralen herauf — endlich verlieſſen die Leben¬
digen den Berg und den Todten — bloß Guſtav
blieb auf dem andern Huͤgel bei ihm, die Nacht
ruhte ſchwer hingeſtreckt um beide. . . . Genug!
Schenkt mir dieſe Todtengraͤberſzene! Ihr wiſ¬
ſet nicht, welche herbſtliche Erinnerungen dabei
mein Blut ſo leichen-langſam machen wie meine
Feder: ach in dieſe Geſchichte ſchreib' ich ohnehin
ein Blatt, ein Trauerblatt, deſſen breiter ſchwarzer
Rand kaum den Zuͤgen und Klagen mit Thraͤnen
eine weiſſe enge Stelle laͤſſet — ich ſchenk' euch
dieſe Szene auch: denn ich weiß auch nicht, Leſer
mit dem ſchoͤnern Herzen, wen ihr ſchon verloren
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |